Mit mehr als 7500 ausgelieferten Exemplaren ist Cessna heute der erfolgreichste Hersteller von Business-Jets weltweit, wenn es um Stückzahlen geht. Während andere Hersteller immer komplexere und teurere Flugzeuge entwickelten, setzte Cessna von Anfang an auf fliegerisch gutmütige Jets zu vergleichsweise moderaten Preisen. Inspirieren ließ sich der Flugzeugbauer aus Wichita anfangs unter anderem vom Erfolg des Learjet 23 in den 1960er-Jahren, dessen Name zum Synonym für die Business-Jets wurde.
Am Anfang stand der FanJet
Mit dem FanJet 500 hatten die Cessna-Ingenieure den Urvater der heutigen Citation-Familie entworfen, angetrieben von zwei Pratt & Whitney JT15D-1. Am 7. Oktober 1968 enthüllten der damalige Cessna-Vorsitzende Dwane Wallace und Präsident Del Roskam ein Mock-up des FanJets im Vorfeld der NBAA in Houston. Ihre Vision war es, die Lücke zwischen Turboprop-Twins und größeren Business-Jets zu füllen. Von Anfang an war das Flugzeug so konzipiert, dass es auch von einem Piloten allein geflogen werden kann. Ein späteres Zitat des damaligen Chefingenieurs Bruce Peterman zeigt aber auch, dass längst nicht alles perfekt war: „Einige hielten uns für verrückt, weil es ein relativ langsamer Jet war. Manche unserer Mitbewerber spotteten über Vogelschläge von hinten. Aber wir haben das Flugzeug einfach weiter produziert und verbessert, bis wir zum Großteil des Markts aufgeschlossen hatten.“ Unterdessen suchten die Marketing-Experten unter James B. Taylor einen Namen für den neuen Business-Jet. Schließlich ersann die Agentur Ogilvy & Mather die heute weltbekannte Bezeichnung „Citation“ – nach einem berühmten amerikanischen Rennpferd.

Die erste Citation
Vor 50 Jahren, am 15. September 1969 um 15.20 Uhr Ortszeit, hob Cessnas erster Business-Jet am Wichita Municipal Airport zum ersten Mal ab, wegen schlechten Wetters einige Stunden später als geplant. An Bord waren Pilot Milt Sills und Jim LeSueur als Co. Die Startrollstrecke war mit weniger als 500 Metern wie erwartet kurz, schließlich sollte der neue Jet auf kleinen Plätzen starten und landen können. Sills und LeSueur spulten ein umfangreiches Testprogramm ab und erreichten 415 km/h in niedriger Höhe von 3050 Metern, die dem Wetter geschuldet war. Die Landung nach einer Stunde und 45 Minuten wurde von Applaus begleitet. Sills: „Sie flog, wie wir es vorhergesehen hatten, und viel besser, als es für einen Erstflug zu erwarten gewesen wäre. Die Dinge liefen so gut, dass wir keine Bedenken hatten, länger als geplant in der Luft zu bleiben. Eigentlich sollte der Flug nur 45 Minuten dauern.“
Gewagte Investition
Auf der NBAA in Denver im September 1970 fiel der Startschuss für die Vermarktung. Bereits im April 1970 lag der Commercial Jet Marketing Division eine Liste mit mehr als 100 000 Namen potenzieller Kunden für den 695 000-Dollar-Jet vor. Das standardisierte Avionikpaket half, die Kosten zu senken und die Ausbildung der Piloten zu vereinfachen. In Wichita entstanden Büros, ein Service Center und somit neue Arbeitsplätze. Ein zeitgenössischer PR-Schachzug war der Citation Convincer: ein Lkw-Anhänger mit einem Mock-up des Jets, der mehr als 10 000 Meilen durch die USA und Kanada tourte.
Ende August 1971 rollte die erste Serien-Citation aus der Halle. Am 10. September folgte die Zulassung nach FAA Part 25, wenngleich trotz intensiver Bemühungen seitens Cessna nicht wie vorgesehen für den Single-Pilot-Betrieb – diese Genehmigung sollte erst später für die Citation I und II sowie weitere Modelle erfolgen. Als im Januar 1972 die erste Citation ausgeliefert wurde, hatte die Cessna Aircraft Company mehr als 35 Millionen US-Dollar in das Programm investiert, was 40 Prozent ihres Nettovermögens entsprach.

From Zero to Hero
Mit 52 gebauten Citations im Jahr 1972 katapultierte sich der Hersteller aus Wichita an die Spitze der Business-Jet-Hersteller. Im November 1974 wurde die 200. Citation ausgeliefert. Im Juli 1975 stand der Zähler bei 250, 1982 bei 1000, und 2016 übernahm NetJets die 7000. Citation, eine Latitude.
1976 stellte Cessna auf der 29. NBAA in Denver die Modelle Citation I, II und III vor. Die Citation I trat das Erbe der Citation an. Sie bot mehr Reichweite, 12 500 Meter Dienstgipfelhöhe und durfte in der Version SP als erster Business-Jet von einem Piloten allein geflogen werden. Sechs Stunden und 13 Minuten brauchte der Jet für einen Flug von Kalifornien nach New York. Die Citation II glänzte mit Platz für bis zu acht Passagiere und kurzer Startstrecke. Auf die Zulassung im Jahr 1978, ebenfalls Single Pilot, folgte eine 16 Jahre währende Produktionszeit des bestverkauften Jets seiner Klasse. Testpilot Ellis Brady: „Die Citation II hatte eine deutlich bessere Reichweite. Sie behielt die Eigenschaften der originalen Citation, hatte aber eine deutliche Verbesserung in puncto Kabinengröße und eine Reichweite, die es erlaubte, deutlich mehr Missionen zu fliegen.“
Die Familie vergrößert sich
In der Midsize-Kategorie war die Citation III angesiedelt. Ihre gepfeilten Flügel entstanden in Kooperation mit dem NASA-Experten Dr. Richard Whitcomb. In Höhen von bis zu 15550 m galt sie als schnellster Jet ihrer Klasse. Als Nachfolgerin kam Anfang der 1990er-Jahre die auf einen niedrigen Preis getrimmte Citation VI auf den Markt. Besonders signifikant waren die Innovationen der ab März 1992 ausgelieferten Citation VII mit verbesserter Steigrate, höherer Reisegeschwindigkeit und stärkeren Garrett TFE731-4.
Aus der Citation II ging 1984 das verbesserte Modell S/II hervor, gefolgt 1987 von der Citation V. Ihre Kabine war geräumiger, und die P&W-Triebwerke lieferten mehr Schub, was in einer Reisegeschwindigkeit von 790 km/h resultierte. Die nächste Generation dieses Familienzweigs trug ab 1994 den Namen Citation Ultra, versehen mit abermals besseren Flugleistungen, modifizierter Flugsteuerung und optimierter Kabine. Encore und Encore+ folgten.

Nach unten abgerundet
Ende der 1980er-Jahre traten die Cessna-Ingenieure erneut ans Reißbrett, um einen Einstiegs-Jet zu kreieren. CitationJet hieß die Nachfolgerin der Citation und Citation I, die am 29. April 1991 erstmals abhob. Durch clevere Bauweise gelang es, die Kabine zu vergrößern und gleichzeitig das Gewicht zu reduzieren. Reichweite und Geschwindigkeit übertrafen dank der Williams-Triebwerke und optimierter Aerodynamik die Werte der Vorgänger. Bis 1993 waren 100 Bestellungen eingegangen. Heute gilt die CJ-Reihe (Model 525) insbesondere hierzulande als Bestseller. Aktuell können Kunden CJ4, CJ3+ und das kleinste Modell M2 bestellen. Mehr als 2000 CJ wurden bisher ausgeliefert.
Der Umstieg von Kolbenmotorflugzeugen auf die kleine Jet-Familie ist für Piloten aus fliegerischer Sicht vergleichsweise einfach. Dr. Martin Altmann, der in seinem Charterunternehmen Frog Flugservice einen CitationJet betreibt und diesen selbst fliegt, bringt es auf den Punkt: „Die Citation ist sehr einfach, fast schon narrensicher zu fliegen. Ein großer Vorteil ist, dass viele Modelle von einem Piloten allein geflogen werden können.“ Gleichzeitig seien die Wartungskosten vergleichsweise moderat. Trotz ihrer zahlreichen Marketingnamen sind die Jets in eine überschaubare Zahl von Modellfamilien unterteilt, sodass Piloten mit nur einem Rating verschiedene Typen fliegen dürfen – ein handfester Vorteil auch für die Betreiber, die damit flexibler planen können.

Die Königin der Citation-Jets
Technisch herausragend in der Citation-Geschichte ist die X. Mit Mach .92 Reisegeschwindigkeit galt sie als schnellstes ziviles Flugzeug nach der Concorde. Weniger als sechs Stunden von New York nach London lautete die Ansage aus Wichita. Um dies zu erreichen, war ein punktgenaues Zusammenspiel zwischen Aerodynamik und Antrieb erforderlich. Beim Triebwerk fiel die Wahl auf das Allison 3007C. Die um 37 Grad gepfeilten Flügel mit superkritischem Profil entstanden zusammen mit Boeing-Spezialisten. Pilot Rick Trissell kratzte während der Tests mit Mach .99 an der Schallmauer. Der Arbeitsplatz der Piloten war dominiert vom Glascockpit Honeywell Primus 2000, und die Kabine bot Platz für bis zu zwölf Passagiere. Anfang 2019 wurde nach 22 Produktionsjahren und insgesamt 339 Exemplaren das letzte Flugzeug des modernisierten Nachfolgers X+ ausgeliefert.

Kein Ende in Sicht
Viele Modelle, Varianten und Updates prägen die Geschichte der Jet-Familie. Zu erwähnen sind beispielsweise die Excel und ihre Nachfolgerinnen XLS und XLS+, von denen bis 2013 mehr als 900 Stück ausgeliefert wurden. Eine Sonderrolle nimmt die Citation Mustang ein, die im April 2005 flügge wurde. Bis 2017 wurde Cessnas Entry-Level-Jet rund 480-mal gebaut. In die Rolle des Topmodells schlüpft – nach Aufgabe der Hemisphere-Entwicklung infolge von Triebwerksproblemen – die Citation Longitude. Als „Milliardengeschäft“ be- zeichnete der damalige CEO von Textron Aviation, Scott Ernest, auf der NBAA 2017 den Erfolg der 2014 vorgestellten und 2015 zugelassenen Citation Latitude, die teils aus der Sovereign hervorgegangen ist. Im April 2019 rollte das 200. Exemplar des Midsize Jets aus der Halle in Wichita.
