Zwar stammt die Comet, das erste Verkehrsflugzeug mit Strahltriebwerken, aus Europa, aber die folgenden nationalen Programme wie BAC-1-11, Trident oder Caravelle hatten gegen die dominierenden US-Giganten Boeing und Douglas keine Chance. Mitte der 1960er-Jahre war klar, dass die Zukunft der europäischen Luftfahrtindustrie ohne ein gemeinsames Programm für die Entwicklung und Produktion von Flugzeugen düster aussah. Bei einem Treffen im Juli 1967 kamen Minister aus Frankreich, Deutschland und Großbritannien überein, "zur Stärkung der europäischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Luftfahrttechnik und damit zur Förderung des wirtschaft- lichen und technologischen Fortschritts in Europa geeignete Maßnahmen für die gemeinsame Entwicklung und Herstellung eines Airbus zu ergreifen".
Hohe Hürden
Wie in Europa üblich, erwies sich die Umsetzung solch hehrer Ziele als nicht sonderlich einfach. Zum einen mussten sich Firmen wie SudAviation, Nord Aviation, Hawker-Siddeley und die deutsche Studiengruppe Airbus auf einen gemeinsamen Entwurf einigen, was angesichts sich ändernder Anforderungen der Airlines noch erschwert wurde. Zum anderen war die finanzielle Unterstützung durch die Regierungen lange sehr unsicher. Nachdem klar wurde, dass Rolls-Royce nicht das Triebwerk liefern würde, stiegen die Briten aus. Dies war die Chance für Deutschland, sich einen größeren Anteil zu sichern und somit den Wiederaufbau der Luftfahrtindustrie im Land zu beschleunigen.

Schwierige Anfangsjahre
Die A300B, die im Mai 1969 dann auf der Luftfahrtschau in Le Bourget von Frankreich und Deutschland in Angriff genommen wurde, war kleiner, leichter und sparsamer als ihre dreistrahligen amerikanischen Konkurrenten. Auch gegenüber dem ursprünglichen A300-Entwurf wurde der Rumpf von 6,4 m Durchmesser auf 5,6 m verkleinert, seine Länge von 53,9 m auf 48,3 m. Dadurch war das Flugzeug 25 Tonnen leichter als die erste geplante A300.
Während das Flugzeug in Toulouse Formen annahm, erfolgte die formelle Gründung von Airbus als Konsortium erst am 18. Dezember 1970, als Airbus Industrie offiziell als GIE (Groupement d‘intérêt économique) etabliert wurde. Die französische Aérospatiale (ein Zusammenschluss von SEREB, Sud Aviation und Nord Aviation) und die Deutsche Airbus (ein Zusammenschluss der vier Unternehmen Messerschmitt-Werke, Hamburger Flugzeugbau, VFW GmbH und Siebelwerke ATG) übernahmen jeweils 50 Prozent der Anteile. Die erste A300B startete schließlich am 28. Oktober 1972 in Toulouse zum Erstflug mit Max Fischl als Kapitän und Bernard Ziegler, damals Leiter der Flugerprobung, auf dem Copilotensitz.

Ein US-Auftrag bringt die Wende
Die ersten Jahre für die A300B waren sehr schwierig, mit einer zeitweiligen Verkaufsflaute, bevor man mit einem Auftrag von Eastern Air Lines 1978 den Einstieg in den US-Markt schaffte. Schon von Anfang an war klar, dass Airbus, um erfolgreich zu sein, mehr als nur ein Flugzeugmuster produzieren musste – man musste eine Flugzeugfamilie anbieten, die alle Bereiche abdeckt. Ziel war es, einen Marktanteil von mindestens 30 Prozent zu erreichen. Entsprechend entstanden aus der A300 die kürzere A310 und später, mit dem gleichen Rumpfquerschnitt, die A330 und die A340.
Bestseller A320
Das alles entscheidende Modell für den Erfolg von Airbus ist aber die A320, mit der man Boeings 737 herausforderte und inzwischen auch überholt hat. Mit der A320 führte Airbus die Fly-by-Wire-Technologie ein, die eine höhere Sicherheit durch eine computerkontrollierte Steuerung versprach. Auch wurde die Kabine ein paar Zentimeter geräumiger als bei der Konkurrenz. Im Juni 1981 gab Air France dem A320-Programm auf der Paris Air Show einen enormen Schub, indem sie ihre Absicht erklärte, 25 der geplanten neuen Flugzeuge zu kaufen. Dennoch wurde das A320-Programm erst im März 1984 offiziell gestartet. Erstflug war schließlich am 22. Februar 1987.
Die A380: ein finanzielles Desaster
Mit dem Erfolg der A320 im Rücken wagte sich Airbus dann Mitte der 1990er-Jahre mit einer "Abteilung für Großflugzeuge" an die Konzeption eines Flugzeugs, das mit 600 Sitzen auch Boeings Jumbo überflügeln und das lukrativste Segment des Marktes beherrschen sollte. Der Programmstart der A380, des "Flaggschiffs des 21. Jahrhunderts", erfolgte am 19. Dezember 2000 mit 50 Festbestellungen und 42 Optionen von sechs der weltweit größten Betreiber auf fünf Kontinenten (Air France, Emirates, International Lease Finance Corporation, Qantas, Singapore Airlines und Virgin Atlantic) im Rücken. Schon bis zum Erstflug am 27. April 2005 gab es einige technische Schwierigkeiten, und letztlich wurde die A380 aufgrund falscher Markteinschätzung zu einem finanziellen Fiasko. Nach nur 251 gebauten Flugzeugen endete die Produktion im Dezember 2021 mit der Übergabe der letzten Maschine an den Großkunden Emirates, der ziemlich genau die Hälfte aller A380 gekauft hat.
Das neue Flaggschiff
Technologisches Flaggschiff von Airbus ist somit heute die A350 mit ihrem hohen Anteil an Verbundwerkstoffen. Bevor Ende 2006 die von Grund auf neu entwickelte "XWB"-Variante mit breiterem Rumpf und Hightech in allen Bereichen angeboten wurde, dauerte es allerdings einige Jahre der Unentschlossenheit. Erstflug der A350 war dann am 13. Juni 2013. Inzwischen sind über 900 Flugzeuge bestellt und knapp 500 ausgeliefert.

Nächste Station: Wasserstoff?
Mit einem Portfolio von A320-Familie, A330 und A350 sowie der von Bombardier zugekauften kleinen A220 ist Airbus heute bestens aufgestellt, zumal sich Boeing in den letzten Jahren durch viele eigene Fehler erheblich geschwächt hat. Wirkliche Neuentwicklungen sind wohl bis Ende des Jahrzehnts nicht zu erwarten. Vielmehr geht es nun darum, die Grundlagen für eine völlig andere Generation von Verkehrsflugzeugen zu schaffen, die zum Beispiel mit Wasserstoffantrieb das Ziel eines klimaneutralen Luftverkehrs voranbringt.

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