Bodentemperatur minus 35 Grad Celsius, ringsherum nur Eis und Schnee. Aus der Ferne ein Brummen – ein großes, graues, viermotoriges Flugzeug setzt zur Landung an. Mitten in der "weißen Wüste" der Station Nord im äußersten Nordosten Grönlands drückt der Airbus A400M der französischen Armée de l'Air Sekunden später seine Räder in die komprimierte Eispiste, auf der ansonsten vor allem die Hercules-Transporter der dänischen Luftwaffe starten und landen. Eine A400M hat die Station Nord zuvor noch nie gesehen – dafür folgen der Premiere am 4. März kurz hintereinander noch vier weitere Flüge, bei denen die Franzosen die große Turboprop-Viermot auf ihre Arktis-Fähigkeiten testen. Mit Dreckpisten in Afrika, Staub und großer Hitze kennen sich die französischen A400M-Crews aus – Flugbetrieb bei Extremkälte in Eis und Schnee ist für sie und ihr Flugzeug ein Novum.
Die Piloten, die mit dem Airbus-Transporter aus Frankreich für die Kältetests nach Grönland gereist sind, gehören dementsprechend auch nicht zu einem regulären Einsatzgeschwader. Sie sind dem Centre d'expertise aérienne militaire der französischen Luftwaffe zugeordnet – einem Erprobungskommando, vergleichbar mit der Wehrtechnischen Dienststelle für Luftfahrzeuge und Luftfahrtgerät der Bundeswehr (WTD 61) in Manching. Ihre Mission in diesen kalten Tagen Anfang März: den Airbus A400M für Missionen in Schnee und Eis zu zertifizieren. Mit sukzessiv erhöhten Frachtmengen fliegen sie dafür zwischen der Station Nord und der weiter südlich gelegenen Siedlung Mestersvig hin und her – und unterstützen gleichzeitig die Versorgung des Arktisk Kommando der dänischen Armee.

Klirrend kalt: Zusammen mit der dänischen Armee ließ Frankreichs Luftwaffe die A400M auf der Eispiste "spielen".
"Besondere Faktoren" in der Kälte
Die Dänen sind – im Unterschied zu den Franzosen – mit den Wetterverhältnissen im hohen Norden bestens vertraut und standen ihren NATO-Kameraden bei den A400M-Tests in Grönland zwischen dem 4. und 9. März auch beratend zur Seite. "Die Franzosen haben viel Erfahrung mit sogenannten Dirt Strips in Afrika, aber keine mit Eisbahnen", erklärt Major Bof Air Transport Wing der dänischen Luftwaffe aus Aalborg. "Das wollten sie nachholen, und wir haben ihnen dabei geholfen."
Major Bof, selbst Pilot auf der C-130 Hercules, schildert die Unterschiede zwischen Dreckpiste und Eisbahn, die die Franzosen in Grönland besonders im Auge haben mussten. Die Disziplinen seien prinzipiell sehr ähnlich, bei einem Landeplatz, auf dem Temperaturen um minus 40 Grad Celsius herrschen, seien aber "einige besondere Faktoren" zu berücksichtigen. Das gelte vor allem im Hinblick darauf, wann man wieder abheben müsse, so Major Bof weiter. "Am Boden kühlt die Ausrüstung schnell aus. Dichtungen werden porös, Hydrauliklecks können auftreten und auch Batterien vertragen Kälte nicht gut. Deshalb ist es wichtig, gleich nach der Landung Heizgeräte einzuschalten."
Erst Kanada, dann Grönland
Für die französischen A400M-Flieger waren die Einsätze in Grönland der Höhepunkt einer seit Jahresbeginn andauernden Testkampagne, die zunächst im Januar in Kanada ihren Anfang genommen hatte. Dort probten die Franzosen – unter Begutachtung ihrer kanadischen Kameraden – Starts und Landungen auf verschneiten und vereisten Schotterpisten.
Zum Eingrooven war das genau das Richtige, doch die Grönlandflüge waren dann doch noch mal eine andere Liga, wie Oberstleutnant François-Xavier, der Kommandant der Mission, unterstreicht: "Wir landeten auf rauen, gefrorenen Landebahnen, die weniger genutzt werden als in Kanada, in einer noch extremeren Umgebung mit fast zwei Meter hohen Schneewänden auf beiden Seiten der Landebahn." Bei minus 35 Grad Celsius am Boden und Temperaturen im Reiseflug nahe der für die A400M zertifizierten Untergrenze von minus 74 Grad Celsius waren Mensch und Maschine zudem maximal gefordert: "Ich persönlich bin bei einem Einsatz noch nie in eine solche Situation geraten", konstatiert Oberstleutnant François-Xavier im Nachgang.