Die Meldungen sind wirr, wie immer im Konfliktfall. Nach einem indischen Angriff auf mehrere Ziele in Pakistan reklamierten die Pakistanis zunächst fünf Abschüsse indischer Kampfjets für sich – darunter drei Dassault Rafale. Es wären die ersten Verluste des französischen Vorzeige-Fighters auf einem Schlachtfeld, und sowohl für Indiens Luftwaffe als auch für Hersteller Dassault ein herber Schlag. Zumindest in einem Fall scheint sich ein Abschuss zu bestätigen: Im Internet tauchten Bilder von Trümmerteilen auf, die mehr oder minder eindeutig die Reste einer abgestürzten Rafale zeigen. So sieht man auf einem Foto, das offenbar nahe dem Fliegerhorst Bathinda aufgenommen wurde, das Leitwerk der Rafale EH (Einsitzer) mit dem Kennzeichen BS-001. Andere Fotos, ebenfalls aus Bathinda, zeigen das Wrack eines Snecma M88-Triebwerks, das ausschließlich in der Rafale zum Einsatz kommt.
Ein französischer Geheimdienstbeamter gestand den Rafale-Verlust gegenüber dem US-Sender CNN inzwischen ein. Ob Indien in derselben Nacht darüber hinaus noch weitere Rafales verlor, werde derzeit untersucht. Die Inder erhielten aus Frankreich bislang 36 Rafale-Jets geliefert, die als modernste Fighter im Arsenal die technologische Speerspitze der indischen Luftwaffe bilden. Erst vor wenigen Tagen bestellte auch die indische Marine 26 Rafales, die Mehrheit davon trägergestützte Rafale-M für den Flugzeugträgereinsatz.
Abschuss mit PL-15E aus China?
Was den – sowohl für Indien als auch für Frankreich schmerzlichen – Rafale-Verlust (vor allem) aus westlicher Sicht noch prekärer macht, sind die Hinweise, dass Pakistan den indischen Kampfjet womöglich mit Luft-Luft-Raketen aus China vom Himmel holte. So fand man am Boden im Nordosten des indischen Bundesstaates Punjab, in dem sich auch der Luftwaffenstützpunkt Bathinda befindet, Trümmerteile einer chinesischen Langstrecken-Lenkwaffe des Typs PL-15E. Diese aktiv radargelenkte Rakete ist die Exportversion der von der chinesischen Luftwaffe und Marine eingesetzten PL-15, deren Reichweite mit rund 200 Kilometern angegeben wird. Die etwas abgespeckte PL-15E fliegt immerhin noch 145 Kilometer weit und nähert sich dem Ziel mit Geschwindigkeiten jenseits von Mach 5.

Die Chengdu J-10C aus China ist der modernste Kampfjet im Arsenal der pakistanischen Luftwaffe.
Chengdu J-10C gegen Rafale?
Im Fighter-Arsenal der pakistanischen Luftwaffe gibt es gegenwärtig zwei Flugzeugmuster, die die PL-15E mitführen können: die vollständig in China entwickelte und gebaute Chengdu J-10C und die kleinere, leichtere JF-17 Thunder Block III, die Pakistan und China gemeinsam entwickelten und die beim Pakistan Aeronautical Complex in Kamra produziert wird. Pakistanische Quellen hatten zuvor explizit erwähnt, dass J-10C zur Abwehr des indischen Angriffs aufgestiegen seien. Ein stichfester Beweis, dass eine pakistanische J-10C mit einer chinesischen PL-15E (mindestens) eine indische Rafale abschoss, ist das allerdings noch nicht. Nach wie vor ist die Informationslage undurchsichtig.
Vieles bleibt unklar
Über Hergang und Gründe für den weltweit ersten Verlust einer Rafale im Kampf kann ebenfalls nur spekuliert werden. Da die PL-15E eine Abstandswaffe mit aktivem Suchkopf ist, könnte der Überraschungseffekt eine tragende Rolle gespielt haben – was wiederum aber nicht für die Selbstschutzsysteme der Rafale spräche. In jedem Fall ist der Verlust eines der vermeintlich besten Kampfflugzeuge Indiens (und Europas) an der PR-Front ein herber Schlag. Sowohl Indien als auch Hersteller Dassault dürfte deshalb sehr daran gelegen sein, die Ursachen möglichst detailliert zu erforschen – um eventuelle Schwachpunkte im Waffensystem, vom Ausbildungsstand der Piloten bis hin zu technischen Aspekten, zu analysieren und auszumerzen.