Der Plastik-Rebell Boeing 787 Dreamliner - Langstreckenjet der neuesten Generation

Langstreckenjet der neuesten Generation
Boeing 787: Der Plastik-Rebell

Veröffentlicht am 25.01.2025

Die Boeing 787 stammt aus der internen Boeing-Studienreihe "Yellowstone" (Bernstein), die nach der Jahrtausendwende komplett neu konstruierte Kohlefaser-Verbundwerkstoff-Nachfolger von 737 (Y-1), 767 (Y-2) und 777 (Y-3) untersuchte. Umgesetzt wurde schließlich Y-2, der Dreamliner, zunächst 7E7 und bald endgültig 787 getauft. Der schnittige Großraum-Zweistrahler für 250 bis 350 Passagiere sollte etwa das Größensegment der 767 abdecken. Die erste Version 787-8 – die angehängte Ziffer 8 steht hier für 8000 NM Reichweite (14 800 km) – sollte dank dieser neuen Ausdauer nun aber auch Transpazifikstrecken schaffen, und dies mit der hohen Reisegeschwindigkeit einer 747 oder 777, sodass man alle Muster problemlos in den gleichen Umläufen einsetzen kann. Bei der Rumpfbreite orientiert sich der Großraumtwin 787 an seiner großen Schwester 777. Flügel und Rumpf bestehen aber hier aus leichtem Kohlefaser-Verbundmaterial. Es wird computergesteuert in Legemaschinen und auf Spindeln gewickelt, bis feste, aber auch leichte, integrierte Rumpfsektionen entstehen, die mit Titanbolzen zusammengefügt werden.

Boeing 787 Dreamliner von Qantas im Flug von vorne fotografiert
Qantas

Strom statt Zapfluft

Neu ist auch die Systemarchitektur des "more electric aircraft", das seine Klimaanlage und Druckkabine nicht mehr mit Zapfluft der Triebwerke, sondern mit Druckluft aus einem elektrischen Kompressor versorgt. Das soll, im Vergleich zur Zapfluftentnahme, Treibstoff sparen. Triebwerke und Hilfsgasturbine sind mit sechs starken Generatoren auf den erhöhten elektrischen Energiebedarf an Bord ausgelegt. Damit die, ebenfalls verstärkte, Batterie bei etwaigen Störungen nicht "überkochen" kann, hat Boeing sie vorsorglich in einem brandsicheren Stahlbehälter im Unterdeck gekapselt eingebaut, sogar mit Überlauf ins Freie. Nach anfänglichen Zwischenfällen wegen Kinderkrankheiten arbeitet die Batterie aber inzwischen zuverlässig und störungsfrei. Das Zweimann-Cockpit der 787 nutzt eine elektronische Flugsteuerung, wie schon die 777, mit elektronischen Steuerhörnern und Ruderpedalen, aber anders als in Airbussen mit "Gefühl", also mit künstlichem Ruderdruck. Das Glascockpit der neuesten Generation verfügt über Head-up-Displays und Anzeigen des überflogenen Geländeprofils. Eine elektronische 3D-Böenlastkontrolle per Computer stabilisiert das Flugzeug in Turbulenzen und steigert damit den Passagierkomfort. Der Kabineninnendruck an Bord der 787 kann wegen des festeren Kohlefaserrumpfes höher und damit komfortabler gehalten werden. Er entspricht im Reiseflug 1800 Meter bis 2400 Meter Höhe. Damit ist die Luft auch feuchter, und die Fluggäste fühlen sich nach Langstreckenflügen weniger angestrengt. In der Kabine fallen neben der eleganten Linienführung vor allem die großen Fenster auf. Sie sollen allen Passagieren einen psychologisch beruhigenden, ständigen Bezugsblick zur Horizontlinie ermöglichen. Da heute viele Passagiere aber während der Flüge Filme betrachten oder am Computer arbeiten wollen, werden die großen Fenster häufig abgedunkelt. Dies geschieht in der 787 nicht mehr über Jalousien, sondern elektrisch über ins Fenster eingebettete Folien. Beim Kabinendesign legte Boeing besonderen Wert auf eine "repräsentative Eingangssituation" für den Fluggast. Farbige Lichtszenarien können dabei die Hausfarben der Airline aufnehmen, und die profanen Küchenschränke in den Galleys können zum Boarding durch elegantere Blenden verdeckt werden.

Ankunft erster Boeing 787 Dreamliner Lufthansa in Frankfurt Kennung D-ABPA
Lufthansa

Globale Partner liefern zu

Gebaut wird die 787 mithilfe internationaler Partner. So steuert Japan die Flügel bei und Italien mittlere Rumpfsektionen und Höhenleitwerke. Umgebaute Jumbos als Spezialtransporter liefern alles zur US-Endmontage, die sich heute nur noch in einem neu aufgebauten Boeing-Werk in Charleston, South Carolina, befindet. Die ursprüngliche 787-Endmontagelinie in Everett, gleich neben dem neu gebauten "Composite Wing Center" für Kohlefaserteile, ist heute nur noch mit 787-Nacharbeiten beschäftigt. Aus dem Dreamliner wurde mittlerweile eine Familie: Auf den Erstling 787-8 folgte die gestreckte 787-9 und die nochmals verlängerte 787-10 mit gleicher Startmasse und verringerter Reichweite. Dagegen wurde die ursprünglich für den japanischen Inlandsflugverkehr geplante 787-3 mit verkürzter Spannweite nicht umgesetzt. Mit fast 2000 Bestellungen ist die 787 für Boeing bereits ein großer Verkaufserfolg geworden. Allerdings schleppt das Programm 787 bilanziell noch immer hohe Anlaufkosten aus seiner Startphase mit. Airbus nimmt den modernen Konkurrenten 787 mit der A330neo und A350 gleich von oben und unten doppelt in die Zange. Wie von Boeing richtig vorhergesagt, hat sich heute der "Punkt-zu-Punkt"-Verkehr mit mittleren Flugzeugen bei vielen Airlines durchgesetzt. Wegen der mehrjährigen Verspätung ihrer fest bestellten Boeing 777-9 wählten viele Airlines angesichts dringend benötigter Langstreckensitze ersatzweise zusätzliche Boeing 787 als "Platzhalter", darunter Lufthansa.

Boeing 787-10 mit Boeing Livery über den Wolken
Boeing

Technische Daten Boeing 787 Dreamliner

Versionen

Boeing 787-8, Boeing 787-9 und Boeing 787-10 mit verschiedenen Rumpflängen

Design-Merkmale

Konventionell ausgelegter Tiefdecker mit Triebwerksgondeln unter den Tragflächen. Erster Airliner, der weitgehend aus Verbundwerkstoffen gefertigt wird.

Besatzung/Passagiere

Besatzung: 2 plus ca. 8 – 9 Flugbegleiter als Minimum

Passagiere:

787-8: 381 maximal, 248 normal (BA mit 214 in 3 Klassen)

787-9: 420 maximal, üblich 294 (Austrian mit 26 Business, 21 Premium Economy und 247 Economy, Air France mit 279)

787-10: 440 maximal, 336 normal (United: 44 Business, 21 Premium Economy, 253 Economy)

Antrieb

2 x General Electric GEnx-1B64, 67, 70, 76 oder Rolls-Royce Trent 1000

Startschub: 265 – 347,5 kN (Trent), 198 – 349,2 kN (GEnx)

Verbrauch: 2,5 Liter pro Passagier auf 100 km

Abmessungen

Länge: 56,71 m (787-8), 62,80 m (787-9), 68,30 m (787-10)

Höhe: 16,90 m (787-8), 17,02 m (787-9, 787-10)

Spannweite: 60,12 m

Kabinenbreite: 5,49 m

Massen

Leermasse: 119 950 kg (787-8), 128 850 kg (787-9), 135 500 kg (787-10)

max. Kraftstoff: 126 205 l (787-8), 126 356 l (787-9, 787-10)

max. Masse ohne Kraftstoff: 161 100 kg (787-8), 181 435 kg (787-9), 192 775 kg (787-10)

max. Startmasse: 227 930 kg (787-8), 254 010 kg (787-9, 787-10)

max. Landemasse: 172 365 kg (787-8), 192 775 kg (787-9), 201 850 (787-10)

Flugleistungen

max. Geschwindigkeit: Mach 0.9

Reisegeschwindigkeit: Mach 0.85, ca. 900 – 910 km/h

Dienstgipfelhöhe: 13 135 m oder 12 530 m (787-10)

Reichweite: 13 530 km (787-8), 14 010 km (787-9), 11 730 km (787-10)

Struktur

Zelle weitgehend in Verbundwerkstoffbauweise

Fahrwerk

Doppelt bereiftes Bugfahrwerk, Hauptfahrwerk mit acht Reifen

Systeme

Fly-by-Wire-Steuerung, Cockpit mit fünf großen Bildschirmen im Querformat und zwei Head-up-Displays