"Die Erde ist die Wiege der Menschheit, aber man kann nicht ewig in der Wiege leben", schrieb einst Konstantin Ziolkowski. Um sie zu verlassen, bedarf es starker Maschinen mit kräftigen Rückstoßantrieben. Schon frühzeitig hatten Mathematiker erkannt, dass die erste kosmische Geschwindigkeit, die ein Körper benötigt, um eine Kreisbahn um die Erde einzunehmen, 7,91 km/s beträgt. Die Gravitationskraft dieses Körpers, welche in Richtung des Erdmittelpunktes zeigt, ist gleich groß wie die entgegengerichtete Zentrifugalkraft, der Körper ist schwerelos und befindet sich in einem freien Fall um die Erde. Auf dem Mond müsste sich ein Satellit mit mindestens 1,68 km/h fortbewegen. Durch die geringere Schwerkraft des Mondes ist auch die entgegengesetzte Zentrifugalkraft kleiner.
Im Idealfall werden Raketen vom Äquator in Richtung Osten gestartet, um die Erdrotation auszunutzen und so ihre Geschwindigkeit um 0,46 km/s zu erhöhen. Durch eine hohe Eigengeschwindigkeit wird dem restlichen Luftwiderstand und dem dadurch erfolgenden Abremsen entgegengewirkt.
Von der Theorie zur Praxis war es allerdings ein weiter Weg. Die erste kosmische Geschwindigkeit, die ein Körper benötigt, um eine Kreisbahn um die Erde einzunehmen, wurde erstmalig erreicht am 4. Oktober 1957 mit dem Start des künstlichen Erdsatelliten Sputnik. In den USA und der Sowjetunion enstanden in der Folgezeit rasch unterschiedliche Trägerraketen für verschiedene Missionziele.
Welche Rakete weist die größte Startmasse auf und welche kann die größte Nutzlast transportieren? Die Übersicht zeigt die zehn stärksten Rakten, geordnet nach ihrer jeweilgen Startmasse.
Platz 10: 705 Tonnen Startmasse

Proton M
Startmasse: 705 Tonnen
Startschub: 9 600 kN
Länge: 58,2 Meter
Durchmesser: 7,4 Meter
Nutzlastkapazität: 21 Tonnen (LEO*), 6,47 Tonnen (SSO**), 6,27 Tonnen (GTO***)
Stufen: 3-4
Erstflug: 7. April 2001
Land: Russland
Die Rakete wird zum Starten von geostationären Satelliten und schweren interplanetaren Raumsonden verwendet. Die Proton-Serie zählt seit Jahrzehnten zu den wichtigsten Arbeitspferden Russlands.
LEO = niedriger Erdorbit, **SSO = sonnensynchroner Orbit, ***GTO = geostationärer Transferorbit
Platz 9: 730 Tonnen Startmasse

Delta IV Heavy
Startmasse: 730 Tonnen
Startschub: 8 790 kN
Länge: 70,7 Meter
Durchmesser: 15,50 Meter
Nutzlastkapazität: 28,4 Tonnen (LEO), 13,8 Tonnen (GTO)
Stufen: 3
Erstflug: 21. Dezember 2004
Land: USA
Die Delta IV Heavy von Boeing zählt zu den schwersten Trägerrakete im US-Arsenal. Nutzlasten von über 20 Tonnen sind selten, dementsprechend findet pro Jahr etwa ein Start der Schwerlastrakete statt. Das Haupttriebwerk der Rakete (RS-68A) gehört zu den stärksten Triebwerken, die mit flüssigem Wasserstoff und Sauerstoff betrieben werden.
Platz 8: 780 Tonnen Startmasse

Ariane 5 ECA
Startmasse: 780 Tonnen
Startschub: 11 080 kN
Länge: 55 Meter
Durchmesser: 5,4 Meter
Nutzlastkapazität: 10, 3 Tonnen (GTO), 20 Tonnen (LEO), > 10 Tonnen (SSO)
Stufen: 2
Erstflug: 11. Dezember 2002 (Fehlstart)
Land: Europa
Die Ariane wurde usprünglich entwickelt und gebaut, um den europäischen Raumgleiter Hermes zu befördern. Nach der Einstellung des Hermes-Programms war die Entwicklung der Rakete bereits in einem forschrittlichem Stadium. Seit ihrem Erstflug transportiert sie deshalb kommerzielle Satelliten in den geostationären Transferorbit (GEO) - etwas, wofür sie gar nicht konzipiert wurde. Die Ariane 5 ECA ist die Schwerlastrakete der Europäischen Raumfahrtagentur ESA und kann zwei Satelliten gleichzeitig transportieren.
Platz 7: 869 Tonnen Startmasse

Langer Marsch 5
Startmasse: bis zu 869 Tonnen
Startschub: bis zu 10 573 kN
Länge: bis zu 56,97 Meter
Durchmesser: 5 Meter
Nutzlastkapazität: ca. 22 Tonnen (LEO), ca. 14 Tonnen (GTO), ca. 15 Tonnen (SSO)
Stufen: 1-2
Erstflug: 3. November 2016
Land: China
Im Chinesischen wird die Rakete Chang Zheng (Abkürzung CZ) genannt, was übersetzt Langer Marsch bedeutet. Sie ist in zwei Varianten verfügbar: Die CZ-5 wird als zweistufige Rakete für Missionen in die geostationäre Tranferbahn (GTO) eingesetzt, die einstufige CZ-5B für Missionen in eine niedrige Erdumlaufbahn (LEO). Der zweite Start der Rakete im Juli 2017 war nicht erfolgreich.
Platz 6: 935 Tonnen Startmasse

Titan IV B
Startmasse: 935 Tonnen
Startschub: 13 500 kN
Länge: 59 Meter
Durchmesser: max. 9,45 Meter
Nutzlastkapazität: 21,7 Tonnen (LEO), 5,7 Tonnen (GEO)
Stufen: 3
Erstflug: 23. Februar 1997
Letzter Flug: 19. Oktober 2005
Land: USA
Der bedeutendste Flug einer Titan IV B brachte am 15. Oktober 1997 die Raumsonde Cassini/Huygens ins All, welche 20 Jahre lang Saturn und seine Monde erforschte. Das Titan-Programm war die erste mehrstufige Konstruktion der US Air Force und ihre zweite Interkontinentalrakete. Der hohe Preis für einen Start der Rakete von ca. 380 Millionen Euro (Stand 2005) trug wesentlich zum Ende des Programms bei.
Platz 5: 1 420 Tonnen Startmasse

Falcon Heavy
Startmasse: 1 420 Tonnen
Startschub: 22 819 kN
Länge: 70 Meter
Durchmesser: Durchmesser einer Stufe 3,66 Meter, Breite an der Basis ca. 12 Meter
Nutzlastkapazität: 63,8 Tonnen (LEO), 26,7 Tonnen (GTO), 16,8 Tonnen (Mars), 3,5 Tonnen (Pluto)
Stufen: 2
Erstflug: geplant für 6. Februar 2018
Land: USA
Den Schub für die von SpaceX betriebene Rakete liefern 27 gleichzeitig zündende Merlin-Triebwerke. Mit ihr kann mehr als doppelt so viel Nutzlast in den Low Earth Orbit (LEO) transportiert werden, als mit der Ariane 5 ECA. Der Startpreis beträgt laut SpaceX derzeit 90 Millionen US-Dollar.
Platz 4: 2 055 Tonnen Startmasse

Space Shuttle
Startmasse: 2 055 Tonnen
Startschub: 25 760 kN
Länge: 56 Meter
Spannweite Orbiter: 23,79 Meter
Nutzlastkapazität: 24,4 Tonnen (LEO)
Erstflug: 12. April 1981
Letzter Flug: 21. Juli 2011
Land: USA
Das Space Shuttle war das weltweit erste wiederverwendbare Raumtransportsystem. Die einzelnen Komponenten sind die Raumfähre (engl. Orbiter), der Außentank (engl. External Tank) und die Feststoffraketen (engl. Solid Rocket Boosters). Sie lieferten den größten Teil des Schubes, um das Space Shuttle ins All zu bringen und wurden in ca. 50 Kilometern Höhe abgesprengt. Die Abtrennung des Außentanks erfolgte kurz vor Erreichen der Umlaufbahn.
Platz 3: 2 375 Tonnen Startmasse

Energija-Buran
Startmasse: 2 375 Tonnen
Startschub: 34 832 kN
Länge: 58,80 Meter
Durchmesser: 15,60 Meter
Nutzlastkapazität: 105 Tonnen (LEO)
Erstflug: 15. Juni 1987
Letzter Start: 15. November 1988
Land: ehem. Sowjetunion
Die Energija wurde entwickelt, um die Raumfähre Buran in den Orbit zu bringen. Die mit flüssigem Sauerstoff und flüssigem Wasserstoff betriebenen Triebwerke gehören zu den stärksten weltweit. Die einzigen Flüge der Energija erfolgten am 15. Mai 1987 und am 15. November 1988. Am 30. Juni 1993 wurde das Programm nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion aus Kostengründen eingestellt.
Platz 2: 2 800 Tonnen Startmasse

N1
Startmasse: 2 800 Tonnen
Startschub: 41 400 kN
Länge: 105 Meter
Durchmesser an der Basis: max. 22,40 Meter
Nutzlastkapazität: 90 Tonnen (LEO)
Stufen: 5
Erstflug: 21. Februar 1969. Der Flug endete nach 68,6 Sekunden.
Letzter Start: 23. November 1972
Land: ehem. Sowjetunion
Der Name leitet sich ab aus dem russischen "Nositel 1", zu deutsch Träger. Die N1 stellte im Kalten Krieg das Gegenstück zur amerikanischen Saturn V dar und war die Trägerrakete für das geplante russische Mondprogramm. Aus finanziellen Gründen wurde auf einen Teststand verzichtet, somit war der Erstflug der Rakete gleichzeitig der erste gemeinsame Test aller Komponenten. Alle vier erfolgten Starts schlugen fehl, die Rakete explodierte noch vor der Trennung der ersten Stufe. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde das Programm eingestellt, was gleichzeitig das Ende des gesamten sowjetischen Mondprogramms bedeutete.
Platz 1: 2 962 Tonnen Startmasse

Saturn V
Startmasse: 2 962 Tonnen
Startschub: 34 480 kN
Länge: 110,6 Meter
Durchmesser: 10,06 Meter
Nutzlastkapazität: 130 Tonnen (LEO), 44 Tonnen (Mond)
Stufen: 3
Erstflug: 9. November 1967
Letzter Flug: 14. Mai 1973
Land: USA
Eines der ehrgeizigsten Ziele der Raumfahrt war der Mond, denn im Kalten Krieg sollte der Wettlauf der Systeme derart entschieden werden, wer als erster Menschen auf den Mond und sicher wieder zurück brachte. Dafür entstand eine Trägerrakete mit einer enormen Leistungsfähigkeit, die Saturn V, die noch heute die Rangliste der stärksten Raketen für die Raumfahrt anführt. Das Triebwerk der ersten Stufe, F-1, war mit einer Schubleistung von über 750 Tonnen bis zum Erscheinen des russischen RD-170-Triebwerks der stärkste Raketenmotor der Welt. Die Saturn V war der Träger des Apollo-Mondprogramms. Der erste bemannte Flug erfolgte am 21. Dezember 1968.