Vor kurzem hat das russische Verteidigungsministerium ein Video zu "nicht-strategischen, nuklearen Übungen" veröffentlicht. Im Mittelpunkt steht neben einer Iskander-Raketenstellung eine von bewaffneten Soldaten umringte Mikojan MiG-31. Die Bodenmannschaft belädt die Foxhound mit vier großen Flugkörpern. Dabei handelt es sich um die Langstrecken-Rakete Wympel R-33 zur Ausschaltung gegnerischer Luftziele. Die Entwicklung hatte noch zu Sowjet-Zeiten als Hauptwaffe für den schweren Jäger begonnen (NATO-Codename AA-9 Amos).
Bekämpfung von Bomber-Pulks
Die R-33 sollte Hochgeschwindigkeitsziele wie den Überschallbomber B-1 oder den Mach-3-Aufklärer SR-71 Blackbird bekämpfen und verfügt optional über einen nuklearen Sprengkopf, um gleichzeitig mehrere, in einem Pulk fliegende Ziele zu bekämpfen. Der offizielle Text zum aktuellen Manöver lässt darauf schließen, dass es sich bei der gezeigten Waffe um die Version für nukleare Sprengköpfe handelt: "Im Rahmen der dritten Phase der Übungen für nicht-strategische Nuklearstreitkräfte wurde das militärische Personal der Raketenformationen der südlichen und zentralen Militärbezirke sowie der Luftfahrteinheiten der russischen Luft- und Raumfahrtkräfte in der Entgegennahme von spezieller Übungsmunition, dem Betreten bestimmter Gebiete und der Ausrüstung von Trägerraketen und Luftkampfmitteln geschult." Ob indes wirklich nukleare Sprengköpfe montiert waren, ist fraglich.
Konzept aus den 50er Jahren
Die Idee, heranfliegende Bomberschwärme mit nuklear bestückten Luft-Luft-Raketen auszuschalten, stammt aus der Anfangszeit des Kalten Krieges. So setzten die USA auf die in den 50er Jahren entwickelte Douglas MB-1 (später AIR-2) Genie. Die ungelenkte Waffe besaß einen Sprengkopf in der 1,5 Kilotonnen-Klasse und konnte an den Jägern F-89 Scorpion, F-101 Voodoo und F-106 Delta Dart eingesetzt werden. Die US Air Force stellte sie erste Mitte der 80er Jahre außer Dienst. Das zweite atomare Muster war die AIM-26A Falcon von Hughes. Der Lenkflugkörper erhielt einen schwächeren Sprengkopf (250 Tonnen Sprengenergie) und flog an der F-102 Delta Dagger.

Die ungelenkte AIR-2 Genie sollte mit ihrem Nuklearsprengkopf anfliegende, sowjetische Bomberverbände bekämpfen. Sie verschwand erst Mitte der 80er Jahre aus dem Arsenal der US Air Force
Drohung an die NATO?
Während sich die USA schon vor rund 40 Jahren von dieser Idee verabschiedet haben, scheinen nuklear bestückte Luft-Luft-Waffen in Russland weiter zum Arsenal zu gehören. Ob das jüngste Manöver als Drohgebärde gegenüber der NATO zu verstehen ist, bleibt offen. Das gilt auch für den Einsatzzweck, denn große Bomberschwärme, wie in den 50er Jahren befürchtet, gibt es lange nicht mehr. Eine Möglichkeit wäre höchstens die Bekämpfung eines Ziels im Raum, wenn die aktiven Sucher durch elektronische Gegenmaßnahmen gestört werden.