Auf der Zielgeraden
Cessna Citation Longitude auf Erfolgskurs

Die Longitude ist Cessnas ziemlich später Einstieg in die hart umkämpfte Super-Midsize-Klasse. Der dritte Prototyp absolvierte jüngst seinen Erstflug, und in Wichita hat bereits die Montage der ersten Serienmaschinen begonnen. Die Zertifizierung soll noch vor Jahresende erreicht werden.

Cessna Citation Longitude auf Erfolgskurs

Die beiden Testpiloten Corey Eckhart und U. J.Pesonen saßen am Steuer der dritten Cessna Longitude, als diese am 17. März 2017 vom firmeneigenen Flugplatz Beechfield in Wichita, Kansas, zu ihrem Erstflug startete. Mit Hilfe des dritten Prototyps wird das Entwicklungsteam in den nächsten Wochen die Avionik und Navigationssysteme unter die Lupe nehmen. Zu den Hauptaufgaben des Testflugzeugs zählt darüber
hinaus das Sammeln von Daten, mit denen Simulatoren für die Pilotenschulung programmiert werden sollen. Der erste Prototyp startete am 8. Oktober 2016 zu seinem Jungfernflug, die zweite Maschine folgte am 21. November. Seitdem absolvierten die beiden Testflugzeuge mehr als 250 Stunden bei über 125 Flügen.

Von der Präsentation des Longitude-Projekts im Mai 2012 auf der EBACE in Genf bis hin zum ersten Testflug verstrichen also etwa vier Jahre. Nach Angaben von Textron Aviation, dem Mutterkonzern von Cessna und Beechcraft, soll der Preis der Longitude bei 23 Millionen Euro liegen. Zur Hauptkonkurrenz gehört Gulfstreams G280, die eine Million Euro günstiger ist und vergleichbare Flugleistungen zu bieten hat. Auch Cessnas Citation X zählt zu den Mitstreitern der Longitude – und dürfte damit langfristig in Existenznot kommen. Denn das vor beinahe 30 Jahren vorgestellte Muster ist mit einem Listenpreis von 21 Millionen Euro zwar etwas günstiger als das neue Cessna-Flaggschiff, ihm jedoch in Sachen Passagierplätze, Zuladung, Abmessungen, Leistung und Reichweite deutlich unterlegen.

Der Querschnitt und das Design der Longitude-Kabine entsprechen denen des vor zwei Jahren zugelassenen Citation-Modells Latitude: Die Höhe der Kabine beträgt 1,83 Meter und die Breite 1,96 Meter. Jedoch besitzt die Longitude mit 7,67 Metern einen längeren Innenraum und damit Platz für  eine zusätzliche Sitzreihe. Bis zu zwölf Passagiere haben in dem Jet Platz, Küche und Toilette inklusive. Die normale Sitzkonfiguration entspricht der Double-Club-Anordnung mit um 180 Grad drehbaren Sesseln, die von allen Citation-Modellen die breitesten sind. Beim Interieur sind insgesamt drei Ausstattungsvarianten und sechs Farbkombinationen verfügbar.

Unsere Highlights

Eingeschränktes Fly-by-Wire

Das Flügellayout der Longitude basiert auf dem der Hawker 4000 – Hawker ist heute ebenfalls eine Marke des Textron-Konzerns –, kommt auf eine imposante Spannweite von 21,01 Metern und nutzt Winglets, die auch helfen sollen, den Treibstoffverbrauch zu senken. Darüber hinaus nutzt die Longitude als erste Cessna eine eingeschränkte Fly-by-Wire-Steuerung, die vom französischen Zulieferer Thales kommt. Ein spezieller Leistungskonverter, der die Funktionen einer Hydraulikpumpe, eines Motors und einer Steuereinheit vereint, treibt dabei die Klappen und die Ruder elektronisch an. Die Bremssteuerung von Crane Aerospace & Electronics feiert als erstes in einem Cessna-Jet verwendetes Brake-by-Wire-System in der Longitude sein Debüt. Das bereits in der Latitude erprobte Garmin G5000 bildet auch in der Longitude den Mittelpunkt des Cockpit-Panels. Das 2016 zertifizierte Avioniksystem erfüllt die Part-25-Anforderungen und ist mit den Kollisionswarnsystemen TCAS und TAWA, Synthetic Vision und Wetterradar ausgestattet.

Das Garmin GWX 70 besitzt eine Reichweite von 550 Kilometern und ist imstande, die Crew vor gefährlichen Windscherungen zu warnen. Das Touchscreen Vehicle Management System des Garmin G5000 basiert auf der Technik des G3000-Cockpits aus dem HondaJet. Bei der Longitude nutzt es drei 12,1-Zoll-Bildschirme, über die die Piloten die meisten Bordsysteme kontrollieren können. Das Kurs-Lage-Referenzsystem LCR-100 von Northrop Grumman bildet auch hier eine Symbiose mit dem Garmin. Es erlaubt eine autonome Kursausrichtung und funktioniert mit externen und eingebauten GNSS-Empfängern, die eine hybride Positionslösung für Navigation und Flugregelung erlauben.

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Longitude nutzt Honeywell HTF7700L

Ursprünglich sollten in der Longitude zwei Triebwerke des Typs Silvercrest, einem neu entwickelten Turbofan des französischen Herstellers Safran Aircraft Engines (früher Snecma), zum Einsatz kommen. Aufgrund von mehreren Verzögerungen bei der Entwicklung entschloss sich Cessna jedoch dazu, ihren neuen Super-Midsize-Jet mit Turbofans von Honeywell auszustatten. Das Silvercrest ist jedoch nach wie vor für Cessnas zukünftiges Flaggschiff, die Hemisphere, vorgesehen. Auch Dassaults Falcon 5X, deren Erstflug ebenfalls noch aussteht, soll mit dem neuen Triebwerk fliegen. Die beiden Honeywell-Turbofans des Typs HTF7700L wurden speziell für die Longitude angepasst. Sie leisten nun einen maximalen Schub von 33,6 Kilonewton und verfügen über eine digitale Triebwerkssteuerung (FADEC) und ein integriertes Auto-Throttle-System. Es handelt sich um eine Weiterentwicklung der HFT7000-Serie, deren Abkömmlinge in zahlreichen Business Jets ihren Dienst leisten: beispielsweise in zuvor erwähnter Gulfstream G280 (HTF7250G), in Bombardiers Challenger 350 (HFT7350) oder in Embraers Legacy 500 (HTF7500E). Der Antrieb der Longitude ist mit einem 34,2-Zoll-Bläser mit 22 Titanschaufeln ohne Blattdämpfung, einem Hochdruckverdichter mit vier Axialstufen, einer gekühlten Brennkammer, einer zweistufigen Hochdruckturbine und einer dreistufigen Niederdruckturbine konstruiert.

Auch eine Schubumkehr von Aircelle, einem Tochterunternehmen von Safran, ist für das HTF7700L verfügbar. Diese arbeitet mit zwei Schubumkehrklappen, die im Flug als Teil der Schubdüse fungieren. Aircelle änderte das Standarddesign seiner Klappen für die Longitude, damit diese auch die Betriebslautstärke des Antriebs senken. Auch die Triebwerksverkleidung des Herstellers GKN Aerospace soll den Lärmpegel verringern. Das Vorgängermodell der Verkleidung kam in den letzten zwölf Jahren in über 600 Business Jets zum Einsatz. Honeywell liefert neben dem HTF7700L auch das Hilfstriebwerk 36-150. Am Boden ist es unter anderem für den Betrieb der Klimaanlage, das Anlassen der Haupttriebwerke und die Druckluft zuständig.

Ursprünglich sollte die Longitude mit den Silvercrest-Triebwerken eine Reichweite von 7400 km erzielen. Diesen Wert musste Cessna aber aufgrund des Wechsels auf den Honeywell-Turbofan nach unten korrigieren: Nach Herstellerangaben soll der neue Business Jet nun bei Mach 0.8 und mit vier Passagieren maximal 3500 nautische Meilen (6482 km) weit fliegen können. Die Maintenance-Intervalle der Longitude betragen 800 Stunden oder 18 Monate.

In Halle IV im Cessna-Werk in Wichita montiert das Personal zurzeit die ersten vier Maschinen der Serienproduktion. Die Auslieferungen sollen umgehend nach der Zertifizierung beginnen. Wenn alles weiterhin nach Plan läuft, dürfte die Zulassung bis Ende 2017 erfolgen.

Daten

Cessna Citation Longitude

Hersteller:
Cessna Aircraft Company
Sitzplätze: 12
Bauweise:
Metall
Verwendung: Business Jet

Antrieb


Hersteller: Honeywell
Typ: HTF7700L
Art: Turbofan
Startschub: 2 x 33,81 kN/7600lbs

Abmessungen

Länge: 22,30 m
Höhe: 5,91 m
Spannweite: 21,01 m
Flügelpfeilung: 28,6°
Flügelfläche: 51,65 m²

Massen und Mengen

Tankinhalt: 726 kg

Kabine

Länge: 7,67 m
Höhe: 1,83 m
Breite: 1,96 m
Gepäckraumvolumen: 3,17 m3
Gepäckraumkapazität: 505,8 kg

Flugleistungen

Startrollstrecke: 1494 m
bestes Steigen: nicht veröffentlicht
Reisegeschwindigkeit: 476 KTAS
maximale Reiseflughöhe: 45 000 ft
Steigzeit auf 45 000 ft: 22 min
Reichweite: 3500 NM / 6482 km
Landestrecke: 1036 m

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