Die Zeitung "Seattle Times" berichtete am Sonntag, die FAA verweigere Boeing den Beginn der nächsten Flugtestphase mit der 777-9. Ohne die sogenannte "Type Inspection Authorization Readiness" (TIA) darf der Zweistrahler seine Anfangsflugerprobung noch nicht abschließen und noch nicht mit den eigentlichen Zulassungsflügen beginnen.
Grund soll ein Zwischenfall bei einem Testflug am 8. Dezember sein. Dabei soll das Testflugzeug N779XX auf dem Rückflug vom Flughafen Spokane zur Testflugbasis Boeing Field ein "ungesteuertes Nickereignis" erlitten haben. Ob sich der Großraumtwin dabei aufbäumte oder die Nase herunter nahm, ist nicht bekannt. Das Flugzeug konnte unbeschadet landen. Der äußeren Beobachtung nach setzte Boeing daraufhin alle Testflüge mit diesem Jet eine Woche lang aus.
Laut Seattle Times plane Boeing ein größeres Softwareupdate, um eine Wiederholung zu vermeiden. Bis dahin hätten die Testpiloten genaue Anweisungen erhalten, wie sie das erneute Auftreten des Problems umgehen können. Die FAA soll, im Einklang mit ihrer nach den MAX-Abstürzen wesentlich verschärften Linie, aber den Nachweis der Abstellung des Problems fordern, bevor sie weitere Testflugphasen freigibt. So lange erteilt sie keine TIA.
Außerdem bemängelt die FAA in einem Schreiben an Boeing, das auch der FLUG REVUE vorliegt, dass das Cockpit-Avioniknetzwerk der 777-9, das sogenannte "Common Core System" (CCS), nur mit erheblicher Verspätung durch Boeing zur Genehmigung vorgelegt worden sei. Die Software sei noch unvollständig und erfülle bisher nicht die TIA-Anforderungen. Zudem habe der Software-Lieferant sein Produkt nicht ausreichend durch Dritte überprüfen lassen und es sei unzulässigerweise fremder Programmcode der 787 mitgenutzt worden.
Unabhängig davon bemängelt die FAA, dass Boeing Änderungen an der Steuerung der 777-9 plane, darunter am Leitwerk und an den Warnanzeigen im Cockpit, deren mögliche Auswirkungen "signifikant" werden könnten. Auch die EASA habe, laut FAA; einer weiteren Freigabe der Tests zum jetzigen Zeitpunkt nicht zugestimmt.
Damit könnte sich die Indienststellung der bereits verspäteten 777-9 nochmals auf etwa Ende 2023 verzögern. Emirates, mit aktuell 115 festen Bestellungen größter Kunde, soll bereits mit einer Lieferung nicht mehr vor 2024 rechnen.