Der Vizechef des russischen Rüstungskonzerns Rostec ist voll des Lobes: "Unsere Flugzeughersteller haben gute Produktionsraten bei Kampfflugzeugen erreicht", bewertet Wladimir Artjakow die Leistung der russischen Fighter-Fabriken im laufenden Jahr. Eine zentrale Rolle nimmt dabei das Flugzeugwerk in Komsomolsk am Amur ein. Dort, im Fernen Osten Russlands, läuft die Endmontage für die meisten Muster aus dem Hause Suchoi. Auch das Aushängeschild der Flanker-Familie, die Suchoi Su-35S, entsteht in der nach Raumfahrtpionier Juri Gagarin benannten Fabrik. Und von der Su-35S, Spitzname "Super-Flanker", hat die Luftwaffe in dieser Woche wieder "eine Charge" neuer Exemplare in Empfang genommen, wie es seitens Rostec heißt.

Interessant: Die jüngsten Chargen der Su-35S besitzen offenbar modifizierte EloKa-Behälter an den Flügelenden. Nähere Details dazu gibt es nicht.
Unklare Zahlen
Wie viele Flugzeuge diese neue "Charge" umfasst, darüber schweigen sich die Russen wieder einmal aus. Seit Beginn des Krieges in der Ukraine nennt Rostec diesbezüglich keine Zahlen mehr, Seriennummern und Kennungen der Flugzeuge werden auf Fotos wegretuschiert. In der jüngeren Vergangenheit übernahm die Luftwaffe neue Jets jedoch mutmaßlich im Zweierpack, und so dürfte es auch dieses Mal wieder sein. Es ist die mittlerweile vierte Super-Flanker-Übergabe im laufenden Jahr – womit 2023 (vermutlich) schon acht neue Su-35S ihren Dienst bei den russischen Luftstreitkräften antraten. Seit Russlands Einmarsch in der Ukraine Ende Februar 2022 sollen insgesamt 15 Exemplare des Top-Fighters in Komsomolsk am Amur aus der Halle gerollt sein.

Die Fertigung der Su-35S läuft ungeachtet westlicher Sanktionen weiter. Noch vor Ende 2023 sollen weitere Exemplare einsatzklar sein.
Weitere Su-35S im Zulauf
All diese bereits gelieferten Su-35S sind Teil einer Bestellung aus dem Spätherbst 2020, die insgesamt 30 Maschinen umfasste. Zuvor hatte Russlands Regierung 98 Super-Flanker geordert – die ersten 48 im Jahr 2009 und weitere 50 im Jahr 2015. Die letzten drei Flugzeuge aus diesem Auftrag wurden Ende 2020 plangemäß übergeben. Seit 2021 laufen die Lieferungen im Rahmen des aktuellen Kontrakts. Noch vor Jahresfrist ist eine weitere Charge Su-35S versprochen. Sie dürfte wohl im Dezember den Weg zu den Einsatzkräften finden. Bis Ende 2024 sollen die noch ausstehenden Lieferungen abgeschlossen sein.
Dass das auch klappt, davon ist Juri Sljusar, Chef der Flugzeugbau-Holding und Rostec-Tochter UAC, überzeugt. "Das Luftfahrtwerk Komsomolsk am Amur arbeitet erfolgreich im Rahmen der staatlichen Verteidigungsordnung und führt vertraglich vereinbarte Lieferungen termingerecht aus", so der Manager. Damit leiste die Fabrik ihren Beitrag, "um den Bedarf der russischen Luft- und Raumfahrtstreitkräfte an modernen Luftfahrtkomplexen zu decken."
Krieg in der Ukraine
Dieser Bedarf ist angesichts des anhaltenden Krieges in der Ukraine weiter gestiegen – zum einen wegen der deutlich erhöhten Flugstundenzahl der im Kampfeinsatz stehenden Jets, zum anderen auch wegen empfindlicher Verluste, die mit dem Kriegsgeschehen einhergehen. Über diese schweigt sich Russlands Armee selbstredend aus. Angaben aus anderen Quellen schwanken zwischen vier und acht zerstörten Su-35S seit dem 24. Februar 2022. Mindestens eine davon soll aus Versehen einer russischen Flugabwehrrakete zum Opfer gefallen sein.
Kronjuwel Su-35S
Generell gilt die für vielfältige Aufgaben eingesetzte Su-35S als Prunktsück der Flanker-Familie und ist längst eines der wichtigsten Kampfjet-Muster der russischen Luftwaffe. Als Vertreterin der "Generation 4++" ist sie mit moderner Avionik, einem umfangreichen Waffenarsenal sowie umfangreichen Möglichkeiten zur elektronischen Kampfführung ausgestattet. Das leistungsstarke Irbis-Radar der Su-35S kann bis zu 30 Luftziele gleichzeitig auf Entfernungen von nahezu 350 Kilometern erkennen und verfolgen sowie acht davon parallel bekämpfen. Allerdings arbeitet es nach wie vor mit passiver elektronischer Strahlschwenkung (PESA), wohingegen moderne westliche Kampfjets in der Regel Radarsysteme mit aktiver elektronischer Strahlschwenkung (AESA) nutzen.
Technische Daten der Suchoi Su-35S
Konstruktion: Suchoi
Hersteller: KNAAS, Komsomolsk am Amur
Besatzung: 1
Antrieb: 2 x Turbofans NPO Saturn AL-41F-1S (117S) mit Schubvektordüsen
Schub: 86,86 kN ohne und 143,13 kN mit Nachbrenner
Länge: 21,90 m
Höhe: 5,93 m
Spannweite: 14,7 m ohne EloKa-Behälter
Flügelfläche: 62 m2
Leermasse: 17.000 kg
Kraftstoff: 11.500 kg
Zusatztanks: 3.200 kg
Waffenzuladung: 8.000 kg
normale Startmasse: 25.300 kg
max. Startmasse: 34.500 kg
Höchstgeschwindigkeit: Mach 2.25 in 11.000 m Höhe
Geschwindigkeit in Bodennähe: 1.400 km/h in 200 m Flughöhe
max. Steigrate: über 280 m/s in Bodennähe
Dienstgipfelhöhe: 18.000 m
Startrollstrecke: 400 – 450 m mit vollem Nachbrennerschub
Reichweite: 1.580 km mit vollen Tanks in Bodennähe, Mach 0.7
Überführungsreichweite: 4500 km mit 2 x 2.000-l-Zusatztanks
max. Lastvielfache: + 9 g
Bewaffnung: Die Su-35S besitzt eine eingebaute Kanone GSch-301 mit 150 Schuss. An zwölf Außenlaststationen können Luft-Luft- und Luft-Boden-Waffen aller Art mitgeführt werden, darunter R-77-1, R-27, R-37M, R-73E, R-74M, Ch-31PM, Ch-35U, Ch-38M, Ch-58USch, Ch-59M2A, Lenkbomben (250, 500, 1500 kg)