Endmontage der X-59
Die Überschall-Blindschleiche

Lockheed Martin montiert derzeit die X-59, mit der die NASA, dank einer computerberechneten Rumpfform, ab Ende 2022 "leise" Überschallflüge möglich machen will. Langsam aber sicher nimmt die "Überschall-Blindschleiche" Form an.

Die Überschall-Blindschleiche
Foto: NASA

Schnelles Mach-1.4-Tempo in 16765 Metern Reiseflughöhe und am Boden ein Überfluggeräusch von nur 75 PLdB oder 66 db(A). Und dies eher wie ein sanftes Autotür-Zuschlagen und nicht mit einem scharf peitschenden Doppelknall beim Überflug. Für diese revolutionären Zielvorgaben – sie könnten eines Tages "leisen" Überschallverkehr über dichter besiedelten Gebieten zulässig machen – hat die NASA als Hersteller eine der Topingenieurfirmen der USA verpflichtet, die legendären "Skunk Works" von Lockheed Martin, wo seit der Shooting Star über U-2, A-12 und SR-71 sonst geheimnisumwitterte Super-Jets für das Militär entstehen.

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Die Kameraanlage der X-59 an einem UC-12B-Testflugzeug.

Entenflügel und Höhenleitwerk

Das kalifornische Werk in Palmdale baut noch bis Jahresende die X-59, bevor diese für Bodentests nach Fort Worth geliefert wird. Roboter setzen die Niete und computergesteuerte Legemaschinen bringen das Verbundmaterial auf, weil die lärmvermeidende Form der X-59, mit ihrer schnabelartigüberlangen Nase, nur bei perfekter Bauqualität wirkt. Kehrseite der Medaille ist die extrem schlechte Sicht voraus. Hinzu kommt der hohe Anstellwinkel des Deltaflüglers bei Start und Landung. Innen ist der Flügel 76 Grad nach hinten gepfeilt, außen 68,6 Grad. Entenflügel und Höhenleitwerk sind 63 Grad gepfeilt, die Vorderkante des Seitenleitwerks 59 Grad.

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Wie später in der X-59 blickt man voraus nur auf einen 4K-Monitor.

Ausfallsicherheit

Statt auf eine Frontscheibe blickt der Pilot in der X-59 auf einen 4K-Monitor, den zwei Kameras mit Bildern versorgen. Redundant ausgelegte Systeme sollen für Ausfallsicherheit sorgen. Notfalls lassen sich die Kamerabilder auch auf anderen Cockpitinstrumenten einblenden. Eine Flugtestreihe des Systems hat die NASA Anfang September bereits erfolgreich abgeschlossen. Dabei wurde die Kamera- und Monitoranlage in einer Beech UC-12B Huron installiert. Neben der Orientierung des Piloten standen vor allem Tests des eingeblendeten Head-up-Displays und Kollisionswarntests auf dem Programm.

Lockheed Martin
Der Einsitzer soll beim Überschallflug keinen Doppelknall mehr erzeugen.

Anfangsflugerprobung und Überschalltests

Für diese ließ die NASA ein zweites Testflugzeug den Kurs der Beech absichtlich kreuzen. Der Erstflug der X-59 ist für Ende 2022 vorgesehen. Dann folgen neun Monate Anfangsflugerprobung und Überschalltests über Edwards. 2024 bis 2026 überfliegt die X-59 dann versuchsweise mehrere US-Großstädte, um die Lärmakzeptanz zu prüfen. 2027 sollen die Ergebnisse als Grundlage der neuen CAEP-13-Lärmstandards für Überschallflüge bei FAA und ICAO eingereicht werden.

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