Aurora-Nachfolger
Besorgt auch Kanada sich die Boeing P-8 Poseidon?

Die kanadische Luftwaffe sucht nach einem Nachfolger für ihre alternden Aurora-U-Boot-Jäger. Die Turboprop-Viermots sehen dem Ende ihrer Dienstzeit entgegen – und Boeing wittert die große Chance, mit der P-8A Poseidon zu punkten. Zu Recht: Konkurrenten gibt es kaum.

Boeing Poseidon MRA1 der Royal Air Force.
Foto: Crown Copyright 2019

Genau wie viele andere Nationen setzt auch Kanada für U-Boot-Jagd und Seefernaufklärung auf die Lockheed P-3C Orion. Allerdings firmiert das Muster bei der kanadischen Luftwaffe nicht als Orion, sondern unter der Bezeichnung CP-140 Aurora. Seit 1980 nutzen die Kanadier die Spezial-Turboprops, von den einstmals 21 Maschinen sind heute noch 16 im Dienst. Diese wurden in den vergangenen vier Jahrzehnten kontinuierlich modernisiert. 2020 kehrte die 14. und letzte auf den aktuellen Standard Block III hochgerüstete Aurora zurück in den Dienst. Zwei CP-140 dienen derweil schon als Testträger für das Upgrade Block IV. Es soll 2024 umgesetzt sein – und dürfte für die Aurora-Flotte das letzte werden. Denn ab 2030 will Kanada einen Nachfolger einflotten.

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Boeing bietet Kanada die P-8A Poseidon an - und dürfte damit auch das Rennen um die Aurora-Nachfolge gewinnen.

Nachfolgersuche gestartet

Die Suche nach diesem Nachfolger ist kürzlich offiziell angelaufen. Mit dem Projekt CMMA (Canadian Multi-Mission Aircraft) hat die kanadische Regierung eine erste Sondierungsrunde gestartet, bei der Informationen zu potenziellen Kandidaten gesammelt werden sollen. Im Zuge dessen hat US-Flugzeugbauer Boeing nun angekündigt, Kanada die P-8A Poseidon anzubieten. Der Zweistrahler, basierend auf der Boeing 737-800 (mit dem Flügel der größeren 737-900), gilt bereits jetzt bei zahlreichen (ehemaligen) Orion-Nutzern als natürlicher Erbe der Turboprop-Viermot. Zuletzt entschied sich auch Deutschland dafür, fünf P-8A zu beschaffen und damit 2025 die P-3C der Marine zu ersetzen.

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Die P-8A Poseidon gilt bei vielen Streitkräften als natürliche Nachfolgerin der Lockheed P-3 Orion und kann bereits auf mehr als 400.000 Flugstunden ohne Zwischenfall verweisen.

Poseidon als Favorit

In der Tat scheint Boeing mit der Poseidon die besten Karten zu besitzen, denn vergleichbar leistungsstarke Flugzeuge sind auf dem Gebiet der U-Boot-Jagd und Seefernaufklärung rar gesät. Einzig die vierstrahlige Kawasaki P-1 aus Japan spielt in derselben Liga wie die P-8A, sofern man Muster aus russischen Produktion, etwa die Tupolew Tu-204, außen vor lässt. Ansonsten müsste Kanada bei der Wahl eines Nachfolgers deutliche Fähigkeitseinbußen hinnehmen. Flugzeuge wie die C-295 MPA Persuader von Airbus, die Saab 2000 MPA oder diverse Umrüst-Versionen der ATR 72 wären zwar günstiger, leistungstechnisch aber ein deutlicher Rückschritt.

Ob das eigentlich geplante deutsch-französische Projekt eines Seefernaufklärers auf Basis des Airbus A320neo jemals real wird, ist angesichts der Entscheidung Deutschlands für die P-8A sehr unsicher. Und die aktuell von Frankreich genutzte Atlantique 2 besitzt ein ähnliches Problem wie die kanadische Aurora: sie basiert auf einer alten Zelle und ist nur begrenzt zukunftsfähig. Bleibt also fast keine andere Wahl, als die P-8A zu ordern...

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Erscheinungsdatum 05.09.2023