Phantom-Phinale: Südkorea stellt die letzten F-4 außer Dienst

Besondere Abschiedsfeier für eine Legende
Live dabei – Südkorea stellt F-4 Phantom außer Dienst

Veröffentlicht am 12.06.2024

"Phantom Zero-One: Start!" Mit knappen Worten gibt Verteidigungsminister Shin Won-sik persönlich den Startbefehl, und Sekunden später donnern zwei F-4E vor der Hochhaus-Kulisse Suwons über die Runway. An diesem 7. Juni 2024 soll es ihr letzter Einsatz werden. Passend zur Stimmung hat sich die Sonne über der rund 50 Kilometer von Seoul gelegenen Großstadt hinter einem grauen Schleier versteckt. Nicht nur hierzulande genießt die F-4 eine Art Legenden-Status. Auch in Südkorea leistete sie in 55 Dienstjahren einen wichtigen Beitrag zur Landesverteidigung – und der Abschied fällt den Beteiligten sichtlich schwer.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Hoher Stellenwert

"Die Phantom wurde mit einem brennenden Wunsch des Volkes nach starker nationaler Sicherheit eingeführt. Sie hat mehr als 50 Jahre lang standhaft den Himmel über der Republik Korea verteidigt und so die Unterstützung der Bürger zurückgezahlt. Die letzte Reise der Phantom in diesem Jahr wird in die Bücher eingehen als die großartigste Außerdienststellung eines Kampfflugzeugs in der Geschichte unserer Luftwaffe", sagte Ehrengast Lee Jae-woo in seiner Rede. Der ehemalige Generalmajor hatte im August 1969 eine der ersten sechs F-4D über den Pazifik nach Südkorea überführt.

Unsterbliche Phantom

"Mit der Einführung der Phantom – dem Wächter der freien Welt – hat die Republik Korea schnell die Luftmacht Nordkoreas überflügelt. Seitdem ist die Luftwaffe Nordkoreas nicht mehr ebenbürtig. Die Phantom stirbt nie. Ihr edler Geist wird zu uns an der Seite von den modernsten Jägern der sechsten Generation zurückkehren", ist sich auch Shin Won-sik sicher. Die große Bedeutung des Jets war auch der Militärführung bewusst, die zum ersten Mal überhaupt ausgewählte Luftfahrtfotografen und Journalisten aus dem Ausland zur Zeremonie zuließ. Sogar der koreanische Verteidigungsminister begrüßte die mehr als 100 aus der ganzen Welt angereisten Phantom-Fans explizit in seiner Rede.

F-4 Phantoms am Boden mit Kunstflugteam Südkorea
Patrick Hoeveler

Sonderfarben zum Abschied

Zu Ehren des Musters gibt die nationale Kunstflugstaffel Black Eagles eine Vorstellung über Suwon. Dann sind die beiden Stars der Veranstaltung wieder zurück. Nach einem Überflug und dem Abschuss zahlreicher Fackeltäuschkörper setzt das Duo zur finalen Landung an. Anlässlich der Außerdienststellung hatte eine Maschine den frühen Anstrich aus Grün- und Brauntönen erhalten. Das zweite Flugzeug bekam spezielle Markierungen an den Rumpfseiten.

Symbolträchtige Formationen

Schließlich kommen die Jets in der Mitte des Feier-Areals zum Stehen. Mit einem Blumenkranz verabschiedet der Minister den treuen Jäger. Anschließend folgt über den zum Appell angetretenen Soldaten ein Mini-Flugprogramm: fünf F-16 überfliegen den Platz und schießen 55 Flares ab, eine für jedes Dienstjahr der Phantom. Die folgende Formation von sechs Fighting Falcons symbolisiert die Überführung der ersten sechs F-4D im Jahr 1969. Sekunden später erinnern zwei als Aufklärer konfigurierte F-16 an die Rolle der RF-4C in der Streitkraft. Für die drei ehemaligen Phantom-Basen Daegu, Cheongju und Jungwon steht eine gemischte Formation aus den heute jeweils dort stationierten Typen F-15K, F-16 und F-35. Den Abschluss bilden drei Lightning II als Sinnbild für die gelungene Transformation von der F-4 hin zu den modernen Mustern.

F-4 Phantom Südkorea gemeinsame Formation mit zwei KF-21
ROKAF

Wehmut und Blumen

Nach dem offiziellen Teil bleibt die F-4 lange von den Gästen umlagert. Als die Besatzung nach dem Flug zum Abschied ein letztes Mal auf die Tragfläche ihrer Phantom klopft, ist der Wehmut förmlich greifbar. Keine Öffnung des Kampfflugzeugs bleibt von Blumen verschont – ein würdiger Abschied für einen legendären Fighter.

F-4 Phantom Südkorea mit Blumenkranz
Patrick Hoeveler

Die letzten Flüge

Am folgenden Montag verhalt der typische Klang des General Electric J79 dann endgültig am Himmel über Korea: Zwei F-4E starten zu einem letzten Überführungsflug zu anderen Basen, um dort ausgestellt zu werden. Auch die anderen Phantoms dürften im Gegensatz zu ihren ausgemusterten Artgenossen anderer Nationen der Schrottpresse entgehen. Als Sinnbild für die enge Verbindung zum Militär finden sich über das ganze Land verteilt Hunderte von alten Flugzeugen und Hubschrauber in Parks, Schulen oder Universitäten. Nun kommen sicher weitere dazu.

F-4E Phantom Südkorea mit F-35 Lightning II
Patrick Hoeveler

Ersatz durch F-35

Die letzte Phantom-Staffel der Republic of Korea Air Force (ROKAF) war die 153rd Fighter Squadron des 10th Fighter Wing. Zuletzt verfügte die Einheit über 15 Besatzungsmitglieder und drei flugfähige F-4E. Einige der Piloten schulen auf moderne Muster wie FA-50 oder F-35A um. In Zukunft soll die Lightning II auch in Suwon Einzug erhalten. Bis der Jet der fünften Generation hier eintrifft, wird allerdings noch einige Zeit vergehen. Bis dahin hält ein weiterer "Oldtimer" die Flagge in Suwon hoch: die F-5E/F Tiger II. Das Northrop-Muster fliegt in Suwon bei zwei Staffeln (101st und 201st Fighter Squadron) und hat wohl noch einige Jahre vor sich. Bis zum nächsten Abschied dauert es also noch etwas.