Das Rezept klingt einfach: Man nehme eine bewährte Flugzeugzelle und kombiniere sie mit einem neuen Triebwerk und moderner Avionik. Heraus kommt ein hervorragender Hochleistungsjäger für vielfältige taktische Aufgaben. Zu diesem Schluss kam jedenfalls eine Werbebroschüre des traditionsreichen US-Flugzeugbauers Northrop. Auch das eigene Management glaubte an die Vorteile der Northrop F-20 Tigershark und investierte bis 1986 rund 1,2 Milliarden Dollar in das Projekt. Die Firma finanzierte den Jet komplett aus eigenen Mitteln, obwohl der Anstoß vom US-Verteidigungsministerium gekommen war.

Herzstück war das F404-Triebwerk von General Electric, das auch in der F/A-18 Hornet zum Einsatz kam.
Jagdflugzeug für den Export
Aufgrund der allerorts steigenden finanziellen Belastungen riefen die USA das F-X-Programm (Intermediate Export Fighter Aircraft) ins Leben, um befreundete Nationen mit einem günstigen, aber leistungsfähigen Kampfflugzeug zu versorgen. Der Jäger sollte zwischen der F-5E und der F-16 angesiedelt sein. Daraufhin schlugen Northrop die F-5G und General Dynamics die vereinfachte, mit dem J79-Triebwerk ausgestattete F-16/79 vor. Das Pentagon verzichtete aber auf eine eigene Bestellung. Trotzdem wollte man die Exportbemühungen der Hersteller unterstützen. Als "Vorzugskandidaten" für eine Beschaffung identifizierte man Ägypten, Bahrain, Indonesien, Jordanien, Malaysia, Oman, die Philippinen, Saudi-Arabien, Thailand, die Türkei und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Prototyp der Northrop F-20 Tigershark im Tiefflug.
Triebwerk der Hornet liefert Schub
Bei der F-5G setzten die Ingenieure auf das in der F/A-18 Hornet bewährte F404-Triebwerk von General Electric. Die einstrahlige Auslegung erforderte im Vergleich zur normalen F-5 ein schmaleres Heck, eine Verlängerung des Rumpfs um 12,7 Zentimeter und vergrößerte Lufteinläufe. Die neue Variante bot 70 Prozent mehr Schub als die F-5E und die doppelte Beschleunigung; sie sollte Mach 2 erreichen. Eine enorme Verbesserung stellte auch die Avionik mit dem Radar AN/APG-67(V) von General Electric dar, das über mehrere Betriebsarten für Luftkampf sowie für den Angriff von Bodenzielen verfügte. Trotz der Innovationen sollten die Betriebskosten niedrig und die Zuverlässigkeit hoch sein.

Schnittzeichnung der F-20 Tigershark.
Besser als erwartet
Die US Air Force segnete den Entwurf im August 1979 ab, und nach der Freigabe des F-X-Programms seitens des US-Außenministeriums startete Northrop das Projekt im Januar 1980. Einen Monat vor dem ursprünglich geplanten Termin hob Russ Scott am 20. August 1982 auf der Edwards Air Force Base mit der F-5G (Seriennummer 82-0062) zu ihrem Jungfernflug ab. Die anschließende Flugerprobung verlief reibungslos: In knapp neun Monaten absolvierte der erste Prototyp 240 Flüge, einmal sogar sechs Einsätze pro Tag. Auch die Flugleistungen waren laut Northrop-Cheftestpilot Darrell Cornell besser als erwartet. Die Flugerprobung wurde dann mit der Vorstellung auf der Messe in Le Bourget im Juni 1983 unterbrochen. Allein in jenem Jahr flogen 43 Piloten aus 18 Ländern den Jet, der im November 1983 die USAF-Bezeichnung F-20 erhielt. Die weiteren Exemplare bekamen jedoch zivile Zulassungen.
Großer Kreis möglicher Käufer
Die zweite F-20 (Kennung N3986B) startete am 30. August 1983 auf der Edwards AFB zu ihrem Erstflug. Zu diesem Zeitpunkt betrugen die Entwicklungskosten bereits mehr als 500 Millionen Dollar, ohne dass es einen festen Auftrag gab. Northrop bezifferte das Potenzial zwar auf bis zu 2500 Flugzeuge, erwartete aber zur Fortführung des Programms Bestellungen über mindestens 300 Exemplare. Das US-Außenministerium hatte Genehmigungen für den Export in 44 Länder gegeben. Besonders bei den Betreibern der F-5-Familie (rund 30 Nationen mit 2300 Flugzeugen) hätte es eigentlich viele Möglichkeiten geben sollen.

Auch in Deutschland präsentierte Northrop die F-20 - hier auf dem zivilen Flughafen Köln/Bonn.
Absturz der Prototypen
Die dritte Northrop F-20 Tigershark flog erstmals am 12. Mai 1984. Obwohl es immer noch keine Kunden gab, begann Northrop mit dem Bau der vierten Maschine, die mit kleineren Verbesserungen (Integraltank, modifizierte Klappen) dem Serienstandard entsprechen sollte. Die Exportbemühungen litten aber unter zwei tödlichen Abstürzen. Am 10. Oktober 1984 demonstrierte Cheftestpilot Cornell die erste F-20 auf dem Fliegerhorst Suwon in Südkorea. Bei einer Rolle konnte er die Maschine nicht abfangen. Am 14. Mai 1985 übte Northrop-Testpilot David Barnes seine Vorführung für Le Bourget über dem Flugplatz von Goose Bay mit der zweiten Tigershark. Nach einem simulierten Angriffsmanöver verlor er das Bewusstsein und schlug auf dem Boden auf.
F-16 statt F-20
Der letzte Hoffnungsschimmer war das Air-Defense-Fighter-Programm der US Air Force. Im Oktober 1986 entschied sich die USAF jedoch zur Modernisierung von 270 gebrauchten F-16A. Die Streitkräfte konnten sich wohl nicht mit der komplett außerhalb ihrer Strukturen entwickelten Northrop F-20 anfreunden. Für die Tigershark interessierten sich zwar einige Länder, die aber wollten nur kaufen, wenn die USA das Muster auch beschafften. Mit der ADF-Entscheidung war das Ende der F-20 deshalb besiegelt.

Die letzte F-20 ist heute im California Science Center in Los Angeles zu sehen.
Technische Daten
Hersteller: Northrop Corporation, Hawthorne, USA
Typ: Mehrzweck-Kampfflugzeug
Antrieb: 1 General Electric F404-GE-100
Leistung: 80 kN mit Nachbrenner
Länge: 14,42 m
Höhe: 4,22 m
Spannweite: 8,13 m
Flügelfläche: 18,60 m2
Leermasse: 5965 kg
max. Startmasse: 12 700 kg
Höchstgeschwindigkeit: Mach 2
Steigzeit auf 12 200 m: 2 min 18 s
Dienstgipfelhöhe: 17 315 m
Reichweite: 1529 km
Bewaffnung: zwei 20-mm-Kanonen M39 sowie 4080 kg Außenlasten