Wenn man ein Flugzeug für entlegene Regionen baut, muss man es auch in den entlegenen Regionen testen. Das war das Credo, unter dem Russlands Flugzeugbau-Holding UAC ihr neues Regionalflugzeug Il-114-300 für Intensiv-Flugtests nach Gorno-Altaisk am Fuße des Altai-Gebirges überführte. Gorno-Altaisk ist die einzige nennenswerte Stadt der ansonsten ausnehmend dünn besiedelten Republik Altai am südwestlichen Rand Sibiriens. Genau die richtige Umgebung also, um zu überprüfen, ob sich die Il-114-300 wirklich für das ihr zugedachte Habitat des russischen Hinterlandes eignet.
Gleich beide aktuell aktiven Prototypen der Il-114-300, Testkennzeichen 54115 und 54116, schickte UAC für diese Tests nach Gorno-Altaisk. Erklärtes Ziel der verantwortlichen Ingenieure war es, die neue Turboprop-Zweimot mit "der maximalen Anzahl von Betriebsarten" zu konfrontieren – und das russische Prestigeprodukt in der Region zugleich von seiner besten Seite vorzustellen.
Der kleine Regionalflughafen von Gorno-Altaisk mit seiner 2,3 Kilometer langen Betonbahn unterstützte die Flugtests seinerseits mit der Bereitstellung sämtlicher notwendiger Infrastruktur – darunter Parkplätze und Unterkünfte für die UAC-Mitarbeiter und natürlich Flugsicherheit, Betankung, Stromversorgung und alle weiteren Bodendienste rund um die Flugzeuge.
Il-114-300 auf Stippvisite in Baikonur
Im Zentrum der Flugkampagne, die aktuell noch andauert, stehen laut Hersteller die Zuverlässigkeit der Navigationssysteme in bergigem Gelände sowie Starts und Landungen auf Flugplätzen ohne befestigte Runway. Auch "Langstrecken" und Flüge ins benachbarte Ausland stehen im Lastenheft. So besuchte die Il-114-300 mit dem Kennzeichen 54115 am 22. Oktober den Luftlinie rund 1.800 Kilometer entfernten Flughafen Baikonur in Kasachstan. Der andere Prototyp 54116 absolvierte derweil am selben Tag einen gut 3.000 Kilometer langen Nonstopflug zurück zu seinem Heimatort, dem Werksflugplatz von RSK-MiG in Luchowizy bei Moskau. Etwa sechs Stunden war die Il-114-300 dabei unterwegs.

Am 22. Oktober besuchte eine Il-114-300 nach Start in Gorno-Altaisk den Flughafen Baikonur in Kasachstan.
Ziel ist die Musterzulassung bis Ende des Jahres
Die Projektverantwortlichen zeigten sich mit dem bisherigen Verlauf der Flugtests mit der Il-114-300 einmal mehr zufrieden. Daniil Brenerman, Chef der UAC-Tochter Iljuschin, gab zu Protokoll, das Muster befinde sich nun endgültig "in der abschließenden Phase der Zertifizierungsprüfungen." Die Kampagne in Gorno-Altaisk laufe plangemäß und erfolgreich. "In Kürze schließen wir die in Altai vorgesehenen Arbeiten ab und bringen das Flugzeug zur Basis zurück, um das Zertifizierungsprogramm abzuschließen", so Brenerman.
Die Musterzulassung für die Il-114-300 wollte man bei UAC eigentlich bis Ende 2025 in den Händen halten. Am 23. Oktober wandte Sergej Tschemesow, Chef des UAC-Mutterkonzerns Rostec, gegenüber Journalisten jedoch ein, dass es wohl erst Frühjahr 2026 wird. Unmittelbar danach könnte dann die Auslieferung der ersten Maschinen an Fluggesellschaften starten. Russland möchte mit der für bis zu 68 Passagiere ausgelegten Il-114-300 einerseits veraltete Sowjet-Turboprops wie die Antonow An-24 ersetzen, vor allem aber auch eine Alternative zu westlichen Mustern wie der De Havilland DHC-8 oder der ATR 72 schaffen.





