Diese Dame ist eine Legende – nicht nur in Russland. Walentina Tereschkowa, geboren 1937 in der Oblast Jaroslawl, feiert heute, am 6. März, ihren 86. Geburtstag. Vor knapp 60 Jahren schrieb sie Raumfahrtgeschichte. Mit dem Sowjet-Raumschiff Wostok 6 startete sie am 16. Juni 1963 zum Soloflug ins Weltall – und bleibt damit bis heute die einzige Frau weltweit, die einen Raumflug im Alleingang absolvierte. Damals war sie zudem die erste Frau überhaupt, die die Reise zu den Sternen antrat. Der Spitzname "Gagarin mit Rock", den ihr der damalige Leiter der Kosmonauten-Ausbildung, Nikolai Kamanin, seinerzeit verlieh, klingt angesichts der Leistung, die Tereschkowa vollbrachte, beinahe despektierlich.

Ein Bomber namens Walentina
Sechs Jahrzehnte später trägt sogar ein Flugzeug den Namen der Weltraum-Pionierin. Und zwar nicht irgendeines, sondern die erste neu gebaute Tupolew Tu-160M2, die nach der Wiederaufnahme der Serienfertigung im Flugzeugwerk Kasan das Licht der Welt erblickte. Der neue Langstreckenbomber werde ehrenhalber nach Walentina Tereschkowa benannt, gab Juri Sljusar, Chef der russischen Flugzeubgau-Holding UAC, bereits im Februar gegenüber der Nachrichtenagentur Tass zu Protokoll. Die Tass ergänzte ihrerseits, die im NATO-Jargon "Blackjack" getauften Tu-160 erhielten in Russland "traditionell Namen herausragender Persönlichkeiten in der Langstreckenfliegerei". Weibliche Persönlichkeiten suchte man in der Liste dieser Name allerdings bislang vergeblich.

Kollektiver Kraftakt
Die "Walentina Tereschkowa" steckt aktuell noch in der Flugerprobung bei der Flugtestabteilung der Luftwaffe, nachdem sie bereits am 12. Januar 2022 zum Jungfernflug gestartet war und Ende 2022 die Werkstests abgeschlossen hatte. Sie ist die erste von vorerst zehn vollständig neuen "Blackjacks", die in Kasan in den kommenden Jahren entstehen sollen – auf persönliche Anordnung von Präsident Putin. Der Neubeginn der Produktion nach Jahrzehnten des Stillstands ist ein enormer Kraftakt für den russischen Flugzeugbau, an dem insgesamt rund 200 Unternehmen mitwirken: So mussten im Vorfeld zunächst die gesamten Konstruktionsunterlagen der Tu-160 digitalisiert werden. Außerdem galt es, verlorengeglaubte Fertigkeiten wieder aufleben zu lassen, die für die "Blackjack" große Wichtigkeit besitzen. Ein Beispiel hierfür ist das Elektronenstrahlschweißen großer Titanstrukturen. Jede Tu-160 besteht gewichtsmäßig zu rund einem Drittel aus Titan – das ist weltweit ein Spitzenwert. Allein der zentrale Kasten für die Aufnahme der Schwenkflügel wiegt sechs Tonnen und benötigt 140 Meter Schweißnähte.

Altes Antlitz, neues Flugzeug
Zwar sind die meisten Produktionsanlagen von einst in Kasan noch existent, allerdings handelt es sich bei der Tu-160M2 – je nach Quelle firmiert sie auch als Tu-160M – in weiten Teilen um ein neues Flugzeug, das zwar aussieht wie das alte, aber nach modernen Fertigungsstandards gebaut wird. "Die Systeme und die Ausrüstung der neuen Maschine sind zu 80 Prozent aktualisiert und verbessert", unterstrich UAC-Direktor Sljusar bereits Anfang 2022. Im Unterschied zu ihren Vorgängerinnen besitzt die Tu-160M ein Glascockpit, neue Avionik wie das Novella NV1.70-Radar, neue Systeme zur elektronischen Kriegsführung sowie verbesserte NK-32-02-Turbofans von Kusnezow – mit jeweils 245 kN Nachbrennerschub der stärkste Antrieb, der je in einem serienmäßigen Kampfflugzeug zum Einsatz kam. Gegenüber den gleichstarken Vorgängertriebwerken NK-32-01 sollen die neuen Motoren für geringeren Verbrauch und bessere Flugleistungen sorgen – unter anderem dank neu gestalteter Verdichter- und Turbinenschaufeln.
Anspruchsvoller Riesenbomber
Die russische Luftwaffe will neben den zehn fest bestellten Neubauten auch alle ihre 16 im Bestand befindlichen Tu-160 auf den neuen Standard hochrüsten. Interessant wäre, ob sich durch die neue Variante auch das Arbeitspensum des Wartungspersonals verändert. Aus Russland heißt es, bei der originalen Tu-160 ziehe jeder Flug im Schnitt etwa 64 Mannstunden am Boden nach sich.