Im Wettstreit mit Boeing um Milliardenauftrag

Nach dem Ausstieg von Lockheed-Martin aus US-Projekt
Welche Chancen hat der Tanker-Alleingang von Airbus?

Veröffentlicht am 26.10.2023

Am 23. Oktober ließ Lockheed Martin verlauten, nicht auf die Anfrage der US Air Force für die Tanker-Bestellung zu antworten. Diesen Request for Information hatte das Militär am 19. September an die Kandidaten geschickt. Stattdessen will das Unternehmen die Ressourcen intern neu verteilen, aber weiterhin Entwicklungen im Rahmen der NGAS-Initiative durchführen. Bei diesem Programm soll es sich um eine komplette Tanker-Neuentwicklung mit Stealth-Merkmalen handeln (Next-Generation Air-Refuelling System). Zu der Entscheidung hätten verschiedene Faktoren geführt, unter anderem die Beschleunigung des NGAS-Programms.

KC-135 am Boden bei Nacht
US Air Force

Airbus will A330 anbieten

Airbus will der US Air Force mit dem A330 MRTT "weiterhin den modernsten und leistungsfähigsten Tanker auf dem Markt liefern" und formal auf die Anfrage antworten, wie das Unternehmen mitteilte. Wie gut die Chancen der Europäer stehen ist fraglich. Weite Teile der US Air Force scheinen die KC-46 von Boeing zu favorisieren, und der Business Case für nur 75 Maschinen gilt als herausfordernd.

Die A330 MRTT betanken unter anderem die Boeing F-15SG Eagle der Luftstreitkräfte Singapurs.
Mindef Singapur

Aktuelle Muster als Brückenlösung

Mit der für nächstes Jahr geplanten Außerdienststellung der KC-10A Extender reduziert sich die Tanker-Flotte der US Air Force auf nur noch zwei Muster: die mehr als betagte KC-135 Stratotanker und die neue, aber mit einigen Problemen gestartete KC-46 Pegasus. Um die teilweise bis zu 60 Jahren alten KC-135 zu ersetzen hat das Pentagon einen dreistufigen Prozess gestartet. Die erste Phase beinhaltet die Beschaffung von 179 Exemplaren der KC-46 von Boeing, die bis 2028 ausgeliefert sein sollen.

Für die zweite Phase stand der Kauf von rund 150 Tankern als Brückenlösung bis zur Einführung eines neuen Musters Mitte des nächsten Jahrzehnts zur Disposition. Für diesen Auftrag hatte sich Lockheed-Martin mit Airbus zusammengetan und die im ursprünglichen Wettbewerb nach vielem Hickhack unterlegene A330 wieder ins Spiel gebracht – unter dem Namen LMXT. Im März dieses Jahres halbierten die Planer die Stückzahl jedoch und beschleunigten dafür den Zeitplan für einen geplanten Nachfolger.

Lockheed Martin will eine Version des Airbus A330 MRTT an die US Air Force verkaufen.
Lockheed Martin

LMXT mit höherer Kapazität

Die LMXT wollte den bewährten A330 MRTT mit auf den Bedarf der US Air Force zugeschnittenen Systemen kombinieren. Im Fall eines Sieges im Wettbewerb wäre Lockheed-Martin der Hauptauftragnehmer geworden, mit einer Endmontage in Alabama. Als Vorteile des A330 MRTT gegenüber der KC-46 gelten untere anderem die um fast 30 Prozent größere Reichweite und Kapazität sowie die Möglichkeit zur vollautomatischen Betankung von Flugzeugen mit dem Ausleger.