Wie viele von ihnen im Dienst stehen, ist unbekannt. Die Rede ist, je nach Quelle, von mehreren Dutzend bis etwa 200 Exemplaren des in China entwickelten Stealth-Fighters Chengdu J-20 "Mighty Dragon", die seit 2018 den Weg zu den Kampfgeschwadern der chinesischen Luftwaffe gefunden haben. Die Wahrheit wird wohl irgendwo dazwischen liegen. In jedem Fall aber weiten die Chinesen den Aktionsradius ihres Vorzeige-Kampfjets seit geraumer Zeit sukzessive aus.
Bereits im März berichtete General Kenneth Wilsbach, Kommandant der US Pacific Air Forces in einem Video des Mitchell Institute for Aerospace Studies, in der Region operierende F-35-Piloten der US-Luftwaffe hätten über dem Ostchinesischen Meer "engen Kontakt" mit chinesischen J-20 gehabt. Rund einen Monat später kam aus Peking dann die offizielle Bestätigung: Die chinesische Luftwaffe setze die J-20 verstärkt für "Warn- und Kampfpatrouillen" ein, die Chinas Einflussgebiet im Süd- und Ostchinesischen Meer absichern sollen.

"Bereit, das Schwert zu schwingen"
Der seit Langem schwelende Konflikt in der Region hat in jüngerer Zeit deutlich an Schärfe gewonnen – vor allem, weil China dem großen Rivalen USA vor Ort zunehmend selbstbewusster gegenübertritt. Der chinesische Militärexperte Song Zhongping wies anlässlich der Diskussion um die J-20-Einsätze im Staatsfernsehen darauf hin, dass "moderne US-Kampfflugzeuge wie die F-35 und die F-22" bereits mehrfach "in die Nähe Chinas" geflogen seien. Daher sei es nur logisch, dass China als Antwort seinen modernsten Kampfjet in Richtung der "potenziellen Schlachtfelder" des Indopazifik abkommandiere. Ein Sprecher des chinesischen Verteidigungsministeriums erklärte am 31. März auf einer Pressekonferenz, die Luftwaffe der Volksbefreiungsarmee habe "die heilige Pflicht, die nationale Sicherheit im chinesischen Luftraum zu verteidigen." Wenn es um die Verteidigung der nationalen Souveränität und Sicherheit gehe, sei man immer bereit "das Schwert zu schwingen", so der Sprecher weiter.
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Chinas Antwort auf die F-22
Die J-20 "Mighty Dragon", deren Erstflug bereits gut elf Jahre zurückliegt, ist zweifellos das Topmodell im stark modernisierten Fighter-Arsenal der chinesischen Luftwaffe. Der von der Chengdu Aerospace Corporation in der gleichnamigen Stadt produzierte Zweistrahler gilt als Kampfflugzeug der fünften Generation und ist in seinen Dimensionen vergleichbar mit der Lockheed Martin F-22 Raptor und der russischen Suchoi Su-57. Im Gegensatz zu ihren beiden Pendants existiert die J-20 seit Herbst 2021 nicht länger nur als Einsitzer, sondern auch in einer zweisitzigen Variante, die aktuell in der Erprobung ist. Beide Versionen verfügen über eine Fly-by-Wire-Flugsteuerung sowie mutmaßlich über das chinesische AESA-Radar Typ 1475 (KLJ-5) und transportieren ihre Bewaffnung in internen Waffenschächten, um eine möglichst geringe Radarsignatur zu erreichen. Zum Arsenal gehören unter anderem die Kurzstrecken-Luft-Luft-Rakete PL-10 sowie die Langstreckenlenkwaffe PL-15.
Triebwerk als Achillesferse
Größte Schwäche der J-20 war bislang ihre vergleichsweise schwache Motorisierung. Die frühen Serienflugzeuge wurden von zwei AL-31FN-Turbofans des russischen Herstellers NPO Saturn befeuert. Das langfristig für die "Mighty Dragon" vorgesehene Triebwerk Xian WS-15 aus heimischer Produktion hat mit anhaltenden technischen Schwierigkeiten zu kämpfen – soll aber nach jüngsten Angaben 2023 einsatzfähig sein. Als Zwischenlösung rüstet Chengdu die J-20 mit dem, ebenfalls chinesischen, Shenyang WS-10C aus, das wiederum ein entfernter Verwandter des westlichen CFM56 ist. Auch die für die eingangs erwähnten Patrouillenflüge verwendeten J-20 dürften mit diesem Antrieb fliegen – versetzt sie doch gemäß offizieller Lesart erst ihr neues, "chinesisches Herz" überhaupt in die Lage zu derart ausgedehnten Einsatzflügen.
General Wilsbach merkte im Gespräch mit dem Mitchell Institute an, es sei "noch zu früh", um zu sagen, ob China die J-20 eher als Mehrzweckkampfflugzeug wie die F-35 einsetze, oder im Stile der F-22 als Luftüberlegenheitsjäger. "Aber sie fliegen sie ziemlich gut", so der US-Offizier, der selbst mehr als 5.000 Stunden Flugerfahrung im Kampfjet-Cockpit vorweisen kann.