Nicht ganz dicht: Boeing KC-46A Pegasus leckt beim Betanken

Nicht ganz dicht
Boeing KC-46A leckt beim Betanken

Zuletzt aktualisiert am 02.04.2020

Die Boeing KC-46A verliert Sprit. Für ein Flugzeug, das eigens zum Betanken anderer Flugzeuge in der Luft entwickelt wurde, ist dieser Umstand per se nicht ungewöhnlich, sofern der "verlorene" Sprit direkt in den Tanks der angedockten Maschinen landet. Bei Boeings Pegasus-Tanker aber verhalten sich die Dinge etwas anders: Schon im Juli 2019 stellte die US Air Force bei Testflügen an der KC-46A "übermäßige Kraftstofflecks" fest, wie die Website Flight Global berichtet. Seit dem 30. März 2020 nun ist der exzessive Kerosinverlust seitens der US-Luftwaffe offiziell als Mangel der Kategorie 1 eingestuft – definiert als Problem, das die Einsatzfähigkeit der Staffel beeinträchtigt oder zum Verlust des Waffensystems, Todesfällen und schweren Verletzungen führen kann.

Boeing

Suche nach der Ursache

Obwohl der Mangel laut Air Force schon seit acht Monaten bekannt ist, scheint die genaue Ursache für den massiven Kerosinverlust noch nicht abschließend geklärt. "Die Luftwaffe und Boeing arbeiten zusammen, um die Grundursache zu ermitteln und Korrekturmaßnahmen zu ergreifen", heißt es in einer Erklärung der US Air Force. "Das KC-46-Programmbüro überwacht weiterhin die gesamte KC-46-Flotte und verbessert die Abnahmetests des Kraftstoffsystems, um potenzielle Lecks schon im Werk zu identifizieren, in denen sie vor der Auslieferung repariert werden können." Boeing nannte Leckagen im mehrschichtigen Dichtungssystem der KC-46A als mutmaßlichen Auslöser des Mangels. "Mehrere" KC-46A seien davon betroffen. Der Hersteller ist gemäß Angaben der US Air Force vertraglich verpflichtet, das Problem auf eigene Kosten zu beseitigen – und zwar so schnell wie möglich. Der neue Boeing-Chef David Calhoun hatte im Januar kurz nach Amtsantritt erklärt, die KC-46A habe für ihn auf dem Militärsektor höchste Priorität.

Patrick Zwerger

Einsatz "nur im absoluten Notfall"

Für Boeings neues Tankflugzeug, das auf der 767-200 basiert und die alternden KC-135 und KC-10 ersetzen soll, ist das undichte Kraftstoffsystem indes nur ein Problem unter vielen. Nicht weniger als drei ungelöste Probleme der Kategorie 1 stehen derzeit auf der Mängelliste des Programms, das ohnehin Jahre hinter dem ursprünglichen Zeitplan zurückliegt. So ist zum Beispiel das "Remote Vision System" der Pegasus nach wie vor fehlerbehaftet. Es soll dem "Boomer", dem Bediener des Tankauslegers, die Arbeit ohne direkten Blickkontakt mit dem zu betankenden Flugzeug ermöglichen. Allerdings liefert das aus zahlreichen Sensoren und Kameras bestehende System bei bestimmten Lichtverhältnissen irreführende Eindrücke. Bei Testflügen war es deshalb zu ungewollten Kontakten des Auslegers mit Empfängerflugzeugen gekommen. Des Weiteren hat die Pegasus Probleme mit der korrekten Verbindung zu leichteren Flugzeugen, wie etwa der A-10 Thunderbolt II, die nicht genügend Gegendruck zum Einrasten des Tankauslegers entfalten können. David Goldfein, Stabschef der US Air Force, urteilte deshalb erst vor rund einem Monat gegenüber dem US-Senat, er würde die KC-46A nur im absoluten Notfall als Tankflugzeug heranziehen – etwa dann, wenn es zu einem Krieg mit China oder Russland käme.