Ginge es allein um Sympathie, hätte Suchoi gegen Lockheed Martin schon gewonnen. Und zwar haushoch. Zumindest gilt das bei den Zuschauern der Aero India, die seit Montag auf den indischen Fliegerhorst Yelahanka nahe der Millionenmetropole Bangalore pilgern, um Indiens größter Luftfahrtmesse beizuwohnen. Dort feiert in diesem Jahr die Su-57 Premiere – täglich vorgeflogen vom russischen Starpiloten Sergej Bogdan, der das superwendige Kampfjet-Kronjuwel wie schon im November 2024 in China an die Grenzen des physikalisch Vorstellbaren prügelt und damit am Boden reihenweise herabfallende Kinnladen generiert. Längst sind die sozialen Medien randvoll mit Clips, die den ersten Auftritt des Suchoi-Superfighters auf indischem Boden für die Nachwelt festhalten.
Die nach Indien gereiste US-Delegation, allen voran die Piloten der F-35 Lightning II, dürfte die Darbietung der Russen vom Boden aus eher argwöhnisch beobachten. Glänzte die F-35A bei der vergangenen Auflage der Aero India 2023 noch selbst mit vollwertigen Auftritten im Flugprogramm, beschränkt sich die Präsenz des modernsten Kampfjets der USA in diesem Jahr auf einen Platz im Static Display (immerhin mit zwei Maschinen) und ein paar tiefe Vorbeiflüge pro Tag. Die US Air Force strich die ursprünglich geplante Flugdarbietung der F-35 kurz vor Messebeginn und ließ das offizielle Demo-Team zu Hause.
F-35 für Indien? Eher nicht
Der scheinbare Rückzug der US-Amerikaner rief – wenig überraschend – einige spöttische Reaktionen auf der Gegenseite hervor. Der russische Botschafter in Indien, Denis Alipow, mutmaßte im Gespräch mit der russischen Nachrichtenagentur Tass, die USA hätten den Auftritt der F-35 direkt abgeblasen, nachdem sie von der Demonstration "unserer Su-57 auf der Aero India" erfahren hatten: "Wie die Praxis zeigt, sind unsere Gegner nicht bereit, fair gegen uns zu kämpfen", so die Schlussfolgerung des Diplomaten. Andere Quellen, auch in Russland, führen dagegen den Absturz einer F-35A Ende Januar in Alaska als wahrscheinlichen Hauptgrund für die abgespeckte Präsenz des US-Superfighters in Yelahanka an.
Wie dem auch sei, letzten Endes dürfte bei der Entscheidung der US-Delegation, die F-35A nicht vollumfänglich vorzuführen, auch der Umstand mitgeschwungen haben, dass die Chancen auf einen Export des Stealth-Kampfjets von Lockheed Martin nach Indien aus diversen Gründen eher gering sein dürften. Jedenfalls dürfte ein F-35-Deal mit Indien, das traditionell stark auf Rüstungsgüter aus Russland setzt, Mitglied des Staatenbundes BRICS ist und sich geopolitisch lavierend zwischen den Blöcken bewegt, im Pentagon nicht unbedingt viele Fürsprecher besitzen. Auch Indien selbst hat bislang kein überbordendes Interesse durchblicken lassen, eine F-35-Order zu platzieren. Lieber würde man n Neu-Delhi die einheimische Industrie fördern, wenngleich das indische Fighter-Projekt AMCA seit Jahren kaum vom Fleck zu kommen scheint.

"The man, the myth, the legend": Suchoi-Testpilot Sergej Bogdan genießt (nicht nur) in Indien Popstar-Status.
Russlands Angebot
Hier wiederum wittern die Russen ihre große Chance. Und vermutlich ist genau das der Grund, warum Russlands staatliche Flugzeugbau-Holding UAC in diesem Jahr die Su-57 samt Testpilot Bogdan zur Aero India entsandte. UAC versucht den Indern, die Su-57 als Lizenzbau schmackhaft zu machen: "Für den indischen Markt ist die Su-57 meiner Meinung nach einfach notwendig als nächster Evolutionsschritt, als gemeinsamer Fortschritt zwischen unseren Ländern, zwischen unseren Luftfahrtunternehmen und unserer Luftfahrtindustrie", kommentierte der aktuelle UAC-Chef Wadim Badecha. "Wir schlagen vor, die Möglichkeit zu prüfen, dieses Flugzeug hier in Indien zu produzieren, so wie heute die Su-30MKI in Inden hergestellt wird", so Badecha weiter. Dies könne kein anderer Hersteller bieten. Nicht nur deshalb sei UAC davon "überzeugt, dass der Su-57 auf dem indischen Markt eine wunderbare, große und sehr glänzende Zukunft bevorsteht."
"Neustart der Zusammenarbeit"
Angesichts der beschränkten Produktionskapazitäten in Russland und des anhaltenden Bedarfs neuer Kampfjets für die russische Luftwaffe, könnte eine Auslagerung der Endmontage in ein Land wie Indien in der Tat der einzig gangbare Weg für die Russen sein, der Su-57 den Weg zu einem nennenswerten Exportmarkt zu ebnen. Die Inder wiederum erhielten dadurch Zugang zu technischem Know-how, um ihre eigenen Projekte voranzubringen. UAC erklärte zudem die Bereitschaft, spezifische Anforderungen gemäß der Initiative "Make in India" zu berücksichtigen.
Ob die Inder sich für ein dergestalt geschnürtes Paket erwärmen können, steht jedoch trotzdem auf einem anderen Blatt. Indien war einst selbst an der Entwicklung der Su-57 mit beteiligt, stieg dann aber aus, weil man sich finanziell übervorteilt fühlte – und weil man gerne eine zweisitzige Version des Flugzeugs gesehen hätte, die zwar bis heute regelmäßig diskutiert wird, nach wie vor aber nur am Computer existiert.
Überdies hat sich die russische Seite bei zurückliegenden Deals – etwa der bereits erwähnten Su-30MKI, sowie beim Verkauf von MiG-29K an die indische Marine – in Sachen Support und technischer Unterstützung nicht übermäßig mit Ruhm bekleckert. Das dürfte die Skepsis in Neu-Delhi zusätzlich befeuern. Bei UAC scheint man sich dessen bewusst zu sein, immerhin wirbt der Flugzeugbauer öffentlich für einen "Neustart der Zusammenarbeit". Ob es dazu kommt, muss sich zeigen. Zwar haben die Russen durch den Auftritt von Sergej Bogdan auf der Aero India öffentlichkeitswirksam gepunktet – aber das allein wird sicher nicht ausreichen.