Ein Regionalflugzeug bauen, dem die Zukunft gehört. Das, und nicht weniger, ist der Anspruch, den Brasiliens Flugzeugbauer Embraer für sein neues Turboprop-Konzept definierte. Eigentlich wollte Embraer ab Mitte 2023 erste Bestellungen dafür entgegennehmen. Bereits Ende des vergangenen Jahres ließ der Hersteller aber durchblicken, dass die zunächst für 2028 angesetzte Markteinführung sich nach hinten verschiebt. Drei Monate später, bei der Vorstellung der Gesamtergebnisse für 2022 am 10. März, gestand Embraer-Chef Francisco Gomes Neto auf Nachfrage, dass das Projekt mehr oder weniger zum Stillstand gekommen sei.

"Nicht begraben"
Ein komplettes Aus für den Turboprop-Traum soll das aber definitiv nicht bedeuten. Das betonte der Embraer-CEO vergangenen Donnerstag während eines Pressegesprächs in São Paulo, bei dem auch die FLUG REVUE zugegen war. Vielmehr habe man sich gezwungen gesehen, die Entwicklung auf Eis zu legen, weil am Horizont kein passender Antrieb zu sehen sei, der den angestrebten Technologiesprung bringen könne. Konkret ging es wohl vor allem darum, dass Embraer Triebwerke fordert, die zum einen mit 100 Prozent nachhaltigem Kerosin (also SAF), sowie später auch mit Wasserstoff laufen können. Die unterbreiteten Vorschläge erfüllten diese Kriterien anscheinend nicht. Sobald sich das ändert, will Embraer mit der Arbeit an dem neuen Flugzeug aber weitermachen. Das unterstrich neben Gomes Neto auch Zivilluftfahrt-Chef Arjan Meijer: "Wir haben das Projekt nicht begraben. Wir haben dem Markt einfach klargemacht, dass wir mehr Zeit brauchen."
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Gegenspieler für ATR
Das Interesse an dem inoffiziell auch E3 und firmenintern Brasilhão genannten Turbopropmuster war seitens der Fluggesellschaften durchaus gegeben. Bis Mitte 2022 hatte Embraer nach eigenen Angaben rund 250 Kaufabsichtserklärungen eingeheimst. In Brasilien sah man die Neuentwicklung von Beginn an bewusst als Kontrahenten der ATR 72, die vor mehr als 30 Jahren auf den Markt kam. Der für 80 bis 100 Passagiere ausgelegte "Next Generation Turboprop" solle "neues Leben" in das Segment der Regionalflugzeuge bringen – und mit "einzigartigem Design, überlegenem Komfort, exzellenter Wirtschaftlichkeit" sowie "grüner" Attitüde punkten. So hieß es noch im Sommer letzten Jahres in einem Werbevideo. Wen das damals überzeugte, der muss sich jetzt gedulden – bis irgendwer mit der passenden Antriebslösung für den Embraer-Turboprop um die Ecke kommt.