Airbus A350: Das Kohlefasser-Flaggschiff aus Europa

Airbus A350
Das Kohlefaser-Flaggschiff aus Europa

Veröffentlicht am 29.12.2024

Als Reaktion auf Boeings Dreamliner-Pläne schlug Airbus 2004 eine überarbeitete A330 mit neuen Triebwerken vor, die den Namen A330-200 Lite tragen sollte. Allerdings drückten Airlines schon damals ihren Wunsch nach einem grundsätzlich neuen, mittelgroßen Langstreckenflugzeug aus. Airbus wagte daraufhin den Spagat zwischen Neuem und Bewährtem und plante zwei Versionen unter dem Namen A350: eine A350-800 (245 Sitze, Reichweite 15 900 km) und die größere A350-900 (285 Sitze, 13 900 km). Beide Großraumtwins sollten unter anderem dank eines kohlefaserverstärkten Kunststoffflügels und der anfänglich vorgesehenen GEnx-Triebwerke von General Electric (die auch am Dreamliner zum Einsatz kommen) besonders sparsam sein. Die erste A350 sollte den Rumpfquerschnitt der A330 übernehmen, der aber dank einer Aluminium-Lithium-Legierung leichter werden sollte.

Flug-Formation von zwei Airbus A350-1000 von Qatar Airways.
Airbus

Antwort auf Boeing 787

Auf der Luftfahrtausstellung in Le Bourget im Juni 2005 gab Qatar Airways eine Bestellung von 60 A350 bekannt. Der industrielle Programmstart erfolgte am 6. Oktober 2005. Nach Kritik von namhaften Airbus-Kunden und Verkaufsniederlagen gegenüber der Boeing 787 beauftragte der damalige Airbus-CEO Gustav Humbert seine Ingenieure mit einem grundlegenden Redesign. Erst daraus ging die heutige A350 hervor. Das nun als A350 XWB (Xtra Wide Body) bezeichnete Konzept wurde im Juli 2006 auf der Farnborough International Airshow präsentiert. Der neue Entwurf sah einen größeren Rumpfquerschnitt mit bis zu zehn Sitzen pro Reihe und Platz für 440 bis 480 Passagiere vor. Noch setzte Airbus beim Rumpf weiterhin größtenteils auf Aluminium. Die Reichweite sollte mindestens 14 815 km betragen. Wegen Verzögerungen bei der A380 und Finanzierungsfragen startete das A350-XWB-Programm offiziell erst am 1. Dezember 2006. Airbus sah drei Versionen vor: die 66,8 m lange A350-900, die auf 60,5 m verkürzte A350-800 (deren Entwicklung 2014 eingestellt wurde) und die auf 73,8 m gestreckte A350-1000. 2007 entschied sich Airbus, auch den Rumpf aus kohlefaserverstärktem Kunststoff herzustellen. Rolls-Royce entwickelte mit dem Trent XWB ein neues, nach dem Rückzug von GE exklusives, Triebwerk für den Zweistrahler. Anders als Boeings Dreamliner nutzt die A350 XWB ein komplettes Zapfluftsystem. Die ersten A350-900 sollten Mitte 2013 ausgeliefert werden, die -800 und -1000 ein bzw. zwei Jahre später. Allerdings dauerte die Entwicklung länger und kostete fast doppelt so viel wie geplant (rund 9,7 Mrd. Euro).

Blick in die Final Assembly Line vom Airbus A350 in Toulouse.
Airbus – Master Films – H. Gousse

Mehr Reichweite

Der Erstflug der A350-900 fand am 14. Juni 2013 mit Peter Chandler und Guy Magrin am Steuer statt. Die EASA erteilte ihre Zulassung am 30. September 2014. Dreieinhalb Monate später, am 15. Januar 2015, stellte Qatar Airways die erste A350-900 auf der Strecke Doha – Frankfurt in Dienst. Die längere A350-1000 mit stärkeren Trent-XWB-97-Triebwerken absolvierte ihren Erstflug am 24. November 2016. Erstkunde war erneut Qatar Airways, die das erste Flugzeug im Februar 2018 erhielt. Airbus entwickelte mit der A350-900ULR auch eine Ultralangstreckenversion mit höherer maximaler Startmasse und größerem Tankvolumen für eine Flugdauer von bis zu 19 Stunden bei einer Reichweite von 18 000 km. Erstflug war am 23. April 2018. Betrieben wird die -900ULR bislang nur von Singapore Airlines. Die australische Fluggesellschaft Qantas hat 2022 für ihr "Project Sunrise" zwölf längere A350-1000ULR mit zusätzlichem Treibstofftank und erhöhter maximaler Startmasse bestellt, um ab Ende 2025 Direktflüge zwischen Sydney und London sowie New York anbieten zu können. Seit 2021 entwickelt Airbus auch eine Frachtervariante. Die A350F basiert auf der -1000, ist aber mit 70,4 m etwas kürzer. Sie soll 111 Tonnen Nutzlast transportieren können und 2026 in Dienst gehen.

Der neue Airbus A350 Kurt Schumacher der Flugbereitschaft BMVg.
Bundeswehr/Tobias Koch

A350-Betreiber

Ende Oktober 2024 lagen 1340 Bestellungen für die A350 vor, 623 waren ausgeliefert. Die größten A350-Betreiber sind Singapore Airlines (64), Qatar Airways (58) und Cathay Pacific (48). Bisher ist nur eine A350 infolge einer Kollision mit einer De Havilland DHC-8 am Flughafen Tokio-Haneda am 2. Januar 2024 zerstört worden. Alle 379 Passagiere und Crewmitglieder konnten das brennende Flugzeug damals lebend verlassen.

Ansicht auf ein Trent XWB Triebwerk, auf einem fahrbaren Untersatz, mit einem Mitarbeiter im Vordergrund, in der Produktion in Dahlewitz von Rolls-Royce.
Rolls-Royce

Technische Daten Airbus A350

Versionen

A350-900: Basisausführung

A350-900ULR: Erhöhte Reichweite auf ca. 18 000 km

ACJ350: Bezeichnung für eine "BusinessJet"-Variante. Die Flugbereitschaft der Luftwaffe hat im Endeffekt diese Version

A350-1000: Verlängerter Rumpf

A350F: Frachter

Design-Merkmale

Verkehrsflugzeug in üblicher Auslegung mit zwei Triebwerken unter den Tragflächen

Besatzung/Nutzlast

Besatzung: 2 plus Flugbegleiter

Passagiere:

A350-900: maximal 440, typische Zweiklassen-Bestuhlung: 300 – 350 (z.B. 48 Business Class und 267 Economy Class; Lufthansa fliegt mit 48 Business, 21 Premium Economy und 224 Economy)

A350-900ULR: typische Bestuhlung 173 (80 Business, 93 Economy)

A350-1000 maximal 480, typische Zwei- klassen-Bestuhlung: 350 – 410 (z.B. 54 Business und 315 Economy)

A350F: Nutzlast 111 Tonnen, 42 Paletten oder 30 Container im Hauptdeck plus 40 LD3 in den Frachträumen

Antrieb

2 x Rolls-Royce Trent XWB-84 / XWB-75 (A350-900) oder Trent XWB-97 (A350-1000)

Leistung: 2 x 373 kN (Trent XWB-84) oder 431,5 kN (Trent XWB-97)

Kraftstoffverbrauch: ca. 2,9 l/100 Passagierkilometer

Abmessungen

Länge: 66,80 m (A350-900), 73,79 m (A350-1000), 70,8 m (A350F)

Höhe: 17,08 m

Spannweite: 64,75 m

Flügelfläche: 443 m² oder 464 m² bei A350-1000 und A350F

Spurweite: 10,60 m

Radstand: 28,66 m (A350-900), 32,48 m (A350-1000)

Kabinenbreite: 5,61 m

Kabinenhöhe: 2,43 m

Kabinenlänge: 51,04 m (A350-900), 58,03 m (A350-1000)

Massen

Leermasse: 142 400 kg (A350-900) oder 155 000 kg (A350-1000) oder 124 000 (A350F)

Nutzlast: 53 300 kg (A350-900) oder 67 300 kg (A350-1000) oder 111 000 kg (A350F)

max. Kraftstoff: 141 000 l (A350-900), 166 500 l (A350-900ULR), 164 000 l (A350-1000)

max. Masse ohne Kraftstoff: 197 200 kg (A350-900), 223 000 kg (A350-1000)

max. Startmasse: 275 000 kg (A350-900) oder 280 000 (A350-900ULR), oder 322 000 kg (A350-1000) oder 319 000 kg (A350F)

max. Landemasse: 207 000 kg (A350-900) oder 236 000 kg (A350-1000)

Flugleistungen

max. Geschwindigkeit: Mach 0.89

Reisegeschwindigkeit: Mach 0.85, ca. 900 km/h

Dienstgipfelhöhe: 13 100 m (A350-900) oder 12 650 m (A350-1000)

Startstrecke: ca. 2600 m

Landestrecke: ca. 2000 m

Reichweite: 15 370 km (A350-900) oder 16 480 km (A350-1000) oder 8700 km (A350F) oder 17 965 km (A350-900ULR) oder 20 550 km (ACJ350)

Struktur

Hoher Anteil von Verbundwerkstoffen (etwa 50 Prozent der Zelle), dazu etwa 20 Prozent Aluminium-Lithium

Fahrwerk

Doppelt bereiftes Bugfahrwerk. Vier Reifen pro Hauptfahrwerk bei der A350-900 und sechs Reifen pro Hauptfahrwerk bei der A350-1000

Systeme

Cockpit mit sechs großen Farbdisplays im Querformat. Integrated Modular Avionics-Konzept