Für ein US-Militärflugzeugprogramm, aus dem die Lockheed C-5 Galaxy als Sieger hervorging, entstanden in den sechziger Jahren bei Pratt & Whitney leistungsstarke JT9D-Mantelstromtriebwerke einer neuen Größe. Sie dienten Boeing ab 1965 als Basis, um ein vierstrahliges Passagierflugzeug für den damaligen Branchenriesen Pan Am zu bauen, die Boeing 747. Gleich 25 Flugzeuge für 550 Millionen Dollar bestellte Airline-Chef Juan Trippe 1966 fest. Für den Hersteller bedeutete das Großprojekt, zu dem auch ein neues Endmontagewerk in Everett bei Seattle gehörte, einen finanziellen Kraftakt an der Schmerzgrenze. Denn die parallele Entwicklung der 737 verteuerte sich, und das staatlich geförderte Überschallprojekt "Supersonic Transport" (SST) wurde abgebrochen. Ein kleines Ingenieurteam unter Joe Sutter schaffte es dennoch, den Großraumriesen am 9. Februar 1969 zum Erstflug zu bringen. Mit Größe, Raum und Komfort begeisterte der "Jumbo-Jet" das Publikum. Im Oberdeck wurde eine Bar mit Lounge eingebaut. Über 400 Passagierplätze an Bord erforderten weitreichende Änderungen an den Flughäfen, beim Vertrieb und bei den Preisen. Nun gab es auch eine "Economy Class" für reisende Normalbürger.

Feierliches Jumbo-Roll-out am 30. September 1968 auf der Großbaustelle in Everett.
747-400 brachte den kommerziellen Durchbruch
Nach der Ölkrise, mit nun viel höheren Kerosinpreisen, verbesserte Boeing die 747-100 mit zuverlässigeren und sparsameren Triebwerken zur 747-200, die bei vielen Airlines zum Flaggschiff avancierte, aber oft mehr aus Prestigegründen und für ihre Reichweite gekauft wurde, nicht weil man alle Sitzplätze benötigt hätte. Wer noch mehr Reichweite brauchte, konnte sich auch die verkürzte 747SP (Special Performance, ursprünglich SB für Short Body) bestellen, um Ultralangstrecken nonstop zu bedienen. Danach erschien die 747-300 mit verlängertem Buckel, Erstbetreiberin war Swissair 1983. Aber erst die danach folgende 747-400 verhalf dem Jumbo zum endgültigen, kommerziellen Durchbruch. Diese auch mit viel Lufthansa-Input entwickelte Generation erhielt nochmals neuere Triebwerke, ein Zweimann-Glascockpit und den verlängerten Buckel der -300, so dass man oben die Business Class oder First Class einbauen konnte. Fast die Hälfte der insgesamt 1573 Jumbo-Auslieferungen entfielen auf die 747-400 (694 Stück).

Dank seines Buckels kann der Jumbo als Frachter auch bequem durch ein Bugtor beladen werden.
Jumbo glänzt als Frachter
Neben der Passagierversion gab es die 747 auch als Frachter mit großem Bugtor. Die Auslegung mit dem Cockpit im Buckel war von Anfang an auf die Beladung durch den Bug ausgelegt. Frachter gab es auch als Mischform "Combi", mit hinterem, seitlichen Frachttor und als "Quick Change"-Ausführung mit Sitzen und Einbauten auf Paletten. Verschärfte Brandschutzvorschriften ließen diese Varianten im zivilen Verkehr verschwinden. Viele gebrauchte Jumbos älterer Generationen verdienten sich nach dem Einsatzende im Passagierdienst noch als Umbaufrachter ihre Rente.

Die NASA warf Space Shuttles vom Jumbo aus ab und flog die Orbiter huckepack zu ihrem Startplatz.
Sonderrollen
Auch in allerhöchste Kreise schaffte es die 747: So bestellte sich die US Air Force die VC-25A als VIP-Präsidentenjet und eine Schwesterversion E-4 als gehärteten, fliegenden Befehlsstand für Atomkriegsszenarien. Unter anderem Japan, Südkorea, Indien und China nutzten den imposanten Jumbo für ihre Staatsoberhäupter. Selbst mit exotischsten Sonderrollen kam der Riese zurecht: So benutzte die NASA zwei umgebaute Passagier-747, um Space Shuttles zu transportieren und sogar im Flug abzuwerfen. Das fliegende DLR- und NASA-Oberservatorium SOFIA beobachtete das All aus einer umgebauten 747SP. Noch heute betreibt der Iran die 747 als militärischen Tanker. Auch als ziviles Löschflugzeug und USAF-Testträger für eine chemischenLaserkanone wurde die 747 eingesetzt. Boeing selbst baute sich mit dem voluminösen Dreamlifter einen Spezialtransporter, um 787-Flügel und Sektionen um den Globus zur Endmontage zu transportieren.

Die militärischen E-4 (Foto) und VC-25B, basierend auf der 747-8, markieren die letzten Varianten des Jumbo-Jets.
Die letzte 747 ist noch nicht ausgeliefert
Wie schon bei 767 und 747-400 versuchte Boeing, auch die modernste Jumbo-Generation 747-8 logistikfreundlich mit den Triebwerken der 787 anzubieten. Doch trotz einiger Verkaufserfolge bei Lufthansa, Korean Air, Air China, UPS und Cargolux kam die 2005 gelaunchte und 2010 zum Erstflug gestartete Generation 747-8 mit gestrecktem Rumpf und neu profilierten Flügeln nicht mehr auf die erhofften Stückzahlen. 467 Passagiere in drei Klassen kann die 747-8 befördern. Ende Januar 2023 lieferte Boeing nach nur 155 Bestellungen, davon zwei Drittel Frachter, das letzte Flugzeug aus. Das letzte Flugzeug? Nicht ganz, denn ein Kunde erhält seine beiden Jumbos noch neu ab Werk: Der US-Präsident. Auch als nächste "Air Force One" wurde nämlich bereits die 747-8 ausgewählt. Dazu lässt sich die USAF derzeit zwei fabrikneue Passagierjumbos, die einst von Transaero aus Russland bestellt, aber nie ausgeliefert wurden, umbauen. Auch damit ist noch nicht Schluss, denn die USAF lässt auch noch ihre "Weltuntergangs"-Flotte der E-4 mit der 747-8 modernisieren. Hierzu wurden fünf "jung-gebrauchte" Passagierflugzeuge bei Korean Air erworben, um durch Sierra Nevada (Boeing lehnte die Vertagsbedingungen ab) aufwendig zu "Survivable Airborne Operations Center" (SAOC) umgerüstet zu werden.

Lufthansa ist der weltweit größte Kunde und Betreiber der Boeing 747-8I.
Zeitalter der Jumbos neigt sich dem Ende zu
Die Boeing 747 wird damit noch jahrzehntelang im Einsatz bleiben. Als größter Kunde der modernsten Version 747-8 Intercontinental und weiterhin Betreiberin der Vorgängerin 747-400 setzt Lufthansa heute weltweit die meisten Passagierjumbos ein. Anders als die A380 pausierten die Jumbos auch während der Corona-Flaute nicht, weil sie als Containerfrachter wertvolle Dienste leisteten. Dennoch geht das Zeitalter der vierstrahligen Langstreckenjets langsam dem Ende entgegen. Die große Konkurrenz modernster Zweistrahler macht dem Jumbo, wie auch schon der A380, das Leben immer schwerer. Moderne Twins lassen sich risikoloser gut auslasten und fliegen mittlerweile zu den Sitzplatzkosten ihrer großen Brüder. Außerdem ziehen die Airlines mit mehr Flügen pro Strecke und Tag zahlungskräftigere Fluggäste an, die für ihr Ticket mehr bezahlen, sofern sie genau zu ihren Wunschzeiten fliegen können.

Die Steuerung der 747-8 ist traditionell mechanisch über hydraulisch verstärkte Steuerhörner.
Technische Daten Boeing 747-8
Versionen
Boeing 747-8I (Passagiere), Boeing 747-8F (Fracht), Boeing VC-25B ("Air Force One"): zwei speziell ausgerüstete Flugzeuge (Festpreisvertrag von 3,9 Milliarden Dollar von 2018), Survivable Airborne Operations Center von Sierra Nevada (gebrauchte 747-8I)
Design-Merkmale
Konventionell ausgelegter Tiefdecker mit Triebwerksgondeln unter den Tragflächen. Cockpit hoch gelegt, dahinter zusätzlicher Passagierraum im Oberdeck. Tragflächen mit super-kritischem Profil und gepfeilten Flügelspitzen
Besatzung/Passagiere
Besatzung: 2 plus Flugbegleiter (neun Ruhe-liegen für zehn Besatzungsmitglieder)
Passagiere: bis zu 605 (Exit Limit). Normal ca. 467 (356 Economy, 87 Business, 24 First), Lufthansa: 244 Economy, 32 Premium Economy, 80 Business, 8 First. Korean Air: 314 Economy, 48 Prestige, 6 First
Frachter: 46 x Paletten (96 x 125 inch) plus 2 x LD1
Antrieb
4 x General Electric GEnx-2B67
Schub: 4 x 296 kN
Lärmentwicklung: Vorbeiflug: 94,0 EPNL, Überflug: 94,5 EPNL, Anflug: 101,0 EPNL bei maximaler Startmasse laut EASA
Abmessungen
Länge: 76,25 m
Höhe: 19,35 m
Spannweite: 68,45 m
Flügelfläche: 554 m²
Kabinenbreite: 6,10 m
Frachtraumvolumen: 180 m³ Frachtvolumen 747-8F: 873,7 m³ (692,7 m³ Hauptdeck und 150,9 m³ Unterflur)
Frachtnase: 3,81 x 2,49 m Zugang Seitliches Frachttor: 3,40 x 3,05 m
Massen
Leermasse: 220 100 kg oder 197 100 kg (747-8F)
max. Nutzlast: 76 100 kg oder 134 000 kg (747-8F)
max. Kraftstoff: 238 610 l oder 226 120 l (747-8F)
max. Startmasse: 447 700 kg
max. Landemasse: 312 050 kg oder 346 090 (747-8F)
Flugleistungen
Reisegeschwindigkeit: 920 km/h, Mach 0.86 Frachter: 907 km/h, Mach 0.845
Dienstgipfelhöhe: 13 100 m
Reichweite: 13 650 km oder 7900 km (747-8F)
Struktur
Weitgehend konventionelle Aluminiumkonstruktion mit Verwendung von Verbundwerkstoffen in weniger kritischen Bereichen
Fahrwerk: Wie bei älteren 747 mit zwei Rädern vorn und 16 Haupträdern, aber mit neuen Materialien und neuen Rädern, Reifen und Bremsen
Systeme
Flugsteuerung teils mit Fly-by-Wire (Spoiler und Querruder). Innen Doppelspaltklappen, außen einteilige Klappen. Cockpit mit großen Farbbildschirmen.