Ab sofort sind Bewerbungen für die ESA-Astronautenauswahl möglich, vier bis sechs Stellen will die europäische Weltraumorganisation besetzen. Neben Berufsastronauten werden erstmals auch Reserveastronauten ausgewählt, die für bestimmte Missionen befristete Arbeitsverträge bekommen sollen. Ein Novum ist zudem, dass sich Menschen mit bestimmten körperlichen Behinderungen bewerben können. Im Rahmen der "Parastronaut"-Machbarkeitsstudie soll untersucht werden, unter welchen Umständen der oder die Kandidat/-in zur Internationalen Raumstation ISS fliegen kann.
Bewerber müssen mindestens einen Master-Abschluss in Natur- oder Ingenieurswissenschaften, Medizin, Mathematik oder Informatik sowie eine dreijährige Berufserfahrung vorweisen. Alternativ wird auch ein Abschluss als Testpilot oder Flugversuchsingenieur einer Testpilotenschule (EPNER, ETPS, USAF TPS, USNTPS) anerkannt. Zudem sind fortgeschrittene Englischkenntnisse (mindestens Niveau C1) erforderlich, weitere Fremdsprachen sind ein Plus. Die Altersgrenze liegt bei 50 Jahren und die Kandidaten müssen Staatsbürger eines ESA-Mitgliedslandes oder eines kooperierenden Staates sein. Das sind die Minimalvoraussetzungen.
Bewerbungen nur online möglich
Geeignete Bewerber müssen jedoch weitere Eigenschaften mitbringen: gute körperliche Fitness, Teamfähigkeit, Stressresistenz, Bereitschaft zu häufigen Reisen, interkulturelle Kompetenz, exzellente Feinmotorik, ausgeprägte analytische Fähigkeiten, schnelle Auffassungsgabe und eine hohe Motivation.
Zwischen dem 31. März und dem 28. Mai können die Bewerbungsunterlagen online unter https://jobs.esa.int/ eingereicht werden. Dazu gehören ein Lebenslauf und ein Motivationsschreiben (beides auf Englisch), eine Ausweiskopie sowie ein Flugtauglichkeitszeugnis nach EASA Part-MED Klasse 2.
Auswahl dauert bis 2022
Anschließend beginnt ein sechsstufiger Auswahlprozess. Zunächst werden mehrere Screening-Runden auf der Basis der eingereichten Bewerbungsunterlagen durchgeführt. In Stufe 2 folgen Tests zu Kognition, Motorik und Persönlichkeit. Dann findet ein Assessment-Center mit psychometrischen und praktischen Tests sowie Einzel- und Gruppenübungen statt. Im vierten Schritt geht es um die Untersuchung physischer und mentaler Fähigkeiten mit Hinblick auf astronautische Langzeitmissionen. Die letzten beiden Stufen umfassen Interviews, unter anderem mit dem ESA-Generaldirektor. Im Oktober 2022 soll die neue Astronautenklasse dann schließlich der Öffentlichkeit vorgestellt werden.
Der Auswahlprozess ist nicht nur lang, sondern auch hart. 2008 gingen mehr als 8400 Bewerbungen ein, nur elf Prozent davon schafften es überhaupt in die erste Runde. Auch wenn die Chancen gering sind, sagt die italienische ESA-Astronautin Samantha Cristoforetti: "Es ist eine großartige Reise und man kann viel über sich selbst lernen."
Derzeit stehen sieben aktive Raumfahrer in den Diensten der ESA, darunter die beiden Deutschen Alexander Gerst und Matthias Maurer. "Es gibt keine Absicht, sie bald nicht mehr fliegen zu lassen", so der neue ESA-Generaldirektor Josef Aschbacher bei einer virtuellen Pressekonferenz Anfang März. "Dennoch müssen wir unser Astronautenkorps erneuern. Es gibt viel zu tun am Himmel. Wir arbeiten gemeinsam mit der NASA am Gateway und werden Astronauten zum Mond und weiter schicken."