Der autonome, elektrische Senkrechtstarter (electric vertical take-off and landing, eVTOL) der sechsten Generation von Wisk Aero ist am 16. Dezember von Hollister, Kalifornien, aus zum Erstflug gestartet. Das eVTOL führte nach Angaben der Boeing-Tochterfirma auf deren Flugtestgelände den ersten Senkrechtstart, Schwebeflug und stabilisierte Flugmanöver durch.
Das nun folgende Flugtestprogramm soll das Design, Simulationsmodelle und die Systemleistung validieren. Zunächst will sich Wisk auf Start, Schwebeflug, Landung sowie die Stabilität bei niedrigen Geschwindigkeiten konzentrieren, bevor Tempo und Höhe vergrößert werden und komplexere Manöver wie zum Beispiel Übergänge in den Horizontalflug und zurück erprobt werden.
Das Fluggerät der sechsten Generation bietet Platz für vier Passagiere sowie Gepäck. Es ist das einzige Lufttaxi, das von Beginn an vollautonom, ohne Pilot, fliegen soll. Wisk bezeichnet diese Version des eVTOLs als ersten Kandidaten für eine Zulassung als kommerzielles, autonomes Passagierflugzeug in den USA. Auf der Paris Air Show im Juni hatte der Wisk-CEO Sebastian Vigneron gesagt, dass man für das Fluggerät dieselben Sicherheitsstandards anlege wie bei den jüngsten Verkehrsflugzeugen. Wisk strebt eine Zulassung durch die US-Luftfahrtbehörde FAA für Ende des Jahrzehnts an.
Autonom, aber nicht ohne Menschen
Das Vorläufer-Unternehmen von Wisk Aero, Zee Aero, wurde 2010 gegründet und 2017 mit dem mittlerweile insolventen eVTOL-Entwickler Kitty Hawk von Google-Mitgründer Larry Page zusammengelegt. Seitdem wurden verschiedene elektrisch-fliegende Demonstratoren entwickelt, gebaut und in mehr als 1750 Testflügen erprobt. Die sechste Generation verfügt über ein einfaches Kreuzleitwerk und hat, anders als der Vorgänger, keinen Druckpropeller mehr am Heck. Stattdessen setzt Wisk auf zwölf Propeller, die paarweise an Auslegern an den Tragflächen montiert sind. Sechs davon sind schwenkbar, sechs fest. Das Fluggerät hat eine Spannweite von rund 15 Metern und nach Angaben von Wisk eine Reichweite von knapp 145 Kilometern. Innerhalb von 15 Minuten sollen die Batterien nach einem Flug wieder geladen sein. Für das autonome Fliegen wird das eVTOL mit allerlei Sensoren und Systemen ausgestattet, darunter das Kollisionsvermeidungssystem TCAS und Radar.
Das eVTOL soll zwar autonom fliegen, Wisk betont jedoch, dass immer noch Menschen in den Prozess eingebunden sind. Am Boden soll ein Supervisor eines Tages mehrere Fluggeräte überwachen, die Kommunikation mit der Flugsicherung übernehmen und im Notfall eingreifen können. Wisk plant den kommerziellen Betriebsbeginn in den USA, konkret in Houston, Los Angeles und Miami. Zu Beginn will Wisk die Lufttaxis selbst betreiben, später jedoch mit Airlines zusammenarbeiten. Was ein Flug mit einem Wisk-Lufttaxi kosten wird, ist noch nicht bekannt. "Wir gehen davon aus, dass der Preis so gestaltet sein wird, dass die Menschen diese Option wählen können", sagte Becky Tanner, Chief Marketing & People Officer bei Wisk, in Paris. Autonomes Fliegen helfe dabei, den Preis zu verringern, so Vigneron.
"Die technischen Methoden und Technologien sind für Boeing eine wertvolle Quelle für Erkenntnisse, die wir gemeinsam nutzen und sorgfältig auf die Zukunft der Luftfahrt anwenden", so Brian Yutko, Vice President für Produktentwicklung in der Verkehrsflugzeugsparte von Boeing und Vorstandsvorsitzender bei Wisk. Boeing und Kitty Hawk gründeten Wisk 2019, 2023 übernahm Boeing das Unternehmen komplett.





