Der türkische Drohnenspezialist Baykar spricht – ohne falsche Bescheidenheit – von einem "Novum in der Geschichte der globalen Luftfahrt." Erstmals sei mit der von Baykar entwickelten Kampf- und Aufklärungsdrohne Bayraktar TB3 ein unbemanntes Luftfahrzeug auf einem Trägerschiff "mit kurzer Runway" gelandet und gestartet. Das ist zwar etwas abenteuerlich, denn ähnliche Ereignisse gab es bereits mehrere, etwa 2023 mit einer Gray Eagle-Drohne auf dem britischen Träger HMS Prince of Wales, oder jüngst in Südkorea auf dem Angriffsschiff Dokdo. Dennoch markiert die Baykar-Erfolgsmeldung einen Meilenstein, nicht nur für die türkische Rüstungsindustrie. Den entscheidenden Test absolvierte die TB3 am 19. November auf hoher See zwischen Ägäis und Mittelmeer an Bord des Schiffes TCG Anadolu – das eigentlich als Flugzeugträger für die Lockheed Martin F-35B dienen sollte.

Der Drohnen- und Hubschrauberträger TCG Anadolu (L-400) ist das erste Schiff seiner Art im Bestand der türkischen Marine. Er ist 321 Meter lang.
Drohnen für den Drohnenträger
Da die Türkei – entgegen ursprünglicher Pläne – aus bekannten Gründen keine F-35B bekommt, hatte man sich vor geraumer Zeit in Ankara entschieden, die mit einer Sprungschanze ausgestattete TCG Anadolu offiziell zum Drohnen- und Hubschrauberträger umzuwidmen. Das schließt nicht aus, dass eines Tages auch Flugzeuge das Deck befördern, zeigt aber den Pragmatismus der Türkei, aus der Not eine Tugend zu machen und die Prioritäten neu zu setzen. So soll auf der TCG Anadolu einmal die Stealth-Kampfdrohne Bayraktar Kızılelma ein Zuhause finden. Und natürlich die kleinere, speziell für den Trägereinsatz optimierte Bayraktar TB3.
Die Bayraktar TB3
Die TB3 ist eine Variante der bewährten, landgestützten Kampf- und Aufklärungsdrohne Bayraktar TB2, mit der Baykar international seinen Ruf in Sachen unbemannter Fluggeräte für den Militärdienst zementierte. Der erste Prototyp flog erstmals am 27. Oktober 2023, die Flugerprobung wird derzeit von zwei Testmaschinen bestritten.
Von der Ausgangsversion TB2 unterscheidet sich die Bayraktar TB3 vor allem durch ihre klappbaren Tragflächen. Ansonsten ist auch sie für Kampf- und Aufklärungseinsätze in mittleren Höhen konzipiert und besitzt zu diesem Zweck unter anderem das elektrooptische Aufklärungs-, Überwachungs- und Zielsystem ASELFLIR-500 des türkischen Herstellers Aselsan. Dank BLOS-Kommunikation ("Beyond Line of Sight") soll es der türkischen Marine in zukünftigen Einsätzen möglich sein, die Bayraktar TB3 aus großen Entfernungen zu steuern. In jedem Fall werde die neue Drohne der Türkei als "Kraftmultiplikator" dienen und dabei in der Lage sein, "mit ihrer intelligenten Munition Aufklärungs-, Überwachungs-, Geheimdienst- und Überseekampfmissionen" zu erfüllen, wie es Baykar umreißt.

Die Bayraktar TB3 auf dem Flugdeck des Trägerschiffs TCG Anadolu: erster Test erfolgreich.
Tests erst an Land, dann auf See
Für diese zugedachte Rolle ist der trägergestützte Einsatz der TB3 ein zentraler Faktor. Deshalb liefen bei Baykar bereits seit geraumer Zeit entsprechende Tests auf dem Festland, bei denen die beiden TB3-Prototypen PT1 und PT2 über eine dem Anadolu-Deck detailtreu nachempfundene Sprungschanze starten mussten. Als nächsten Schritt absolvierte ein TB3-Prototyp zunächst zahlreiche Anflugversuche in Richtung der auf See operierenden TCG Anadolu, bei wechselnden Licht- und Wetterbedingungen, am Tag wie in der Nacht.
Zum ersten Mal an Deck
Schließlich schiffte Baykar die Testmaschine PT2 auf der TCG Anadolu ein und ließ sie am 19. November auf hoher See über die Sprungschanze des Trägers starten, die einen Anstellwinkel von zwölf Grad besitzt. Der folgende Testflug dauerte laut Angaben des Herstellers 46 Minuten, bevor die TB3 wieder erfolgreich auf dem Flugdeck der Anadolu landete.
Das Fazit zu diesem geglückten Testflug fiel in der Firmenzentrale von Baykar in Istanbul entsprechend überschwänglich aus: Baykar habe mit der TB3 "die Tür zu einer neuen Ära in der Luftfahrt- und Schifffahrtsgeschichte" geöffnet, so das Unternehmen in einer Pressemitteilung. "Die blauen Gewässer sind jetzt unser Zuhause."