Business Jets
Airbus ACJneo und Boeing BBJ MAX

Bei den Business Jets von Boeing und Airbus steht ein Generationswechsel an. Beide Hersteller setzen auf moderne Triebwerke und aerodynamische Verbesserungen, wodurch die neuen Jets weniger Treibstoff benötigen und größere Strecken zurücklegen können.

Airbus ACJneo und Boeing BBJ MAX

Airbus stellte auf der diesjährigen Messe für Geschäftsreiseluftfahrt, EBACE, in Genf die ACJ330neo vor, die in der Familie der Airbus Corporate Jets die Lücke zwischen ACJ319neo, -320neo und -350 XWB schließen soll. Damit umfasst die ACJ-Flotte nun vier Flugzeuge, die Kabinen­flächen von 80 bis 300 Quadratmetern und Reichweiten von 12 500 bis 20 000 Kilometern abdecken. Laut Airbus ist die Familie damit komplett.

Die ACJ330neo ist für 25 Passagiere ausgelegt und besitzt eine Reichweite von 17 400 Kilometern. Größte Neuerung ist das eigens für die A330neo (Airliner-Basis der ACJ330neo) entwickelte Rolls-Royce-Triebwerk Trent 7000, von dem vor Kurzem die ersten Exemplare an den Flugzeughersteller geliefert wurden. Der Turbofan basiert auf dem Trent 1000-Ten der Boeing 787 und ist das siebte Mitglied dieser Triebwerks-Familie. Er ist in der Schubklasse von 303 bis 320 Kilo­newton angesiedelt und soll etwa zehn Prozent weniger Treibstoff verbrauchen als das in der A330 bewährte Trent 700.

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Geringerer Verbrauch als der Vorgängerjet

Neben dem modernen Triebwerk besitzt die ACJ330neo verbesserte Flügel mit einer Spannweite von 65 Metern und Winglets. Diese Änderungen erlauben ein maximales Abfluggewicht von 242 Tonnen und sorgen in Kombination mit den sparsamen Trents für einen zwölf Prozent geringeren Verbrauch gegenüber dem Vorgänger ACJ330.

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Zur Sicherheitsausstattung gehören das Flughafennavigationssystem OANS, der Lande­bahn-Überrollschutz ROPS – er schlägt  Alarm, falls die verbleibende Rollstrecke zu knapp wird – und eine LED-Außenbeleuchtung. Ein duales Head-up-Display ist optional verfügbar. Die Lieferungen der A330neo an Airlines soll 2018 beginnen.

Derweil ist das neo-Programm bei der A320-Standardrumpf-Familie natürlich deutlich weiter fortgeschritten. Dies betrifft auch die ACJ-Modelle. Die ersten Exemplare sollen bis Ende 2018 (ACJ320neo) beziehungsweise im zweiten Quartal 2019 (ACJ319neo) ausgeliefert werden. Es liegen bereits Bestellungen für sechs ACJ320neo und zwei ACJ319neo vor. Zu den Kunden gehören die saudi-arabische VIP-Charterfluggesellschaft Alpha Star (ACJ319neo), K5 Aviation aus dem bayrischen Gammelsdorf (ACJ319neo), der englische Operator Acropolis Aviation (ACJ320neo) und Comlux America (drei ACJ320neo). Die Kunden können beim Antrieb zwischen Pratt & Whitneys PurePower PW1100G-JM oder CFM Internationals LEAP-1A wählen. Das Pratt & Whitney erhielt die Zertifizierung im Dezember 2014, das CFM im Mai 2015.

Gleichzeitig mit der Präsentation der ACJ330neo stellte Airbus in Genf auch ein neues Kabinendesign namens „Infinito“ für die ACJ319neo vor. Es wird  vom italienischen Supersportwagen-Hersteller Pagani gestaltet. Ein Highlight der Ausstattung stellt das sogenannte „Sky Ceiling“-Display dar, das Echtzeitaufnahmen des Himmels oder ein anderes, frei auswählbares Bild anzeigt. Davon abgesehen, ist „Infinito“ in klassischer Pagani-Manier mit geschwungenen Linien und Karbonfaser-Applikationen ausgestattet.

BBJ-Demonstrator und neue Kabinendesigns

Boeings Abteilung für Geschäftsreiseflugzeuge, BBJ, präsentierte in Genf ein neues Kabinendesign für den BBJ MAX 7 des Designbüros Alberto Pinto. Dazu war ein von AMAC Aerospace ausgerüsteter BBJ-Demonstrator im Static Display zu besichtigen.

Die aktuelle Business-Jet-Produktpalette umfasst die BBJ-Modelle und deren geplante Nachfolger BBJ MAX sowie die Wide-Body-Flugzeuge BBJ 787, 777 und 747-8. Die letztes Jahr auf der NBAA in Orlando vorgestellte BBJ MAX 7 basiert auf Boeings 737 MAX und ist der  neueste Business Jet von Boeing. Der BBJ MAX 7 ist länger als das Vorgängermodell, bietet 82 Quadratmeter Kabinenraum und einen 7,3 Kubikmeter großen Frachtraum.

Auch die sparsamen LEAP-1B-Triebwerke von CFM International tragen zum gestiegenen Platzangebot bei, da der BBJ MAX 7 dank seines niedrigen Verbrauchs mit weniger platzraubenden Zusatztanks auskommt. Die Reichweite liegt dennoch gut 1350 Kilometer über der des Vorgängermodells, das auf Boeings 737NG basiert. 

Boeing setzt beim BBJ MAX das LEAP-1B-Triebwerk ein

Das LEAP-1B-Triebwerk erhielt im Mai 2016 von den Luftfahrtbehörden EASA und FAA seine Zertifizierung. Es wurde als exklusiver Antrieb für die 737 MAX entwickelt und besitzt zwischen 102 und 125 Kilonewton Schubleistung. Die CFM-Ingenieure nutzten beim Bau des LEAP-1B moderne Technologien wie Bläserschaufeln und Fangehäuse aus 3D-gewebtem Kohlefaser-Verbundwerkstoff sowie eine TAPS-Brennkammer (twin annular premixing swirler) mit additiv gefertigten Einspritzdüsen. Sie vermischt Luft und Treibstoff vor der Verbrennung und soll weniger Schadstoff erzeugen. Vor Kurzem notierte Boeing den ersten Verkauf eines BBJ MAX 7 – zehn weitere Kunden haben Interesse signalisiert. Der Flugzeughersteller hat aber die Zertifizierung des Jets frühestens für 2021 angesetzt, da die BBJ-Modelle MAX 8 und MAX 9 Vorrang haben. Boeing konnte bereits zehn Exemplare dieser beiden Muster verkaufen.

Der erste BBJ MAX 8 soll bis 2018 ausgeliefert werden. Der Jet besitzt eine um 1624 Kilometer größere Reichweite als das Vorgängermodell BBJ2, die Version MAX 9 fliegt 1576 Kilometer weiter als der BBJ3. Sämtliche MAX-Modelle sind mit Boeings Advanced Technology Winglets ausgestattet, die ein Treibstoffersparnis von 2,5 Prozent ergeben sollen.

Verkäufe von BBJ und ACJ halten sich in Grenzen

In den letzten Abschlussberichten der GAMA, der internationalen Vereinigung der Hersteller der Allgemeinen Luftfahrt, fällt bei Airbus Corporate Jets ein kontinuierlicher Rückgang bei den Auslieferungen auf. 2016 ging nur ein ACJ an Kunden. Boeings Business-Jet-Sparte konnte sich hingegen lange auf einem relativ konstanten Niveau halten, erreichte 2016 mit vier Auslieferungen aber ein neues Tief. In beiden Fällen handelt es sich um wenige Flugzeugauslieferungen, was sich auch in der verhaltenen Stimmung in der Business Aviation der letzten Jahre widerspiegelt. Analysten zufolge soll sich der Markt in den nächsten Jahren erholen. In Anbetracht der bevorstehenden Einführung der MAX- und der neo-Modelle bleibt abzuwarten, ob sich das Kräfteverhältnis zwischen BBJ und ACJ ändern wird.

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