Chinas eigener Turbofan ist noch nicht so weit: Das einheimische Triebwerk CJ-1000A steht zwar seit 2023 im Flugtest und erhielt im Frühling dieses Jahres die Zulassung der chinesischen Luftfahrtbehörde CAAC. Bis es auch für den Airliner Comac C919 freigegeben ist und groß in Serie gehen kann, fließt aber noch einiges an Wasser den Jangtsekiang hinunter. Deshalb ist Comac bei der C919 bis auf Weiteres auf das westliche Ausland angewiesen – fliegt der neue "China-Airbus" doch bislang ausschließlich mit LEAP-1C-Triebwerken von CFM International. CFM wiederum ist ein Joint-Venture der Triebwerksbauer Safran aus Frankreich und GE Aerosoace aus den USA.
Genau hier beginnt für Comac und die C919 das Problem, mit dem sich die Chinesen derzeit konfrontiert sehen. Denn auf Geheiß der Regierung von US-Präsident Donald Trump erhalten sie fürs Erste keine Triebwerkskomponenten mehr aus den Vereinigten Staaten. Das zumindest berichtet die New York Times. "Die Trump-Regierung hat den Verkauf einiger kritischer US-Technologien an China ausgesetzt, darunter solche im Zusammenhang mit Düsentriebwerken, Halbleitern und bestimmten Chemikalien und Maschinen", schreibt die Tageszeitung am 28. Mai. Die US-Administration reagiere damit auf "Chinas jüngste Beschränkungen für den Export kritischer Mineralien" in die USA, die Informanten der New York Times zufolge "die Lieferketten US-amerikanischer Unternehmen zu lähmen drohen."
China und die USA im Clinch
Diese Entscheidung aus Peking gilt wiederum als Reaktion auf die von Washington verhängten Strafzölle für chinesische Produkte. Die wurden zwar zwischenzeitlich ausgesetzt, dennoch habe China sein Embargo für kritische Mineralien nicht zur Zufriedenheit der US-Regierung gelockert, so die New York Times. Präsident Trump habe deshalb "die Lieferung einiger wichtiger Produkte und Technologien, die nur in den Vereinigten Staaten hergestellt werden, nach China gestoppt und damit die Macht der Regierung über globale Lieferketten demonstriert."

Mit dem ACAE CJ-1000A will China einen hauseigenen Turbofan als Alternative für die Comac C919 etablieren.
Problem für Comac?
Ob Comac die jüngste Blockade bei der Produktion der C919 unmittelbar zu spüren bekommt, ist unklar. Eine Stellungnahme des Flugzeugherstellers zum Thema gibt es bis dato nicht. Einen gewissen Zeitraum können die Chinesen vermutlich mit bereits gelieferten Triebwerken und Komponenten abdecken. Bis man wirklich trocken läuft, sind die Streitigkeiten zwischen China und den USA im Idealfall zumindest soweit geregelt, dass Schlüsselkomponenten beider Volkswirtschaften wieder wechselseitig ausgeliefert werden. Gleichwohl dürften die Vorgänge für China ein weiterer Motivationsschub dafür sein, seine Programme zur "Importsubstitution" mit verstärkter Vehemenz voranzutreiben, um sich im Flugzeugbau langfristig unabhängig von ausländischen Einflüssen zu machen.
Parallelen zu Russland
Im nördlichen Nachbarland Russland fühlt man sich beim Blick nach China derweil schon an das eigene Schicksal erinnert. Die Situation wecke "gewisse Assoziationen mit dem Lieferverbot amerikanischer Pratt & Whitney PW1400G-Triebwerke für das Flugzeug MS-21", kommentiert beispielsweise die Webseite aviaton21.ru. Die USA hatten, wie alle anderen westlichen Länder auch, den Export von Luftfahrtkomponenten nach Russland im Zuge des russischen Einmarsches in der Ukraine Ende Februar 2022 auf Eis gelegt. Als Reaktion stürzte man sich in Russland – notgedrungen – voll auf die Entwicklung des einheimischen PD-14-Turbofan. "Somit ersetzte das russische Triebwerk die ausländische Einheit und ermöglichte die Fortsetzung des Importsubstitutionsprogramms, wodurch der Beginn der Serienproduktion und der Betrieb des Flugzeugs in einer vollständig 'russifizierten' Form im nächsten Jahr sichergestellt werden können", so aviation21.ru. Dass die westlichen Sanktionen das MS-21-Programm um Jahre zurückwarfen, steht auf einem anderen Blatt.