Er war das erste aerodynamische Fluggerät, das auf einem fremden Planeten motorgetrieben und gesteuert flog: Ingenuity (deutsch: Einfallsreichtum), ein kleiner autonomer Hubschrauber, den die NASA zusammen mit dem Rover Perseverance am 18. Februar 2021 auf dem Mars landen ließ. Nach fast drei Jahren Betrieb und deutlich mehr Flügen als geplant bleibt Ingenuity nun für immer am Boden. Aufnahmen von seinem letzten Flug am 18. Januar deuteten darauf hin, dass eines oder mehrere seiner Rotorblätter bei der Landung beschädigt worden seien. Der Mars-Helikopter sei nicht mehr flugfähig. Das teilte die NASA am Donnerstag mit.

Die Aufnahme zeigt den Schatten eines bschädigten Rotorblatts von Ingenuity.
Ingenuity hat einen Rotorkreis-Durchmesser von knapp 1,2 Metern und wiegt 1,8 Kilogramm auf der Erde, das entspricht rund 700 Gramm auf dem Mars. Sein Elektromotor wurde von Lithium-Ionen-Batterien angetrieben, die von Solarpaneelen geladen wurden. Pro Batterieladung war ein rund 90-sekündiger Flug möglich. Zum Einsatz kamen viele kommerziell verfügbare Komponenten, beispielsweise Handy-Chips und -Kameras sowie herkömmliche Lithium-Ionen-Akkus.
Basis für künftige Explorationsmissionen
Konzipiert war Ingenuity als Technologiedemonstrator, der ursprünglich bis zu fünf Flüge, verteilt über 30 Tage, durchführen sollte. Seinen Erstflug auf dem Mars absolvierte er am 19. April 2021. Nach fünf Flügen bekam der Hubschrauber eine neue Mission als Betriebsdemonstrator und diente fortan als Luftaufklärer für die Perseverance-Wissenschaftler und Rover-Fahrer. Am Ende wurden es 72 Flüge, bei denen Ingenuity zusammengerechnet 17 Kilometer weit flog – 14 Mal weiter als geplant. Dabei erreichte er Flughöhen von bis zu 24 Metern. Insgesamt kam der kleine Hubschrauber auf mehr als zwei Stunden Flugzeit in knapp drei Jahren.
"Ingenuity hat eine solide Grundlage für die künftige Erkundung des Mars und darüber hinaus aus der Luft gelegt", sagte Lori Glaze, Direktorin der Abteilung für Planetenwissenschaften am NASA-Hauptsitz in Washington bei einer Pressekonferenz am Donnerstagabend.
Letzter Flug ging schief
Ingenuity machte im Lauf der Zeit einiges mit: Er erhielt als Upgrade die Fähigkeit, autonom Landeplätze in schwierigem Gelände auszuwählen, er musste mit einem defekten Sensor umgehen, sich nach Staubstürmen selbst reinigen, operierte von 48 verschiedenen "Flugplätzen" aus, führte drei Notlandungen durch und überstand einen eisigen Marswinter.
Bei seinem vorletzten Flug führte "Ginny", wie der Hubschrauber auch genannt wurde, eine Notlandung durch. Grund dafür sei das sehr steinige Gelände gewesen, so Teddy Tzanetos, Ingenuity-Projektmanager des Jet Propulsion Laboratory der NASA. Man glaube, dass das auch beim letzten Flug passiert sei.
Bei seiner letzten Mission, einem kurzen Senkrechtflug am 18. Januar, erreichte Ingenuity wie geplant eine Höhe von zwölf Metern und schwebte 4,5 Sekunden, bevor er mit einer Geschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde zu sinken begann. Rund einen Meter über der Oberfläche verlor der Hubschrauber den Kontakt zu Perseverance. "Wir glauben, dass wir beim Sinkflug einen 'Blade Strike' mit der Marsoberfläche hatten", so Tzanetos. Man gehe davon aus, dass es sich um das untere der beiden Rotorpaare handle. Bei mindestens einem Rotor fehlten 25 Prozent der Länge.
Die Kommunikation zu Ingenuity konnte am folgenden Tag wieder hergestellt werden, einige Tage später erreichte die Aufnahme der beschädigten Rotorblätter die Bodenkontrolle des Jet Propulsion Laboratory. Die Ursache des Kommunikationsausfalls und die Fluglage des Helikopters bei der Landung werden derzeit untersucht. "Ob der 'Blade Strike' zum Kommunikationsausfall führte oder ob der Kommunikationsausfall und ein Stromausfall zum 'Rotor Strike', werden wir niemals wissen", sagte Tzanetos. Denn die Daten wurden nicht gespeichert.