Rafale, Eurofighter, F-15QA... Fighter-Kaufrausch am Golf

Rafale, Eurofighter, F-15QA...
Fighter-Kaufrausch am Golf

Veröffentlicht am 23.04.2022

Eigentlich ist die Arabische Halbinsel mit ihren ausgedehnten Wüstengebieten eines der unwirtlichsten Gebiete der Erde, doch die enormen Öl- und Gasvorkommen haben viele der einst unbedeutenden Länder der Region über die Jahrzehnte unermesslich reich gemacht. Entsprechend ist das Sicherheitsbedürfnis gewachsen, wobei lokale Rivalitäten, auch befeuert durch religiösen Zwist (Sunniten gegen Schiiten als die Hauptströmungen des Islam), ihr Übriges tun. Jedenfalls ist die Gegend für Waffenverkäufer aller Art seit Langem eine Goldgrube. Das gilt auch für die Hersteller von Kampfflugzeugen, die gerade derzeit von einem Kaufrausch der Herrscher am Golf profitieren.

Allein Dassault Aviation konnte sich im Dezember 2021 über den größten Auftrag freuen, den "die französische Kampfflugzeugindustrie je erhalten hat". In Anwesenheit des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und von Scheich Mohammed ben Zayed Al Nahyane, Kronprinz von Abu Dhabi und Vizekommandant der Streitkräfte der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), wurde ein Vertrag über 80 Rafale des Standards F4 im Wert von etwa 17 Milliarden Euro unterzeichnet.

Dassault

French Connection in den Emiraten

"Nach der Mirage 5 und der Mirage 2000 festigt dieser Rafale-Vertrag die strategischen Beziehungen zwischen unseren beiden Ländern. Dies bedeutet Tausende von gesicherten Arbeitsplätzen in unserem Sektor für das kommende Jahrzehnt. Dieser Auftrag ... konsolidiert eine in Europa zweifellos einzigartige industrielle Basis, die sich aus großen Konzernen und KMUs … zusammensetzt", sagte Éric Trappier, Chef von Dassault. Was er nicht sagte: Vor zehn Jahren waren die VAE schon einmal kurz davor, die Rafale zu kaufen, aber trotz aller politischer Unterstützung aus dem Élysée-Palast wurde das aus Sicht der Scheichs "nicht wettbewerbsfähige und praktisch nicht durchführbare" Angebot damals brüsk zurückgewiesen.

Nun waren die Bedingungen offenbar besser, und die Vereinigten Arabischen Emirate wollten wohl klar signalisieren, dass sie in einer starken Position sind und die Wahl haben. Auch wenn Generalmajor Ibrahim Nasser Al Alawi, Kommandeur der VAE-Luftstreitkräfte und -Luftverteidigung, betonte, dass "der unterzeichnete Vertrag mit Frankreich kein Ersatz für die laufenden Diskussionen über die F-35 ist", dürfte das Land verärgert sein über die zähe Umsetzung einer knapp vor Ende der Amtszeit von US-Präsident Trump erteilten Exportgenehmigung für 50 der Stealth-Fighter der fünften Generation. "Wir setzen unsere Konsultationen mit den emiratischen Offiziellen fort, um sicherzustellen, dass wir ein unmissverständliches gegenseitiges Verständnis in Bezug auf die Verpflichtungen und Maßnahmen des Emirats vor, während und nach der Lieferung haben", sagte Mira Resnik, Staatssekretärin im US-Außenministerium auf der Dubai Airshow im November. Gerüchteweise heißt es, dass den USA die Beteiligung von Huawei aus China am Ausbau der Kommunikationsnetze in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein Dorn im Auge ist.

Typhoons für Kuwait

Neben dem Rafale-Deal sorgte im Dezember ein weiteres Ereignis für Schlagzeilen: Am 14. Dezember wurden die ersten beiden Eurofighter Typhoons für die kuwaitische Luftwaffe von Caselle zum Stützpunkt Al Salem geliefert. Der Überführungsflug wurde mit Unterstützung der italienischen Luftwaffe durchgeführt, welche die Luftbetankung mit zwei KC-767 der 14. Staffel aus Pratica di Mare sicherstellte. Die formale Übergabezeremonie hatte bereits eine Woche zuvor stattgefunden.

Alessandro Profumo, Chief Executive Officer von Leonardo, wo die Endmontage stattfindet, sagte: "In Zusammenarbeit mit der italienischen Luftwaffe haben wir die kuwaitischen Piloten in unseren Ausbildungszentren in Italien geschult und hochmoderne Infrastruktur zur Unterstützung und Wartung einer Flotte von 28 Flugzeugen aufgebaut."

Der Auftrag im Wert von rund acht Milliarden Euro, zu dem sechs Doppelsitzer gehören, war im April 2016 unterzeichnet worden. Damals war mit Lieferungen ab 2019 gerechnet worden. Kuwait erhält Flugzeuge des neuesten Eurofighter-Standards inklusive Captor-E- AESA-Radar (ECRS Mk 0). Zum Waffenpaket gehören Brimstone 2, Meteor für den Luftkampf auf große Distanzen und Storm-Shadow-Marschflugkörper.

Während die Eurofighter-Lieferungen gerade erst beginnen, nähert sich das F-18-Super-Hornet-Programm der Kuwaitis schon dem Abschluss. Boeing in St. Louis hat jedenfalls im September 2021 die letzte von 22 F-18E und sechs F-18F (Doppelsitzer) zur US Navy überführt, die im Rahmen des Foreign Military Salesden für Boeing etwa 1,5 Milliarden Dollar(1,3 Mrd. Euro) schweren Vertrag vom Juni 2018 abwickelt. Geliefert werden Flugzeuge des Standards Block III mit AN/APG-79-AESA-Radar, großen Displays im Cockpit, AN/ASQ-228-Infrarot-Zielsensor und Sniper-Zielbehälter. Eingesetzt werden die Super Hornets von den Staffeln 9 und 25 auf der Basis Ahmed Al Jaber. Mit den neuen Kampfjets ersetzt Kuwait seine 29 noch vorhandenen F-18C/D Hornets. An diesen Gebrauchtflugzeugen hat zuletzt Malaysia Interesse gezeigt.

AMI

Katar setzt auf Boeing und Dassault

Derweil baut Boeing in St. Louis weiter die F-15QA Eagle (Ababil) für Katar. Die ersten vier Flugzeuge wurden Anfang November nach Al Udeid überführt. Sie gehören zu den modernst ausgestatteten Eagles mit APG-82(V)1-Radar von Raytheon und Panorama-Cockpitdisplays. Der Auftrag für die 36 QAs wurde am 5.Juni 2017 erteilt. Er hat einen Wert von etwa 12 Milliarden Dollar (10,62 Mrd. Euro). Dazu kam später noch ein Vertrag für die Ausbildung der Piloten in den USA, die Boeing auf dem Mid Continent Airport bei St. Louis durchführt. Die erste F-15QA flog am 13. April 2020. Im August 2021 gab es dann eine formelle Rollout-Feier.

Bei der Al-Quwwat Al-Jawiyah Al-Amiriyah Al-Qatariyah ergänzt die F-15QA die 36 Dassault Rafale, deren Lieferung fast abgeschlossen ist. 24 der französischen Jets wurden im Mai 2015 für 6,3 Milliarden Euro bestellt, im März 2017 folgte dann ein Vertrag für ein Dutzend weitere Maschinen. Enthalten sind insgesamt neun Doppelsitzer. Die Flugzeuge entsprechen dem Standard F3R, erhalten aber den amerikanischen Sniper-Zielbehälter. Zum Waffenpaket zählen Storm Shadows. Die ersten Rafale wurden im Juni 2019 an Katar übergeben. Stationiert sind sie auf der neu gebauten Basis Tamim an der Westküste des Emirats.

Für einiges Aufsehen sorgte zuletzt ein Vertrag zwischen Katar und der Türkei, der die Stationierung der Rafale für die Ausbildung in der Türkei regelt. Dies ermöglicht es Ankara auch, sich mit den Fähigkeiten des französischen Jets in aller Ruhe vertraut zu machen, der ja auch von Erzfeind Griechenland gekauft wurde.

F-16-Block-70-Bahrain--Lockheed-Martin
Lockheed Martin

Eurofighter für Katar, F-16 für Bahrain

Neben Eagle und Rafale hat Katar im Übrigen im September 2017 auch noch 24 Eurofighter bestellt. Der Deal im Wert von fünf Milliarden Pfund (6 Mrd. Euro) ging an BAE Systems, die somit die Endmontage in Warton durchführen werden.

Ein erstes Flugzeug hob am 25. November 2021 ab, derweil die katarischen Piloten schon in einer eigens aufgestellten Staffel der RAF trainieren.Die Flugzeuge werden nach dem P3(E)-Standard, Untergruppe MDP1B, konfiguriert und mit dem brandneuen ECRS-Mk0-AESA-Radar ausgestattet sein, dem einzigen bekannten Unterschied zwischen einem katarischen Jet und einem RAF-Flugzeug. Über die anderen Systeme, mit denen die katarischen Typhoons ausgerüstet werden, gibt es nur wenige Angaben. Verschiedene Quellen gehen davon aus, dass das Lockheed-Martin-Sniper-Zielgerät, vier Waffentypen von MBDA (die Luft-Luft-Lenkwaffen ASRAAM und Meteor, die Luft-Boden-Rakete Brimstone 2 und die Marschflugkörper Storm Shadow) sowie die amerikanischen GPS-gesteuerten Bomben der JDAM-Reihe Teil der Spezifikation sind.

Das benachbarte Bahrain wartet unterdessen auf seine 16 Lockheed Martin F-16 Block 70, die im Juni 2018 für 2,18 Milliarden Dollar (1,93 Mrd. Euro) bestellt worden sind. Zur Ausstattung gehört das APG-83-Radar (SABR von Northrop Grumman). Gebaut werden die neuen Fighting Falcons nun in Greenville (South Carolina), wo die Arbeiten Ende 2019 angelaufen sind. Ob die Lieferungen wie erwartet 2022 beginnen (zur Ausbildung in den USA), ist unklar, genauso wie die Frage, ob Bahrain seine vorhandenen F-16C/D Block 40 aufrüsten lässt.

Vorerst abgeschlossen hat Saudi-Arabien seine Fighter-Käufe. Zum einen wurden bis Dezember 2020 insgesamt 84 Boeing F-15SA geliefert, eine umfassend modernisierte Ausführung der Strike Eagle. Dazu kamen 72 Eurofighter von BAE Systems. In Arbeit ist ein Upgrade der älteren F-15S aus den 1990er-Jahren mit APG-63(V)3-AESA-Radar, neuer EloKa-Ausrüstung und IR-Suchsystem (Tiger Eye). Außerdem gibt es einen Vorvertrag (Memoradum of Intent) mit BAE Systems über 48 weitere Eurofighter von März 2018, welche die Saudis wohl im eigenen Land endmontieren wollen. Langfristig sind sie auch an der F-35 interessiert.

RAFO

Probleme für Irak und Iran

Deutlich bescheidener geht es im Sultanat Oman zu, das sich mit zwei Dutzend F-16C/D (geliefert ab 2005 und 2014) sowie einem Dutzend Eurofighter begnügt, die zwischen August 2017 und Juni 2018 ausgeliefert wurden.

Während die reichen Ölstaaten des Gulf Cooperation Council auf Einkaufstour sind, hat der instabile Irak große Probleme, seine von den Vereinigten Staaten gelieferten F-16IQ (24 Einsitzer und acht Doppelsitzer) in Betrieb zu halten. Der Iran wiederum muss sich aufgrund langjähriger Sanktionen mit einer veralteten Flotte herumschlagen, zu der noch F-4 Phantom, F-14 Tomcat und MiG-29 gehören. Zu den Optionen gehören Käufe in Russland (Suchoi Su-30/Su-35) oder in China.