Wer der Meinung war, die Ära der F-104 wäre vorüber, hat wohl noch nie von Starfighters Aerospace gehört. Das zivile Unternehmen, dessen Belegschaft sich zum großen Teil aus erfahrenen Ex-Kampfpiloten zusammensetzt, betreibt am Kennedy Space Center auf Merritt Island gleich mehrere Exemplare der "bemannten Rakete", die bis 1987 auch bei der deutschen Luftwaffe im Einsatz stand (bei der WTD 61 sogar bis 1991). Die Ein- und Doppelsitzer von Starfighters Aerospace stammen mehrheitlich aus Beständen der italienischen Luftwaffe. Aktuell arbeitet das Starfighters-Team daran, einer einst in Italien geflogenen F-104S-ASA/M wieder Leben einzuhauchen. Hinter dem sperrigen Kürzel verbirgt sich die ultimative Top-Version der F-104, die bis 2004 bei den Italienern ihren Dienst versah.

Im Dienste der Wissenschaft
Starfighters Aerospace bemüht sich jedoch nicht aus bloßer Nostalgie um die F-104. Sie stellt ihre zivil registrierte Starfighter-Flotte auch in den Dienst der Wissenschaft. Wann immer für bestimmte Forschungsprojekte überschallschnelle Jets benötigt werden, ist das Team aus Florida ein willkommener Partner. Seit Kurzem arbeiten die Starfighters mit dem Nationalen Forschungsrat Italiens, dem Consiglio Nazionale delle Ricerche (CNR), zusammen. Im Zentrum des Vorhabens steht die Evaluation eines luftgestützten Raketenträgersystems, wie Starfighters Aerospace in einer Pressemitteilung schreibt. Ziel ist es, mithilfe der in Italien entwickelten Rakete, von einer F-104 aus Mikrosatelliten ins Weltall zu schießen. Mikrosatelliten besitzen per Definition ein Gewicht zwischen zehn und etwa 100 Kilogramm und operieren im niedrigen Erdorbit. Nach Angaben der Europäischen Weltraumagentur ESA kommen sie für eine Vielzahl von Aufgaben in Betracht – von der Erdbeobachtung über "Datenrelaisdienste im Internet der Dinge" bis hin zu Technologietests. "Der internationale Markt für diese kleinen Satelliten wächst", bilanziert die ESA. Das italienische Verteidigungsministerium und die italienische Luftwaffe sind ebenfalls in das Projekt eingebunden.
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"Black Beauty" als Testträger
Für die erste Testreihe hat Starfighters Aerospace seinen wohl schönsten Vogel auserkoren: die pechschwarze TF-104G-M mit dem Kennzeichen N991SF, Baujahr 1969. Der 53 Jahre alte Zweisitzer mit dem passenden Spitznamen "Black Beauty" wurde einst in Italien gebaut und flog mehr als drei Jahrzehnte lang bei der 20° Gruppo in Grosseto, bis er 2004 schließlich ausgemustert wurde. In Florida erlebt "Black Beauty" nun den zweiten Frühling und steht trotz seines vorgerückten Alters wieder voll im Saft. Am 17. November bekam der schwarze Starfighter erstmals einen Test-Dummy seiner neuen Forschungsfracht unter den linken Stummelflügel geschnallt und hob damit zum ersten Testflug ab.

Erste Phase erfolgreich
Der mit Sensoren bestückte, antriebslose Prototyp sollte sicherstellen, dass das Design der Trägerrakete sich mit den Eigenschaften der F-104 verträgt. Am Steuer des einstigen Kampfjets saß Piercarlo "Capone" Ciacchi, der die N991SF bereits aus seinem Militärdienst in Italien kennt. Der technische Leiter des CNR, Pantaleone Carlucci, nahm bei dem Flug auf dem hinteren Sitz Platz. Er zeigte sich nach der Landung mit den ersten Ergebnissen zufrieden. Auch CNR-Projektleiterin Lucia Paciucci, die in einer weiteren, als "Chase Plane" fungierenden TF-104 mitflog, äußerte sich zuversichtlich: Der Erfolg der ersten Phase öffne die Tür für weitere Testflüge in den kommenden Monaten. Diese sollen laut Paciucci "alle Aspekte der besonderen Bedingungen erforschen", denen die Rakete bis nach dem Ausklinken vom Flugzeug ausgesetzt sei. Den ersten "scharfen" Start der Trägerrakete erwartet das CNR im Laufe des kommenden Jahres. Am 7. Dezember war die "Black Beauty" laut FlightRadar24 zum bislang letzten Mal in der Luft.