Verschmähte Lufthansa-747 landet in Deutschland

Verschmähter Jumbo Jet
Jetzt hat er es doch noch zu Lufthansa (Technik) geschafft

Zuletzt aktualisiert am 09.11.2021

Noch immer verrät die Lackierung in den Lufthansa-Grundfarben, dass dieses Flugzeug einst als 20. Boeing 747-8I für den Kranich bestellt worden war. Allerdings war Lufthansa nachträglich von der Bestellung zurückgetreten, weil Boeing das Flugzeug wesentlich intensiver in die Flugerprobung eingeunden hatte als vertraglich vereinbart. Außerdem hätten zahlreiche technische Veränderungen diese früh gebaute 747-8 gegenüber ihren später hergestellten 19 LH-Serienschwestern zur Exotin gestempelt. Lufthansa ist dafür bekannt, möglichst immer zusammenhängende Produktionslose abzunehmen, um damit die Wartung zu vereinfachen.

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Mehr gestanden als geflogen

Und so kam es, dass die bestellte und nicht abgeholte 747-8I niemals ihr angedachtes Kennzeichen D-ABYE erhielt. Stattdessen fristete die verschmähte Testmaschine mit der MSN 37826 und der Werknummer 1435 jahrelang ein eher trostloses Dasein, verbrachte sie den Großteil ihres Flugzeuglebens doch auf diversen Flugzeugfriedhöfen in den USA. Die Odyssee begann am 21. Mai 2015 mit einem knapp zweieinhalbstündigen Flug zum Pinal Air Park in Marana, Arizona. Dort blieb sie eingemottet bis zum Sommer 2017, kam dann für eine Weile zurück nach Everett ins Boeing-Werk, flog von dort nach San Antonio auf die Lackland Air Foce Base und landete schließlich im Juni 2018 auf dem Flughafen Victorville in der Mojave-Wüste.

Patrick Zwerger

Ägyptisches Kennzeichen

Im Sommer 2021 aber zog in den Jumbo Jet endlich wieder Leben ein. Bereits im Frühjahr hatte sich angedeutet, dass Boeing das Flugzeug reaktivieren könnte, führte die Bestellübersicht für Februar doch unter anderem ein Exemplar der 747-8 in der Passagierversion für einen nicht genannten Kunden auf. Anfang Juli dann fuhren die Techniker in Victorville erstmals seit Jahren wieder die Systeme der Maschine hoch. Sechs Wochen später, am 21. August, rollte die MSN 37826 schließlich zur Startbahn, hob ab und nahm direkten Kurs zum gut zwei Flugtsunden entfernten Boeing-Flughafen in Everett. Dort erhielt die bislang als N828BA registrierte 747 ein neues Kennzeichen: SU-EGY. Das nährte Spekulationen, dass die Beinahe-Lufthansa-Maschine bald eine Karriere als Regierungsjet für die ägyptische Regierung starten könnte, denn SU ist das Länderkürzel für die Arabische Republik Ägypten.

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Ägyptens neue "Air Force One"

Offiziell bestätigt ist der "Verdacht" noch immer nicht – doch eigentlich ist spätestens seit dem vergangenen Wochenende alles klar. Am Abend des 6. November nämlich startete die SU-EGY zu ihrem ersten Interkontinentalflug. Der führte sie – Ironie des Schicksals – schließlich doch noch nach Deutschland, zu Lufthansa Technik in Hamburg. Dort rollte der Jumbo am 7. November in den Morgenstunden auf den Hof. In den kommenden Jahren soll er bei den Kabinen-Profis des Kranichs eine Ausstattung als VIP-Jet erhalten.

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Odyssee mit glücklichem Ausgang

Ägyptens Regierungsflieger dürften den Neuzugang warmherzig erwarten, denn sie haben Erneueruzngsbedarf: Bislang dient den Nordafrikanern ein Airbus A340-200 als Präsidentenflugzeug – die SU-GGG, Baujahr 1995. Zwar hat auch die designierte Nachfolgerin bereits zehn Jahre auf dem Buckel, in dieser Zeit allerdings nur wenige Flugstunden gesammelt. Technisch ist die SU-EGY daher noch sehr jung, zumal Boeing den Jumbo bis 2015 aufwändig nachgerüstet und strukturell überholt hat. So sieht alles danach aus, dass die einst von Lufthansa verschmähte 747-8I bald als VIP-Jumbo für den Präsidenten Ägyptens an den Himmel zurückkehrt – und die Odyssee der MSN 37826 am Ende doch noch eine glückliche Wendung nimmt.