Es ist eine stattliche Reise, die die Fokker D.VII des Deutschen Museums am 19. September auf sich nehmen musste: Per Lkw-Transport ging es für den restaurierten alten Doppeldecker aus dem Ersten Weltkrieg von der Flugwerft Schleißheim ins 780 Kilometer entfernte Militärmuseum Soesterberg in den Niederlanden. Für zunächst fünf Jahre wird das filigrane Jagdflugzeug aus der Pionierzeit der Luftfahrt dort für Besucher zu sehen sein – während die Detektivarbeit zu seiner Herkunft hinter den Kulissen weiter auf Hochtouren läuft.
Denn trotz intensiver Forschungen, bei denen Historiker aus Deutschland und den Niederlanden Hand in Hand zu Werke gingen, lässt sich immer noch nicht mit Sicherheit sagen, um welche Fokker D.VII es sich denn bei dem betreffenden Flugzeug genau handelt – und ob es einst als NS-Raubgut illegal nach Deutschland kam oder ob es sich seinerzeit um ein Geschenk handelte. Der Grund: Die Kennung der Maschine ist nicht eindeutig lesbar. Von der ursprünglichen Kennungs-Bemalung ist nur der untere Teil auf alten Bildern zu erkennen – und die Bemalung lässt sich als D 28, aber auch als D 20 lesen.

Ist es die D 20 oder die D 28? Diese zentrale Frage über die Herkunft der Fokker D.VII bleibt vorerst weiter ungeklärt.
Ein Geschenk an Göring – oder Raubgut?
Damit beginnt die Geschichte endgültig spannend zu werden. Denn würde es sich bei der Maschine um die D 28 handeln, müsste man die Fokker laut Angaben des Deutschen Museums "vermutlich" dauerhaft an die Niederlande zurückgeben. "Sie war nämlich 1937 dem Königlich Niederländischen Luftfahrtverband als Exponat für ein geplantes Nationales Luftfahrtmuseum überlassen worden", heißt es aus München. "Es gibt aber auch Anzeichen dafür, dass es sich um die D 20 handelt – die war aber damals kein Museumsstück, sondern ausgemusterter Flugzeugschrott."
Die Fokker trägt ein deutsches Tarnmuster, stammt jedoch aus Beständen der niederländischen Marineflieger und war dort nach Kriegsende 1918 im Einsatz – das beweisen Lackreste unter der später angebrachten deutschen Lackierung. Darüber hinaus wurde die Fokker nach bisherigem Forschungsstand irgendwann nachträglich wieder mit einem Motor aus der Zeit des Ersten Weltkrieg ausgerüstet. "Das Flugzeug sollte wohl ein Geschenk für Hermann Göring werden", schreibt das Deutsche Museum. "Dafür sollte die Maschine wie eine deutsche D.VII aus der Zeit des Ersten Weltkriegs aussehen." Göring, später Reichsluftfahrtminister und Oberbefehlshaber der NS-Luftwaffe, war als Kampfpilot einst selbst eine Fokker D.VII geflogen. Es sei generell auch möglich, dass das Flugzeug – unabhängig davon, welche Kennung es einmal trug – den Nationalsozialisten "von den Niederländern als Geschenk überlassen wurde", um sich mit den deutschen Besatzern gut zu stellen, bringt das Deutsche Museum noch eine dritte Option aufs Tapet.
Kehrt die D.VII je wieder nach Deutschland zurück?
Die Fokker D.VII, von den Fokker-Flugzeugwerken in Schwerin zwischen Ende 1917 und Anfang 1918 entwickelt, gilt gemeinhin als bestes deutsches Jagdflugzeug ihrer Zeit. Das nun nach Soesterberg überführte Exemplar war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg von den "Monuments Men" der US-Armee in einem Schuppen in Vilsbiburg entdeckt worden. 1948 kam es zur Verwahrung ins Deutsche Museum, seit 1958 hatte der Doppeldecker einen festen Platz in der Flugtechnik-Ausstellung. Ob er nach den fünf Jahren Leihe wieder in die Obhut der Münchner zurückkehrt, hängt auch davon ab, inwieweit es tatsächlich gelingt, seine Vorgeschichte weiter auszuleuchten.
Der Generaldirektor des Deutschen Museums, Michael Decker, zeigte sich mit der jetzt gefundenen Zwischenlösung jedenfalls zufrieden: "Ich bin froh, dass sich unser Haus so intensiv um die Provenienz unserer Objekte kümmert – und zwar freiwillig. Der Fall der Fokker zeigt, wie schwierig es sein kann, potenzielle Raubgut-Fälle aufzuklären. Mit dem längerfristigen Leihvertrag haben wir eine gute Übergangslösung gefunden."