Beschlagnahmte Antonow in Kanada: "Diebstahl nach Piratenart!"

Beschlagnahmte Antonow An-124
Volga-Dnepr spricht von „Piraterie“ - Appell an Kanada

Veröffentlicht am 16.05.2025

Per Gerichtsentscheid will Kanadas Regierung durchsetzen, dass die seit 27. Februar 2022 am Flughafen Toronto festsitzende Antonow An-124 dem Eigentum von Volga-Dnepr Airlines entrissen wird. Anschließend soll der vierstrahlige Riesenfrachter zu Antonov Airlines aus der Ukraine kommen, deren Technikpersonal sich vor Ort in Toronto bereits ein Bild vom Zustand der Maschine machte. Die Ukrainer sehen in der Übereignung eine Art Reparationszahlung Russlands.

Dass die russischen Eigentümer sich das nicht gefallen lassen wollen und unter anderem – erfolglos – durch den Anstoß eines Schiedsverfahrens intervenierten, ist nicht überraschend. Objektiv betrachtet wirkt die Rechtsgrundlage einer solchen Umwidmung von Vermögenswerten in der Tat mehr als wacklig – Sanktionen hin, Sanktionen her. Zumal Volga-Dnepr Airlines zwar aus Russland kommt, allerdings kein staatseigenes Unternehmen ist, sondern privat geführt wird. In einem (womöglich) letzten verbalen Rundumschlag brandmarkt Volga-Dnepr Kanadas Gebahren deshalb als "illegale Enteignung" und "piratenartigen Diebstahl". Die Beschlagnahmung der Antonow werfe "Zweifel an den internationalen Geschäftspraktiken des Landes auf", so die Russen in einer Stellungnahme. Kanada, "das einst als Sitz der wichtigsten internationalen Luftfahrtorganisationen ICAO und IATA ausgewählt wurde", spiele mit seinem guten Ruf und schicke sich an, "die gewaltsame Übernahme von Privateigentum" zu fördern.

"Auf humanitärer Mission"

Volga-Dnepr habe, nachdem die Antonow Ende Februar 2022 aufgrund der Sperrung des kanadischen Luftraums für russische Flugzeuge in Toronto gestrandet war, von Beginn an versucht, mit den kanadischen Behörden "auf Grundlage einer zuvor etablierten Kommunikation gemäß internationalen Geschäftsregeln" nach einer Lösung zu suchen. Da sich die An-124, die zuvor eine Ladung Covid-19-Tests aus China nach Kanada gebracht hatte, auf einer humanitären Mission befand, müsse man den Fall ohnehin politisch neutral werten. Schließlich sei der Flug "Teil einer lebensrettenden Logistikmission zur Überwindung der Pandemie, ihrer Folgen und zum Schutz der Weltbevölkerung in Zusammenarbeit mit anderen Ländern" gewesen. Statt konstruktiver Zusammenarbeit aber habe man aus Kanada "nur Verstöße gegen alle internationalen Geschäftsregeln, mangelnde Kommunikation und die illegale Zurückhaltung von Privateigentum" erfahren.

Patrick Zwerger

"Unbefugtes Personal"

Besonders auf die Palme bringt die Russen außerdem der Umstand, dass Angehörige fremder Unternehmen (mutmaßlich Antonov Airlines) die An-124 mit dem Kennzeichen RA-82078 vor Ort "illegal inspiziert" hätten. "In letzter Zeit haben wir alarmierende Berichte und Fotos erhalten, die illegale Versuche unbefugten Personals belegen, an Bord unserer Flugzeuge zu gelangen", erklärte Volga-Dnepr-Generaldirektor Igor Aksenow. "Jegliche technische Arbeit oder Wartung durch unqualifizierte Fachleute kann zu schweren Schäden an den Flugzeugen führen." Diese Situation mache sein Unternehmen, die internationale Gemeinschaft und andere in Kanada tätige Unternehmen "völlig ratlos", so der Airline-Chef weiter. Volga-Dnepr sei einst selbst an der Entwicklung der zivilen Version der An-124 beteiligt gewesen und verfüge deshalb aus dieser Zeit über "einzigartiges Wissen" zu deren Betrieb.

Appell aus Russland

Aksenow betonte überdies, sein Unternehmen agiere seit 35 Jahren erfolgreich am Markt für übergroße Luftfrachttransporte und habe sich weltweit bei Kunden "einen tadellosen Ruf" erarbeitet. Bis zu jenem verhängnisvollen 27. Februar 2022 habe Volga-Dnepr mehr als 250 Flüge von und nach Kanada organisiert und dabei rund 9.500 Tonnen Spezialfracht im Auftrag kanadischer Unternehmen und Organisationen transportiert. Das habe immer reibungslos geklappt, unterstrich Akenow. Umso mehr zeigte sich der Manager betroffen über Kanadas "Versuch einer Piratenübernahme" der gestrandeten Antonow – und ließ seine Airline einen finalen offiziellen Appell an die kanadischen Behörden ausrichten: "Die Rückgabe der An-124 an Volga-Dnepr Airlines wird die Harmonisierung des Marktgleichgewichts fördern, sich positiv auf die Stabilität der Lieferketten auswirken und den Ruf Kanadas als Land wahren, das sich an das Völkerrecht hält und die gewaltsame Übernahme von Privateigentum nicht fördert."