Australien vergräbt seine NH90-Hubschrauber in der Erde

Teure Beerdigung für MRH90
Australien vergräbt seine NH90-Hubschrauber im Boden

Veröffentlicht am 30.01.2024

Es ist das bittere Ende eines jahrelangen Missverständnisses, das den – eigentlich noch gar nicht alten – MRH90 Taipan der Australian Army derzeit widerfährt. Ausrangiert und ausgeschlachtet, vergraben die Australier die leblosen Hüllen ihrer ungeliebten Hightech-Helikopter Stück für Stück an einem nicht genannten Ort im Erdboden. In den sozialen Medien kursieren Bilder von am Boden kauernden, kannibalisierten Hubschrauberzellen, offenbar bereit für ihr Begräbnis. Ähnliches hatte Australien 2011 bereits mit seinen F-111 Aardvark-Jagdbombern vollzogen. Die waren damals allerdings am Ende ihrer Lebensdauer.

Operation Astute
Australian Navy

Teures Begräbnis

Die MRH90 dagegen haben im Schnitt weniger als elf Dienstjahre auf dem Buckel. Ihren materiellen Restwert schätzen Beobachter auf zwischen 14 und 20 Millionen US-Dollar – pro Stück. Sie dürften außerdem kaum die Hälfte ihrer ab Werk veranschlagten Betriebsstunden abgeflogen haben, denn genau das war ja das Ärgernis, mit dem Australien sich stets herumschlug: Die MRH90 erwiesen sich im Dienst als unzuverlässig, verursachten hohe Wartungs- und Betriebskosten. Geplante Umrüstungen und Verbesserungen, etwa zur Nutzung der MRH90 für Spezialeinheiten, verzögerten sich mannigfach.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Taipan raus, Black Hawk rein

Für die Beschaffung der insgesamt 46 Helikopter gab die Regierung in Canberra seinerzeit rund drei Milliarden US-Dollar aus. Ein Exemplar kam von NHIndustries später als Gratiszugabe obendrauf, wegen der nicht enden wollenden Probleme mit dem Muster. Ende 2021 hatte die Regierung in Canberra dennoch die Nase voll: Sie beschloss, sich bis Dezember 2024 von der Taipan-Teilflotte zu trennen und die MRH90 gegen Black Hawks aus den USA zu tauschen. Nach dem Crash einer MRH90 im vergangenen Sommer mit vier Toten kam der Abschied dann noch schneller als geplant. Die Taipans kehrten nach einem Grounding nicht wieder in den Einsatz zurück.

Townsville Air Show
Australisches Verteidigungsministerium

Verkauf in Einzelteilen

Nun also will Australien die unrühmliche Angelegenheit buchstäblich begraben. Man werde "die verbleibenden Flugzeugzellen und Systeme auf umweltfreundliche und kostengünstige Weise entsorgen", gab ein Sprecher des australischen Verteidigungsministeriums Mitte Januar bekannt. Die Regierung arbeite außerdem mit Airbus Australia Pacific und NHIndustries zusammen, "um wichtige Ersatzteile aus der MRH90-Flotte für andere NH90-Betreiber zu gewinnen." Der Zerlegungsprozess der MRH90 soll bereits im Oktober des vergangenen Jahres begonnen haben, nachdem sich auf dem Markt kein Käufer für die ausrangierten Hubschrauber gefunden hatte. Einige ausgebaute Komponenten gab Australien – offenbar kostenlos – an Neuseeland weiter, das ebenfalls die NH90 fliegt.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Ukraine kommt zu spät

Anfang dieses Jahres signalisierte die Ukraine lebhaftes Interesse an den verstoßenen Taipans – allerdings zu spät. Der australische Verband ukrainischer Organisationen (AFUO) forderte die australische Regierung am 12. Januar in einer Mitteilung auf, die MRH90 an die ukrainische Armee zu spenden, "anstatt Millionen für deren Deponierung auszugeben und sie zu Schrott zu zerlegen". Die Antwort aus Canberra auf die Anfrage fiel kühl aus: Die Hubschrauber seien bereits zerlegt, eine Wiederinbetriebnahme unmöglich.

Das australische Fachportal "Asia Pacific Defence Reporter" (APDR) kritisiert derweil den Umgang der Regierung mit den MRH90 – und sieht auch hausgemachte Gründe für das Scheitern des Musters in Down Under: "Die Taipans sind in ausgezeichnetem Zustand – und wenn die Armee in der Lage gewesen wäre, sie zu warten, würden sie jetzt im hohen Norden von Queensland wertvolle Arbeit leisten." In Queensland wüten derzeit heftige Buschbrände, doch man habe dort nur zwei CH-47 und ein paar AW139 im Einsatz, schreibt der APDR weiter. Da überdies erst drei der 40 bestellten UH-60M Black Hawk geliefert seien, bestehe mit der Beerdigung der MRH90-Flotte generell "eine große Fähigkeitslücke sowohl bei der Armee als auch bei den Spezialeinheiten."