Der Andrang war enorm: Unzählige Interessierte wollten die MS-21 auf der MAKS von innen betrachten. Airline-Delegationen, Politiker und Wirtschaftsgrößen – die Besichtigungstermine waren eng gesteckt. Stolz führten die Irkut-Vertreter potenzielle Käufer aus ihrem Chalet über einen Holzsteg ins Innere des dritten MS-21-Prototypen – den gesamten Tag über, in kleinen Grüppchen, während oben am Himmel die Kampfjets ihre Visitenkarte abgaben. Kaufverträge konnte Irkut am Ende der Messe keine präsentieren – dafür aber immerhin 20 „soft orders“, unter anderem von der kasachischen Bek Air sowie von Yakutia aus Russland. Ein dritter Kaufinteressent wollte lieber ungenannt bleiben. Insgesamt kommt die MS-21 damit aktuell auf 175 Festbestellungen und 150 Optionen. Die Ambitionen der Russen gehen allerdings sehr viel weiter.

Ehrgeizige Pläne
Bis zu 1000 MS-21 hofft Irkut nach eigenen Angaben in den nächsten 20 Jahren an den Mann zu bringen. 2021 soll die Maschine zugelassen sein, dann soll die Massenproduktion voll anlaufen. Die maximale Fertigungsrate mag, wenn man die Maßstäbe von Airbus oder Boeing ansetzt, mit 72 Maschinen im Jahr eher moderat geplant sein – sie zeigt aber auch, dass man bei der United Aircraft Coprpoartion (UAC), zu der Irkut gehört, zu wissen scheint, wo die eigenen Grenzen liegen. Viel wird indes davon abhängen, ob UAC aus den Fehlern mit dem Suchoi Superjet gelernt hat und auch den After Sales-Support für das neue Flugzeug entsprechend aufzieht. Denn Flugzeuge bauen, das konnten sie in Russland schon immer. Und zumindest auf dem Papier hat man mit der MS-21 in der Liga der Narrowbodies ein ziemlich heißes Eisen im Feuer.





Das Kabinen-Layout
Dass Irkut bestrebt ist, die theoretischen Vorzüge des Flugzeugs auch in die Praxis umzusetzen, demonstrieren die Russen mit der großzügig bestuhlten Passagierkabine des dritten Prototypen in Zwei-Klassen-Ausführung. Breit, modern, geräumig – das ist der erste Eindruck, den man erhält, wenn man seinen ersten Schritt durch die Tür ins Innere der MS-21 setzt. Dabei profitiert das Layout vom großen Rumpfdurchmesser der Maschine, der mit 4,06 Metern über dem des Airbus A320 und der Boeing 737 MAX liegt. Trotz breiter Sitze in Drei-plus-Drei-Anordnung wirkt der Mittelgang in der Economy-Klasse deutlich breiter als beispielsweise in der A320neo. Beim Gang zur Toilette dürfte der Service-Trolley der Stewardessen künftig kein unüberwindbares Hindernis mehr darstellen. Das stille Örtchen selbst punktet ebenfalls mit komfortablem Raumangebot, besonders wenn man zum Vergleich Konservendosen-Feeling in den vergleichbaren westlichen Airlinern heranzieht. Gleiches gilt für die Sitzabstände. Die Beinfreiheit ist in der Economy geradezu kolossal, fordert allerdings auch ihren Tribut: In der gezeigten Auslegung beherbergt die MS-21 „nur“ etwa 160 Passagiere – ausgelegt ist sie für bis zu 211 Fluggäste. In der Business Class finden im dritten Prototypen maximal 16 Personen Platz, die sich ebenfalls über ein gerüttelt Maß an Privatsphäre freuen können. Ein Highlight sind die üppig gestalteten Gepäckfächer über den Sitzen. Hier nutzt Irkut den großen Rumpfdurchmesser seines Flugzeugs massiv aus – man möchte fast selber probeliegen.
Nächster Prototyp wird dichter bestuhlt
Was man bei allem Überschwang nicht vergessen darf: Die auf der MAKS gezeigte Kabine soll die MS-21 natürlich im allerbesten Licht erscheinen lassen. Es ist unwahrscheinlich, dass das Layout so jemals in Serie gehen wird – dafür dürften den Kunden einfach zu viele Sitzreihen fehlen. Auf Nachfrage der FLUG REVUE kündigte ein Irkut-Sprecher daher an, dass einer der beiden folgenden Prototypen, voraussichtlich der vierte, eine besonders dicht bestuhlte Passagierkabine erhalten soll. Es ist anzunehmen, dass der Komfort in einer Konfiguration mit 211 Sitzen ein wenig anders ausfällt, als im luftigen Layout des dritten Prototypen. Die großen Gepäckfächer allerdings bleiben auf jeden Fall erhalten – und je dichter gestuhlt wird, desto notwendiger werden diese auch.
Fazit
Irkut zeigt mit dem dritten Prototypen, was in Sachen Innenraumgestaltung bei der MS-21 möglich ist. Die großzügigen Sitzabstände werden in der Serie garantiert etwas weniger üppig ausfallen, trotzdem dürfte der Komfort für die Standardrumpf-Klasse überdurchschnittlich bleiben. Für Airlines könnte die geräumige Kabine auch ganz pragmatischen Nutzen bringen – sie verlieren weniger Zeit beim Ein- und Aussteigen. Sieht also alles recht vielversprechend aus. Jetzt muss Irkut das Flugzeug nur noch zugelassen bekommen – und seinen Kunden funktionierenden Support bieten.