ATR spürt steigende Turboprop-Nachfrage

Italienisch-Französische Kooperation
ATR spürt wachsende Nachfrage

Veröffentlicht am 08.02.2022
Maldivian ist neuer Kunde für ATR.
Foto: ATR

ATR-Vorstandschef Stefano Bortoli und der kaufmännische Geschäftsführer Fabrice Vautier zogen am Dienstag in einer Pressekonferenz eine sehr positive Jahresbilanz und lobten die sich wieder deutlich verbessernden Aussichten. Demnach seien 2021 insgesamt 31 neue Flugzeuge ausgeliefert worden. Außerdem habe ATR den Weiterverkauf von zehn Gebrauchtflugzeugen vermittelt. Die Produktionsrate werde 2022 in den "oberen 30er Bereich" erhöht, so Bortoli. Man habe feste Bestellungen für weitere 196 Flugzeuge. Alle Flugzeuge im Werk seien verkauft, es gebe keine sogenannten "White Tails".

Ersatzbedarf für alte Turboprops

Der Gesamtmarkt profitiere vom Ersatzbedarf für 1200 Flugzeuge in den nächsten zwanzig Jahren. In diesem Segment stünden viele sehr alte 30- bis 50-Sitzer besonders dringend zum Ersatz an. In Japan, den USA und Malaysia habe die Erneuerungswelle bereits begonnen. Vor der Corona-Pandemie hätten viele Airlines die Kosten pro Sitz als zentrale Messgröße betrachtet. Seit der Krise rückten jedoch die Tripkosten in den Vordergrund. Damit könne ATR den Vorteil der wirtschaftlichen Turboprops noch besser ausspielen. "Wir brauchen 40 Prozent weniger Kerosin als jeder Jet", so Stefano Bortoli. 2021 seien 35 neue Bestellungen eingegangen. Damit habe ATR seit der Gründung über 1800 Flugzeuge verkauft.

Testflüge mit 100 Prozent SAF

Seit zwei Wochen fliege ein Versuchsträger mit 100 Prozent SAF-Treibstoff. Diese ATR sei bisher bei sieben Flügen mit rein synthetischem Kerosin in der Luft gewesen und ebne eine für 2025 angestrebte EASA-Zulassung für den kommerziellen, vollständigen SAF-Einsatz. Im Frühjahr starte außerdem die neue ATR 42-600S zum Erstflug, die mit neuesten PW 127XT-Triebwerken drei Prozent weniger Treibstoff verbrauche und eine 40 Prozent längere Einsatzdauer "am Flügel", zwischen den Wartungen, erreiche. Diese Version mit einem neuen Ruder soll bis Ende 2024 als STOL-Kurzstarter zugelassen werden.

Kein Stretch nötig

Die Größe der ATR-Familie sei mit bis zu 78 Sitzen ideal, antwortete Fabrice Vautier auf eine Frage der FLUG REVUE. Einen Bedarf, über die Größe der ATR 72 hinaus zu wachsen, gebe es derzeit nicht. Untersucht werde dagegen eine Combi-Version für eine Mischung aus Passagieren und Fracht. 150 Ingenieure stünden für die ständige, evolutionäre Verbesserung der Turbopropfamilie bereit. Diese erfolge strikt nach Kundenwünschen und habe auch stets die Kostenseite im Blick.

Corona erhöht die Nachfrage

Seit der Corona-Pandemie belebe sich das Regionalfluggeschäft, da viele Arbeitnehmer von zuhause aus arbeiteten und in Sekundärstädte zögen, was sich an den dort steigenden Grundstückspreisen ausdrücke. Diese Orte müssten sehr wirtschaftlich, umweltfreundlich und für den Kunden bezahlbar mit dem weltweiten Luftverkehrsnetz verknüpft werden, wozu ATR die idealen Produkte biete, so der Hersteller.