Neues Triebwerk serienreif
Mehr Power für Chinas Stealth-Kampfjet J-20

Die Chengdu J-20 "Mighty Dragon" ist der modernste Kampfjet Chinas. Bisher hatte er einen Makel: die passenden Triebwerke fehlten. Das dürfte jedoch bald vorbei sein, denn offenbar geht das in China entwickelte, maßgeschneiderte WS-15 Emei endlich in Serie.

Mehr Power für Chinas Stealth-Kampfjet J-20
Foto: CCTV

Mit der Chengdu J-20 zog die Volksrepublik China vor über zwölf Jahren die Blicke der Welt auf sich. Als erster Tarnkappen-Kampfjet aus dem Reich der Mitte hob die J-20 am 11. Januar 2011 zu ihrem Jungfernflug ab. Inzwischen steht der Fighter, der auch als "Mighty Dragon" bekannt ist, längst bei der chinesischen Luftwaffe im Einsatz – und ging auch schon auf Tuchfühlung mit F-35A der US Air Force. Wie viele Exemplare bis jetzt aus dem Werk rollten, ist unbekannt. Es dürfte eine dreistellige Anzahl sein. Bekannt ist aber, dass die allermeisten von ihnen russische Turbofans besitzen – nämlich das AL-31FM2 von NPO Saturn.

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Bislang flogen sowohl die J-20 als auch die russische Su-57 mit AL-31-Derivaten. Für beide stellt der Antrieb von der Stange keine Dauerlösung dar.

WS-15 mit Startschwierigkeiten

Diese Scharte konnten die Chinesen bislang noch nicht auswetzen. Zwar fliegen seit spätestens 2021 auch einige J-20 mit chinesischen WS-10C-Triebwerken. Aber dieser Antrieb gibt allenfalls ein Zwischenspiel. Schließlich war von Anfang an geplant gewesen, dem Superfighter made in China auch ein Super-Triebwerk made in China auf den Leib zu schneidern. Nur war es, trotz intensiver Mühen, jahrelang nicht gelungen, das dafür auserkorene WS-15 Emei zur Serienreife zu bringen. So hörte man zum Beispiel vor zwei Jahren aus China, dass das WS-15 im Testlauf mit starkem Schubverlust zu kämpfen hat, sobald es eine kritische Betriebstemperatur erreicht. Dieser Verlust liege dem Vernehmen nach bei rund 25 Prozent. Das WS-15 sei zudem sehr störungsanfällig und wenig zuverlässig.

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Manager verkündet Serienbau

Wie es scheint, hat die federführende Aero Engine Corporation of China (AECC) jetzt aber den Stein der Weisen gefunden, was das designierte Super-Triebwerk anbelangt. Zumindest kursiert auf Twitter seit Kurzem der Mitschnitt einer Branchenkonferenz in China, bei der ein Vertreter aus dem Projektmanagement von AECC berichtet, dass die Serienreife des WS-15 "eerreicht" und die "Massenproduktion" bereits angelaufen sei. In welchem Umfang das der Fall sein soll, geht aus den Ausführungen nicht hervor. Dennoch sind sie ein klarer Hinweis darauf, dass die Entwicklung des WS-15 in jüngerer Vergangenheit entscheidende Fortschritte gemacht hat. Bereits im März 2022 hatten chinesische Staatsmedien vermeldet, dass AECC die Testphase des neuen Antriebs erfolgreich abgeschlossen habe.

China Military
Mit dem maßgeschneiderten WS-15-Triebwerk erhielte die J-20 ein deutliches Leistungsplus - und echte Supercruise-Performance.

(Noch) keine Details

Für die weitere Entwicklung des chinesischen Vorzeige-Kampfjets J-20 wäre der Eintritt des WS-15 in die Massenproduktion ein echter Meilenstein. Die Leistung des neuen Turbofans liegt nach aktuellen Schätzungen bei bis zu 180 kN – und damit deutlich über dem, was das WS-10C liefert, dessen Schubstärke knapp unter 150 kN verortet wird. Das russische AL-31FM2 bringt es sogar "nur" auf gut 140 kN. Der Zusatzschub verleiht der J-20 ein deutliches Plus an Fähigkeiten – und endlich zuverlässige Supercruise-Eigenschaften (Überschall-Reiseflug ohne Nachbrenner). Allerdings gibt es bislang keine bekannten Bild- oder Videoaufnahmen aus China, die eine J-20 im Flug mit WS-15-Motoren zeigen. Wie weit das Projekt tatsächlich gediehen ist, bleibt also vorerst im Dunkeln.


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