Ein Luftzwischenfall über dem Südchinesischen Meer hat zu einem diplomatischen Schlagabtausch zwischen China und Australien geführt. Im Zentrum steht eine Konfrontation am vergangenen Sonntag zwischen Militärflugzeugen beider Nationen, bei der eine chinesische Suchoi Su-35 Leuchtraketen in unmittelbarer Nähe eines australischen Seefernaufklärers vom Typ Boeing P-8A Poseidon abgefeuert haben soll.
Nach Darstellung des australischen Verteidigungsministeriums ereignete sich der Vorfall am Sonntag während einer maritimen Überwachungspatrouille der Royal Australian Air Force. Der chinesische Jäger habe sich der australischen Maschine gefährlich genähert und dabei Leuchtraketen in direkter Flugbahn gezündet. Canberra bezeichnete das Manöver in einem Statement als "unsicher und unprofessionell".
Peking kontert mit massiven Gegenvorwürfen: Jian Bin, Sprecher des Verteidigungsministeriums, entgegnete, das australische Militärflugzeug sei widerrechtlich in chinesischen Luftraum über den Paracel-Inseln eingedrungen. Der chinesische Abfangjäger habe lediglich auf diese Luftraumverletzung reagiert. Australien versuche nun, die "schwerwiegende illegale Intrusion" zu verschleiern und schiebe China die Schuld zu.
Die australische Aufklärungsmaschine führte nach eigenen Angaben eine Routinemission durch, wie sie für die Royal Australian Air Force in der Region seit Jahrzehnten gängige Praxis ist. Details zum chinesischen Kampfjet nannte Peking nicht. Das australische Verteidigungsministerium ist jedoch sicher, es handele sich um eine Su-35.
Widerholte Konfrontation zwischen chinesischen Jägern und australischen Aufklärern
Der Zwischenfall reiht sich ein in eine Serie gefährlicher Luftbegegnungen im Südchinesischen Meer. Zuletzt kam es im Februar zu einem ähnlichen Vorfall zwischen beiden Ländern. Bereits 2022 schoss ein chinesischer Jäger Leuchtraketen auf eine australische Aufklärungsmaschine – wieder eine P-8A, die über dem südchinesischen Meer unterwegs war. Bei dem chinesischen Flugzeug handelte es sich damals allerdings um eine Shenyang J-16; ein Widersehen war es dieses Mal also nicht.
Militärexperten warnen vor der Eskalationsgefahr solcher Nahbegegnungen: Das Zünden von Leuchtraketen in geringer Distanz kann die Sensoren und die Manövrierfähigkeit des anderen Flugzeugs beeinträchtigen und birgt erhebliches Kollisionsrisiko. Beschädigt wurde die australische Poseidon bei der Begegnung am Sonntag jedoch nicht.
China beansprucht nahezu das gesamte Südchinesische Meer und setzt seine Luftwaffe zunehmend zur Durchsetzung dieser Ansprüche ein – trotz eines internationalen Schiedsspruchs von 2016, der die chinesischen Gebietsansprüche für völkerrechtlich unbegründet erklärte. Die Paracel-Inseln werden auch von Vietnam und Taiwan beansprucht.
China fordert von den Australiern, die Luftpatrouillen in der Region einzuschränken, um die bilateralen Beziehungen nicht weiter zu belasten. Canberra bekräftigt hingegen sein Recht auf Überwachungsflüge in internationalen Gewässern und deren Luftraum.
2015 hatte China als erster Exportkunde weltweit von Russland 24 Exemplare der Su-35 erhalten. Neben der Befreiungsarmee und der russischen Luftwaffe sollen auch Algerien und der Iran die Super Flanker bestellt haben. Im Oktober wurden außerdem Dokumente veröffentlicht, die mutmaßlich belegen, dass auch Äthiopien sechs Maschinen bestellt habe.
Die Su-35 wird im russischen Komsomolsk am Amur produziert. Ein erster Prototyp flog bereits 1985, noch als Su-27M. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion fehlte jedoch das Geld für die Beschaffung. Suchoi trieb die Entwicklung in Eigenregie voran, bis 2009 der Durchbruch gelang: Die russischen Luftstreitkräfte orderten 48 Maschinen der Serienversion Su-35S.