Letzte F-16 aus Fort Worth

Abschied vom Stammwerk
Letzte F-16 aus Fort Worth

Veröffentlicht am 26.02.2018

Der Jom-Kippur-Krieg zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn war gerade vorbei und über US-Präsident Nixon braute sich ein Amtsenthebungsverfahren zusammen, als General Dynamics am 13. Dezember 1973 in Fort Worth seinen Lightweight Fighter aus der Halle rollte. Was damals wohl noch niemand ahnte: Die auf Wendigkeit getrimmte YF-16 erwies sich als so leistungsstarker und entwicklungsfähiger Entwurf, dass in den folgenden vier Jahrzehnten immer weiter verbesserte Versionen in die Fertigung gingen.

Auch wenn sich die äußere Form der Fighting Falcon bis auf die hässlichen Zusatztanks an den Rumpfseiten kaum verändert hat, blieb ansonsten natürlich kaum ein Teil gleich. Das Pratt & Whitney-Triebwerk F100, das in den Proto­typen noch 102,2 Kilonewton leistete, liefert heute maximal 133,3 Kilonewton Schub, das alternativ erhältliche F110 von GE Aviation ist sogar bei 144,6 Kilonewton angekommen. Entsprechend konnte die maximale Abflugmasse von 14 970 in der frühen F-16A auf 21 770 Kilogramm anwachsen, was eine flexible Bewaffnung mit unzähligen verschiedenen Bomben und Lenkwaffen ermöglicht.

Die wesentlichen Fortschritte zwischen der YF-16 aus den 1970er Jahren und den heutigen F-16E/F Block 60 sowie den künftigen F-16V betreffen aber die Avionik. Statt eines Radars mit mechanisch schwenkbarer Antenne ist ein AESA-System mit elektronischer Strahlschwenkung eingebaut. Den Piloten stehen statt konventionellen Instrumenten große Farbbildschirme zur Verfügung. Mit den diversen Modifikationen und einem vergleichsweise günstigen Preis blieb die F-16 lange Zeit konkurrenzfähig. In den Hochzeiten der Produktion 1987 wurden im eine Meile langen Air Force Plant 4 bis zu 30 Flugzeuge pro Monat montiert, was die Mitarbeiterzahl auf rund 30 000 brachte.

Doch nicht nur in Texas wurde die F-16 produziert, im Rahmen der Exportaktivitäten gab es zeitweise auch Endmontagelinien in den Niederlanden, in Belgien, der Türkei und Südkorea. Insgesamt wurden bisher nicht weniger als 4588 Fighting Falcons ausgeliefert, die in über zwei Dutzend Ländern im Einsatz waren oder noch sind.

Neue Konkurrenten wie die Gripen oder zweistrahlige Muster wie die Rafale und der Eurofighter machten der F-16 in den letzten Jahren das Leben schwer, sodass die Produktionsraten deutlich zusammenschrumpften. Zuletzt wurden in Fort Worth noch 36 Kampfjets für die irakischen Luftstreitkräfte gebaut. Die letzte dieser F-16IQ (F-16C Block 52+) verließ nun ohne große Feier am 14. November 2017 das „Falkennest“ in Texas. Auch wenn für das Werk in Fort Worth nach 3620 gebauten Flugzeugen eine Ära zu Ende geht, ist seine Zukunft bereits seit Langem gesichert. Hier wird nämlich die F-35 Lightning II gebaut, deren Produktionsrate erheblich ansteigen soll.

Auch die F-16-Fertigung wird weitergehen, denn nur zwei Wochen nach Lieferung der F-16IQ unterzeichneten US-Vizepräsident Mike Pence und der Kronprinz von Bahrain, Prinz Salman bin Hamad Al Khalifa, ein Abkommen über die Beschaffung von 16 F-16V im Wert von 2,3 Milliarden Dollar (1,95 Mrd. Euro). In Erwartung dieses Auftrags hat Lockheed Martin bereits im Frühjahr damit begonnen, die Endmontagelinie von Texas nach Greenville in South Carolina zu verlagern. Etwa 18 Monate ab Vertragsunterzeichnung wird es laut Hersteller wohl dauern, bis die Lieferungen der F-16 wieder anlaufen.

Neben Bahrain sieht Lockheed Martin weitere Absatzmöglichkeiten für neue F-16 in Indonesien, Kolumbien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dazu käme eventuell Pakistan, falls der Kongress sein Veto überdenkt. Dass die Pakistanis die F-16 nutzen, ist ein Problem beim Marketing in Indien, das mit 100 bis 250 Maschinen ein viel höheres Potenzial böte. Sollte es hier irgendwann zum Kauf kommen, würde die Fertigung entsprechend nach Indien verlagert.

Unabhängig von der Produktion von Neuflugzeugen sieht Lockheed Martin gute Geschäfte mit der Modernisierung von vorhandenen Fighting Falcons. Aufträge dafür gibt es bereits aus Taiwan (142 Flugzeuge), Singapur (bis zu 60) und Südkorea. Als Nächstes könnte Griechenland an der Reihe sein. Zudem ist die US Air Force daran interessiert, einen Teil ihrer Fighting Falcons weiter zu nutzen. Dazu wurden bei Lockheed Martin zusätzliche Strukturversuche durchgeführt. Im Ergebnis soll mittels entsprechenden Verstärkungen eine Lebensdauer­verlängerung auf 12 000 Flugstunden möglich sein. So könnte die F-16 noch bis Mitte der 2040er Jahre fliegen …

FLUG REVUE Ausgabe 02/2018