Die Luftstreitkräfte der Islamischen Republik Iran (IRIAF) haben am 18. November 2024 im Rahmen einer privaten Zeremonie im Flugzeugwerk Komsomolsk am Amur (KnAAPO) ihre ersten beiden Suchoi Su-35SE erhalten. Die Mehrzweck-Kampfjets wurden zerlegt und dann mit einer Antonow An-124-100 der russischen Luft- und Raumfahrtkräfte zum Flughafen Mehrabad in Teheran, der Hauptstadt des Iran, geflogen. Von dort aus werden die Flugzeuge zur 3. Taktischen Luftwaffenbasis in der Nähe der Stadt Hamadan gebracht, um sie zusammenzubauen. Ursprünglich wollte die IRIAF mit den Suchois nur die Grumman F-14A Tomcat in Isfahan ersetzen, doch wurde der Auftrag für die Su-35SE von 25 auf 50 Maschinen erhöht. Damit kann die Luftwaffe auch einige ihrer alternden F-4E Phantom II ausmustern, die derzeit beim 31. Taktischen Jagdgeschwader in Hamadan im Einsatz sind.

Russland übergibt dem Iran zunächst 25 Su-35SE, die ursprünglich für Ägypten gebaut wurden (Foto).
Was lange währt...
Der Deal zwischen Russland und dem Iran, der nun tatsächlich in der Übergabe der ersten Su-35SE mündete, hat eine längere Vorgeschichte. Bereits im Jahr 2007 erörterte das iranische Ministerium für Verteidigung und Logistik der Streitkräfte den Erwerb von mindestens 48 Su-30MK aus Russland mit der Option auf 102 weitere Flugzeuge, wenn die Produktion in Unterlizenz im Iran erlaubt würde. Nach dem Waffenembargo der Vereinten Nationen gegen den Iran aufgrund seines umstrittenen Atomprogramms weigerte sich Russland jedoch, die Su-30MKs an den Iran zu verkaufen. Die russische Regierung lehnte es auch ab, eine Flotte von 28 Su-24MK-Jagdbombern und 25 MiG-29B/UB zu modernisieren, obwohl dies in den 2007 abgeschlossenen Verträgen so vereinbart war.
Nach dem internationalen Atomabkommen mit dem Iran im Juli 2015 wollte Teheran Su-30SM beschaffen und in Lizenz fertigen, was jedoch von Russland ebenfalls abgelehnt wurde. Damit lagen etwaige Geschäfte bis auf Weiteres auf Eis.

Die Suchoi Su-35S (mit zusätzlichem "E" für den Export) ist das Kronjuwel der legendären "Flanker"-Familie, die mit der Su-27 begann.
Tausch gegen Drohnen und Raketen
Am 24. Februar 2022 griffen die russischen Streitkräfte jedoch die Ukraine an. Die Raketenbrigaden der russischen Armee feuerten ab diesem Tag innerhalb eines Jahres Hunderte von präzisionsgelenkten ballistischen Kurzstreckenraketen des Typs 9M723K1 auf das Nachbarland, wobei sie ihr Raketensystem Iskander-M verwendeten. Die Zahl der abgefeuerten Raketen überstieg die fortlaufende Produktionsmenge, was dazu führte, dass die Zahl der Starts zwischen dem 1. April und dem 21. Oktober 2023 auf nur noch 42 sank.
Ab September 2022 beantragte das russische Verteidigungsministerium, das vom Iran eine große Anzahl von Selbstmorddrohnen der Typen Shahed-131 und 136 für die russischen Streitkräfte erhalten hatte, den Kauf ballistischer Kurzstreckenraketen des Typs Fateh-110 aus iranischer Produktion. Diesen Raketentyp hatten die Islamischen Revolutionsgarden bereits im Irak eingesetzt. Im Gegenzug bekundete der Iran Interesse, 25 Su-35SE zu erwerben, die ursprünglich für die ägyptische Luftwaffe bestimmt waren.
Aus Angst vor weiteren Sanktionen wegen der Bestellung aus Russland widersetzte sich Irans Oberster Führer Ali Khamenei zunächst monatelang dem Verkauf der Fateh-Raketen, bis der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen am 18. Oktober 2023 alle Beschränkungen für Aktivitäten im Zusammenhang mit ballistischen Raketen und für den Transfer von und nach Iran aufhob. Bereits einige Tage vor der Aufhebung dieser Beschränkungen reiste Russlands damaliger Verteidigungsminister Sergej Schoigu nach Teheran, um über die Beschaffung ballistischer Raketen zu verhandeln – und das im Raum stehende Su-35SE-Geschäft neu auszuhandeln.
Super-Flanker und Mi-28
Am 19. September 2023 trafen Schoigu und andere Vertreter des russischen Militärs mit Generalmajor Mohammad Bagheri, dem Stabschef der iranischen Streitkräfte, und General Ali Hajizadeh, dem Oberbefehlshaber der Revolutionsgarden, zusammen. Sie besuchten auch eine Ausstellung der neuen iranischen Waffen im Museum der Revolutionsgarden in der Ashura-Universität im Westen Teherans. Während dieses Besuchs traf Schoigu Beamte des iranischen Ministeriums für Verteidigung und Logistik der Streitkräfte. Sie sprachen nicht nur über Fateh-110 und Su-35SE, sondern auch über den Verkauf von Mi-28NME-Kampfhubschraubern an die iranische Armee. Nach dieser Reise von Schoigu nach Teheran gab es tagelang keine weiteren Nachrichten, bis der Iran schließlich am 28. November 2023 das Geschäft bekanntgab.
Die Beschaffung der Su-35SE bedeutete zugleich das Ende des Modernisierungsprojekts für die Tomcats der iranischen Luftwaffe – namentlich den Stopp aller Investitionen in das Reverse Engineering und die inländische Produktion von Ersatzteilen für die Flugzeuge und ihre Pratt & Whitney TF30-P-412A-Triebwerke. Dies wiederum führte zu einer schrittweisen Verringerung der Zahl flugbereiter F-14A, die bei beim 81. Taktischen Jagdgeschwader und dem 83. Taktischen Jagdgeschwader in Isfahan im Einsatz standen. Ersteres verliert seinen Kampfstatus im Dezember 2024, während Letzteres bereits ab 2023 als Ersatz für die verbleibenden F-14A moderne Jak-130-Jet-Trainer erhielt und zum Trainingsgeschwader umgewidmet wurde. Die Jak-130 hatte der Iran 2022 für die Su-35SE-Pilotenausbildung bestellt, die ersten Maschinen trafen im August 2023 ein.
Su-35 für zwei Geschwader
Ursprünglich waren die Su-35SE, wie eingangs erwähnt, einzig als Ersatz für die letzten F-14A des 81. Geschwaders eingeplant. Mit der Beschaffung weiterer Su-35SE sowie doppelsitziger Mehrzweck-Kampfflugzeuge Su-30SME soll nun auch das 31. Jagdgeschwader mit mindestens zwölf dieser Flugzeuge ausgestattet werden. Dies ermöglicht die Verlegung von F-4Es zu anderen Einsatzstaffeln und -basen im Iran.
Bereits im Sommer 2024 zwangen der Rückgang voll einsatzfähiger F-14A und die gleichzeitige Nichtverfügbarkeit von Su-35SE die IRIAF, zwei F-4E aus Hamadan nach Isfahan zu verlegen, wo sie ab August gemeinsam mit den noch verfügbaren Tomcats des 81. Geschwaders als Alarmrotten QRA-Einsätze flogen. Im August 2024 begann die IRIAF-Abteilung für Ingenieur- und Bauwesen mit der Errichtung von drei großen, massiven Flugzeughangars auf der 3. Taktischen Luftwaffenbasis in Hamadan, die jeweils zwei Su-35SE aufnehmen können. Drei weitere Schutzräume wurden im Oktober 2024 in Angriff genommen.
Das 31. Luftwaffengeschwader in Hamadan und das 81. Geschwader in Isfahan werden ihre ersten Su-35SE voraussichtlich im Januar 2025, respektive im Juni 2025 erhalten. Die erste Gruppe von acht iranischen Su-35SE-Pilotenausbildern schließt ihre Ausbildung in Russland im Dezember 2024 ab, die zweite Gruppe wird voraussichtlich im Frühjahr 2025 fertig. Es ist zudem geplant, einen Full-Motion-Simulator für die Su-35SE nach Isfahan zu liefern, um die Ausbildung künftiger Su-35SE-Piloten im Iran zu ermöglichen. Bei diesen Piloten handelt es sich in erster Linie um Absolventen des Lehrgangs für fortgeschrittene Kampfpiloten auf den iranischen Jak-130. Die ersten beiden Flugschüler, die im Iran auf der Jak-130 ausgebildet wurden, schlossen ihre Ausbildung am 5. November 2024 ab und beginnen plangemäß im Januar 2025 ihre Ausbildung auf der Su-35SE.

Der Klarstand der letzten iranischen F-14A wird zunehmend prekärer. Ersatzteile gehen aus, die Su-35SE werden sehnlich erwartet.
Ersatz für F-4E und F-14A
Damit endet bei der IRIAF zugleich eine fast fünf Jahrzehnte währende Ära. So lange nämlich verließ sich der Iran beim Schutz seines Luftraums auf die noch von der Schah-Regierung in den USA bestellten F-14A. Seit Juni hat die Verfügbarkeit von nurmehr zwei voll einsatzfähigen F-14A beim 81. Taktischen Luftwaffengeschwader die Kampfbereitschaft der Einheit jedoch so weit reduziert, dass sie keine Regierungsflugzeuge mehr eskortieren kann – weder iranische noch nicht-iranische. Als der neue iranische Präsident Massud Peseschkian am 2. Oktober 2024 mit dem Airbus A340 der iranischen Regierung nach Doha reiste, wurde die IRIAF beauftragt, sein Flugzeug zu begleiten. Da nicht genügend F-14A zur Verfügung standen, übernahmen drei F-4E aus Hamadan diese Aufgabe, jeweils bestückt mit zwei AIM-7E-2 Sparrow und zwei AIM-9J Sidewinder.
Mit der Auslieferung und dem Einsatz der Su-35SE werden sowohl das 31. Taktische Jagdgeschwader in Hamadan als auch das 81. Taktische Jagdgeschwader in Isfahan in der Lage sein, alle Missionen wahrzunehmen, für die sie bislang noch ihre Phantoms und Tomcats einsetzen. Die Su-35SE mit ihren R-37M-Langstrecken-Luft-Luft-Raketen mit aktivem Radar werden beispielsweise in der Lage sein, ähnliche Einsätze zu fliegen wie die F-14A mit ihren AIM-54A Phoenix-Lenkwaffen.
25 Su-35SE bis Ende 2025
Es wird erwartet, dass die IRIAF bis Ende des kommenden Jahres 25 voll einsatzfähige Su-35SE bei ihrer auf den Fliegerhorsten Hamadan und Isfahan in Dienst stellen wird. Diese Flugzeuge werden durch mindestens 25 weitere Su-35SE ergänzt, deren Auslieferung für die Jahre 2026 bis 2030 vorgesehen ist. Die dann 50 Su-35SE sollen in den 2030er-Jahren das kampfstarke Rückgrat der IRIAF bilden. Ihre veralteten F-4E Phantom II, F-5E/F Tiger II, MiG-29B/UB und Su-24MK dürften die Iraner trotzdem weiter für eine Vielzahl von Missionen nutzen – während die F-14A vollständig aus dem Verkehr gezogen werden, wenn für die letzten zur Ausmusterung vorgesehenen Tomcats keine Ersatzteile mehr verfügbar sind.