Business Jet ohne Fenster: Das ist die Otto Phantom 3500 - erster Kunde steht schon fest

Erster Großkunde steht bereits fest
Business Jet ohne Fenster - das ist die Otto Phantom 3500

ArtikeldatumVeröffentlicht am 25.10.2025
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Erfindet Otto Aerospace gerade die Business Aviation neu? Glaubt man den Versprechen des US-amerikanischen Unternehmens, hat die Phantom 3500 das Zeug dazu, zumindest mit einigen Konventionen zu brechen. Wie radikal die Ingenieure bei der Entwicklung des neuen Jets sind, beweist vor allem der Verzicht auf Fenster in der Kabine. Die technischen Daten versprechen zudem ein extrem effizientes Geschäftsreiseflugzeug. Diese Ankündigung fällt in eine Zeit, in der neue Projekte in der Business Aviation eher Seltenheitswert haben. Während sich die großen Hersteller auf Updates und bevorstehende Zulassungen fokussieren – so ist Bombardier mit der Global 8000 auf der Zielgeraden, die Branche erwartet mit Spannung Fortschritte in Dassaults 10X-Programm und Textron Aviation hat die Citation Ascend im Köcher – beschreitet Otto Aerospace neue Wege im Segment der Midsize Jets. Der Vergleich mit dem ebenfalls in Entwicklung befindlichen HondaJet Echelon drängt sich auf – dazu gleich mehr.

Ein unbeschriebenes Blatt ist das Unternehmen aus Fort Worth in Texas nicht. 2019 machte Otto Aerospace (damals noch als Otto Aviation) mit der Celera 500L Furore. Deren tropfenförmiger Rumpf sollte für optimale Aerodynamik sorgen, dazu gab es schmale Tragflächen und als Antrieb war im Heck der bis zu 500 PS starke Zwölfzylinder‑Jetfuel‑Motor A03 von RED Aircraft aus Adenau in der Eifel installiert. Geflogen ist die Celera irgendwann im Sommer 2020. Dass sie heute Geschichte ist, bestätigt Chief Operating Officer Scott Drennan, der damals noch nicht im Unternehmen war. Gleiches gilt für die kurzzeitig angedachte Wasserstoff‑Version Celera 750L. Geblieben ist die Vision eines wirtschaftlichen Flugzeugs mit einer Menge unkonventioneller Ideen.

Eine digitale Illustration eines futuristischen Flugzeugs mit der Aufschrift 'Phantom 3500', das über den Wolken fliegt.
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Aerodynamische Kniffe

Ein Teil der Celera lebt in dem neuen Light Jet weiter: Sie lieferte das Know‑how für die saubere Aerodynamik, in der das Rezept für die angestrebte Effizienz liegen soll. Die Rumpfform der in Faserverbundbauweise konzipierten Phantom erinnert dabei an die Celera – der Begriff Zäpfchen drängt sich auf. "Die laminare Strömung reduziert den Luftwiderstand auf ein Niveau, das in der kommerziellen Luftfahrt nie erreicht wurde", heißt es seitens des Herstellers. Im Gegensatz zu herkömmlichen Konstruktionen sei die Phantom frei von Turbulenzen und Phänomenen, die Effizienz beeinflussen. Zudem gab es aufwändige Windkanalversuche auf beiden Seiten des Atlantiks – in den USA, aber auch im Europäischen Transsonischen Windkanal (ETW) in Köln. "Alle drei Tests verliefen erfolgreich", sagte Firmenchef Paul Touw. Es habe dabei eine äußerst präzise Bestätigung des Designs gegeben.

Ein weiterer Kniff auf dem Weg zum sparsamen Business Jet sieht Otto Aerospace im Verzicht auf Fenster. Denn diese, so argumentierte Scott Drennan bei der Vorstellung auf der Paris Air Show im Juni, seien potenzielle Schwachstellen in der Struktur. Ein Rumpf ohne Fenster sei einfacher und damit günstiger in der Produktion. Die Konsequenz: Bei der Phantom 3500 lässt Otto Aerospace die Gucklöcher weg – und setzt stattdessen auf großflächige Flachbildschirme, die den Passagieren die Umgebung virtuell in der Kabine anzeigen sollen. Die Kabine mit flachem Boden misst 6,70 Meter in der Länge, knapp 1,96 Meter in der Höhe und 2,29 Meter in der Breite.

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Hohe Effizienz

Mit ambitionierten technischen Eckdaten des Projekts möchte Otto die Konkurrenz in der Klasse der Super Midsize Jets auf die Plätze verweisen. An Bord sollen bis zu neun Passagiere Platz finden. Mit vier Gästen sollen Nonstop‑Reisen von mehr als 5900 Kilometern möglich sein. Die maximale Flughöhe in 15,5 Kilometern ist in 28 Minuten erreicht und liegt weit oberhalb des kommerziellen Linienverkehrs und auch oberhalb der meisten Business Jets. Auf Langstrecke geht es mit Mach 0.78. Knapp 1100 Meter sollen für einen sicheren Start des maximal 8,6 Tonnen schweren Jets genügen.

Für die Phantom 3500 hat Otto Aerospace das bewährte Williams FJ44 ausgesucht, das unter anderem diverse Citation‑Modelle sowie die Pilatus PC‑24 antreibt – also ein eher kleines Paket für einen Super Midsize Jet. Der Flugzeugbauer argumentiert allerdings damit, dass die saubere Aerodynamik, die fehlenden Fenster und die leichte Carbon‑Zelle des zukünftigen Flugzeugs so viele Vorteile mit sich brächten, dass die Phantom 3500 es mit der Konkurrenz aufnehmen könne – und im Vergleich zur Bombardier Challenger 350, Cessna Citation Latitude oder der Embraer Praetor 500 bis zu 61 Prozent weniger Treibstoff benötigen soll.

Die Betriebskosten sollen 50 Prozent unter denen eines "durchschnittlichen Super Midsize Jets" liegen. Fließt nachhaltig produzierter Treibstoff in die Tanks, sollen sich die CO2‑Emissionen gar um 90 Prozent senken lassen. Auf ein ähnliches Marktsegment zielt der HondaJet Echelon, der als Light Jet die Leistungsdaten der Mittelklasse erfüllen soll. Der Jet soll mit rund 4860 Kilometern einen Nonstop‑Flug über die USA ermöglichen, und auch sollen neun bis zehn Passagiere Platz finden. Honda Aircraft setzt ebenfalls auf Wirtschaftlichkeit und verspricht eine um 40 Prozent bessere Kraftstoffeffizienz im Vergleich zu Midsize Jets. Die Produktion hat im Februar in Greensboro, North Carolina, begonnen, der Erstflug ist für das Jahr 2026 angesetzt.

Ein modernes, futuristisches Flugzeug fliegt über den Wolken. Das Flugzeug hat ein elegantes, aerodynamisches Design und trägt die Aufschrift 'Phantom 3500'.
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Felxjet bestellt als Erstkunde 300 Exemplare

Drei Jahre Entwicklungsarbeit hat Otto Aerospace bislang in die Phantom 3500 investiert, die weitere Planung ist ehrgeizig. Dieser Tage soll die vorläufige Entwurfsprüfung abgeschlossen sein. Teile mit langen Lieferzeiten sind bestellt, darunter das Triebwerk. 2026 soll der Prototyp entstehen, dessen Erstflug für das Jahr 2027 geplant ist. Die Zulassung soll 2030 vorliegen. Bislang konnten dem Vernehmen nach rund 200 Millionen Dollar für das Projekt aufgebracht werden, eine weitere Finanzierungsrunde stehe unmittelbar bevor, hieß es.

Im Rahmen der UP.Summit gab Otto Aerospace schließlich bekannt, dass der Business Jet rund 19,5 Millionen US-Dollar kosten soll. Und obwohl der Erstflug noch in ferner Zukunft liegt, steht der Erstkunde bereits fest: Flexjet hat 300 Exemplare der Phantom 3500 fest bestellt, mit Option auf weitere Flugzeuge. Der US-Operator bietet Geschäftsreisenden Eigentumsanteile an den Flugzeugen nach dem Prinzip des Fractional Ownership an und soll künftig zudem ein von Otto autorisiertes Servicezentrum werden. "Die Entscheidung von Flexjet, seine Flotte um die Phantom 3500 herum aufzubauen, spricht Bände darüber, wohin sich die Luftfahrt entwickelt. Als eine der größten Bestellungen von Geschäftsreiseflugzeugen in der Geschichte der privaten Luftfahrt markiert dies einen Wendepunkt in der Entwicklung der Branche hin zu nachhaltigem und effizientem Flugverkehr", sagte Paul Touw, CEO von Otto Aerospace.