Es ist ein Alptraum, der sich seit dem Morgen des 24. Februar vor unser aller Augen abzeichnet. Was kaum jemand sich vorzustellen wagte, ist tatsächlich eingetreten: In der ganzen Ukraine griffen russische Streitkräfte am frühen Morgen militärische Einrichtungen und Flugplätze an. Mit präzisen Attacken legten die Angreifer die ukrainische Luftverteidigung lahm und schickten bereits wenige Stunden nach Beginn der von Präsident Putin angeordneten "Sonderoperation" nicht nur Kampfjets, sondern auch Kampf- und Transporthubschrauber tief ins Landesinnere. Den Ukrainern gelang es nach eigenen Angaben, sieben feindliche Flugzeuge und Helikopter abzuschießen, Russland meldete am Ende des ersten Angriffstages den Abschuss je zweier ukrainischer Suchoi Su-24 und Su-27, eines Hubschraubers sowie von vier Bayraktar-Kampfdrohnen. Die Lage bleibt jedoch unübersichtlich.
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Kampf um die Antonow-Homebase
Das gilt auch für den Antonow-Werksflughafen Kiew-Gostomel, der gestern in den Morgenstunden – als strategisch wichtiges Ziel – von mehreren russischen Hubschraubern unter Beschuss genommen worden war. Ukrainischen Kräften gelang es dabei wohl, mindestens zwei Kamow Ka-52-Helikopter der Russen vom Himmel zu holen. Dennoch geriet der Flughafen zumindest zeitweise unter die Kontrolle der Angreifer. Am späten Abend meldeten ukrainische Dienste dann, das Gelände sei von den eigenen Streitkräften zurückerobert worden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Kämpfe um den Airport vor den Toren Kiews, der als Hauptquartier des NATO-Partners Antonov Airlines nicht nur für die Ukraine relevant ist, weitergehen werden. Die Belegschaft von Antonow und Antonov Airlines sei evakuiert worden, teilte der Flugzeugbauer gestern mit.

Facebook-Statement vom Chefpiloten
Nicht evakuiert hatte man offenbar jedoch das Prunkstück der Flugzeugflotte, die einzigartige An-225 "Mrija". Schnell machten deshalb Gerüchte die Runde, das berühmte Riesenflugzeug sei bei den Angriffen der Russen in Brand geschossen und zerstört, zumindest jedoch schwer beschädigt worden. Diese Befürchtung entkräftete am Donnerstagabend "Mrija"-Chefpilot Dimitri Antonow in einer Stellungnahme auf Facebook. Die russische Invasion habe die Region Kiew erreicht, Gostomel sei aktuell unter russischer Kontrolle, schrieb er. Es sei gut möglich, dass in der Nacht "große Flugzeuge" landen könnten. "Die gute Nachricht, Mrija ist heil", so Antonow. Zumindest in der ersten Angriffswelle scheint die An-225 also von den Kämpfen verschont geblieben zu sein. Wie es um die ebenfalls von Antonov Airlines betriebene An-22 Antei steht, die seit gut einem Jahr ohne Propeller in Gostomel parkt, ist nicht bekannt. Die als Support-Flugzeug genutzte An-74 von Antonov Airlines scheint jedoch beim russischen Hubschrauberangriff zerstört worden zu sein, wie Fotos nahelegen.

Mehr als nur ein Flugzeug
Natürlich ist auch die Mitteilung von Dimitri Antonow nur eine Momentaufnahme und nicht durch eine weitere Quelle verifiziert. Wirklich sicher ist also nur, dass gar nichts sicher ist. Abgesehen davon scheint es angesichts der aktuellen Lage beinahe zynisch, sich mit dem Schicksal eines Flugzeuges zu befassen, wenn ringsherum Menschen um ihr Leben bangen. Jedoch ist gerade die "Mrija" – nicht nur für Luftfahrtfans in der ganzen Welt, sondern auch für viele Ukrainer – weit mehr als "nur" ein Flugzeug. Das gigantische Unikat war in den vergangenen Jahren ein fliegendes Wahrzeichen der Ukraine, eine Botschafterin des Landes und ein nationales Symbol, das die Ukrainer zu Recht mit Stolz begleiteten. Bleibt zu hoffen, dass sowohl die ukrainische Nation als auch ihr fliegendes Wahrzeichen den real gewordenen Alptraum überstehen – und einer friedlicheren Zukunft entgegenblicken.