Mil Mi-26: Der größte Hubschrauber der Welt wird immer noch gebaut

Mil Mi-26 seit 40 Jahren im Einsatz
Der größte Hubschrauber der Welt wird immer noch gebaut

Veröffentlicht am 28.07.2025

Als die Sowjetunion Anfang Juni 1981 auf dem Pariser Aérosalon in Le Bourget erstmals die Mil Mi-26 präsentierte, staunte die Fachwelt nicht schlecht: Abermals hatte sich das Konstruktionsbüro Mil selbst übertroffen und als Ersatz für die bereits gigantische Mi-6 einen noch viel leistungsstärkeren Schwerlasthelikopter zur Serienreife gebracht. Die Mi-6 hatte den sowjetischen Streitkräften seit Anfang der 1960er-Jahre gute Dienste geleistet und galt lange selbst als größter Hubschrauber der Welt – doch die gestiegenen Anforderungen der Armee erforderten irgendwann eine neue, ähnlich große, aber deutlich potentere Helikopterkonstruktion.

Als Antwort auf die Vorgaben aus dem Kreml brachte Mil die Mi-26 an den Start. Am 14. Dezember 1977 erstmals in der Luft (wenn auch nur für drei Minuten), stellte das von der NATO "Halo" genannte Muster seine Vorgängerin mühelos in den Schatten. Die Mi-6 hatte beeindruckende zwölf Tonnen Nutzlast transportieren können – die Mi-26 schaffte 20 Tonnen und konnte damit 800 Kilometer weit fliegen, bei einer Marschgeschwindigkeit von 255 km/h. Der Frachtraum der Mi-26 bot satte 136 Kubikmeter Volumen, die Mi-6 hatte mit "nur" 80 Kubikmetern aufwarten können. Außenlasten von bis zu 20 Tonnen waren für die Mi-26 kein Problem – die Mi-6 konnte am Haken lediglich neun Tonnen transportieren.

Größer, stärker, besser

Das Leergewicht der Mi-26 war mit 28,6 Tonnen derweil im Vergleich zur Mi-6, die leer 27,2 Tonnen wog, nur unwesentlich gestiegen. Trotzdem war die Mi-26 mit einer maximalen Startmasse von 56 Tonnen – nach dem nochmals deutlich größeren, fast doppelt so schweren Versuchshubschrauber Mil W-12 aus dem Jahr 1968, der allerdings nie in Serie ging – der weltweit größte und schwerste Hubschrauber der Welt. Diesen Titel hat das von Marat Tischtschenko konstruierte Ungetüm bis heute nicht mehr abgegeben.

Die Dimensionen der Mi-26 sind in vielerlei Hinsicht kolossal. Ihr Laderaum ist größer als der einer Antonow An-12 und bietet Platz für 90 Soldaten, 60 Patiententragen oder zwei Luftlandepanzer. Der Durchmesser des Achtblattrotors beträgt 32 Meter, was annähernd der Rumpflänge eines Airbus A319 entspricht. Außerdem hält die Mi-26 bis heute eine ganze Reihe von Weltrekorden. So gelang es ihr 1982, eine Last von 56.769 Kilogramm auf eine Höhe von 2000 Meter zu hieven.

Mil Mi-26 im Einsatz beim Katastrophenschutz von Belarus
Patrick Zwerger

Belastungsprobe in Tschernobyl

Die Mi-26 war der erste Serienhubschrauber mit Achtblatt-Hauptrotor und Rotorkopf aus Titan. Der Heckrotor besitzt fünf Blätter und ist in etwa so groß wie der Hauptrotor des US-Hubschraubers Hughes MD-500. Als Antrieb dienen der Mi-26 zwei D-136-Wellenturbinen von Lotarjow mit einer Spitzenleistung von jeweils 11.240 Wellen-PS. Die Kraftübertragung erfolgt über ein einziges Hauptgetriebe, das von Mil in Eigenregie entwickelt wurde und bis zu 19.725 PS stemmen kann. Die Lufteinläufe beider Triebwerke sind mit Staubschutzvorrichtungen ausgestattet, deren Konzept Mil vom Kampfhubschrauber Mi-24 übernahm.

Nach einer umfassenden Erprobung nahmen die ersten Mi-26 aus der Serienfertigung 1985 offiziell ihren Dienst bei den sowjetischen Streitkräften auf. Auch eine für zivile Zwecke optimierte Variante ging zeitgleich an den Start. Nur wenig später geriet die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl zur ersten großen Bewährungsprobe für den neuen Hubschraubergiganten. Im Eiltempo entwickelte Mil für diesen heiklen Einsatz die Katastrophenschutzversion Mi-26S mit Tank im Frachtraum und Sprühanlage unterm Rumpf, die man vor Ort für Dekontamination, Strahlungsmessung und den gezielten Abwurf von Isoliermaterial in unmittelbarer Nähe des geborstenen Reaktors Nummer 4 heranzog.

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Superschwerer Tausendsassa

Heute fliegt die Mi-26 weiter bei der russischen Armee sowie bei den Streitkräften einer Reihe weiterer Nationen. Aber auch zivile Organisationen wie die UN, der russische und weißrussische Katastrophenschutz, Spezialflugunternehmen und Fluggesellschaften wie UTair setzen den Riesenhelikopter ein. Der Bedarf ist unverändert hoch – vereinzelt werden sogar jahrelang eingelagerte Exemplare wieder zum Leben erweckt und in den Dienst zurückgeholt.

Da die Mi-26 überdies in der Lage ist, enorme Außenlasten zu transportieren, wird sie oft für Sondermissionen herangezogen. Dazu zählt das Aufstellen von Stromleitungs- und Sendemasten, aber auch Erdbeben- und Waldbrandeinsätze sowie der Transport kompletter Flugzeuge, Hubschrauber, Fahrzeuge oder Boote – etwa 2009, als eine russische Mi-26T den 35 Meter langen Schweizer Renn-Katamaran Alinghi 5 zum Genfer See brachte.

Patrick Zwerger

Die Zukunft der Mi-26

Gebaut wird die Mi-26 seit jeher in Rostow am Don. Bis heute verließen knapp 300 Mi-26 die Werkshallen. Neueste Version ist die Mi-26T2W, die primär fürs russische Militär entwickelt wurde und mit Glascockpit sowie der Avionik-Suite NPK90-2W samt GLONASS- und Trägheitsnavigation und digitalem Autopiloten aufwartet. Dadurch reduziert sich die Besatzung von fünf auf zwei bis drei Personen. Ferner ist die Mi-26T2W voll nachtflugtauglich.

Die ersten Mi-26T2W stießen nach russischen Angaben 2023 zur Truppe. Außerdem bietet das Hersteller-Konsortium Russian Helicopters die Modernisierung älterer Exemplare der Zivilversion Mi-26T auf den vergleichbaren Standard Mi-26T2 an.