Boeing äußert Bedenken zum neuen Tank der A321XLR

Sicherheitsbedenken beim Brandschutz?
Boeing erhebt Einwände gegen A321XLR-Rumpftank

Veröffentlicht am 03.03.2021
Airbus A321XLR
Foto: Airbus

Der neue Tank im Rumpf der A321XLR befindet sich hinter dem Hauptfahrwerksschacht in einem Bereich, der bisher zum hinteren Frachtraum gehörte. Der fest eingebaute, sogenannte Integraltank für 12.900 Liter Kerosin füllt den gesamten unteren Rumpfquerschnitt aus und reicht bis unter den Fußboden der Kabine und bis an die Rumpfwände. Damit bietet er auf kurzer Rumpflänge relativ viel Tankvolumen, ohne dass im hinteren Frachtraum die bisher nötige Fläche für zwei modulare Zusatztanks verloren geht und ohne, dass die Schwerpunktlage zu stark beeinflusst wird. Der Langstreckentank ist das neue Alleinstellungsmerkmal der A321XLR, die unter den Airbus-Flugzeugen derzeit mit bereits 450 Verkäufen der Kassenschlager ist, und die bei Boeing auf kein direktes Konkurrenzprodukt trifft.

Wenig Platz zum Isolieren

Normalerweise würde man an der Oberseite des Tanks der A321XLR eine "dicke" Isolierung zum Kabinenfußboden anbringen, damit keine etwaige Strahlungskälte des kalten Kerosins den Passagierkomfort stört. Diese Isolierung müsste nach den Zulassungsvorschriften gemäß Baustandard CS 25.856(b) feuersicher ausgeführt werden. Weil der Platz für die übliche Isolierung dort aber nicht reicht und weil diese Isolierung zugleich die sogenannten "Decompression Panels" zum Schutz bei Druckschwankungen blockieren würde, hatte Airbus bei der EASA um eine Sondergenehmigung ersucht, wie die Vorschriften anders erfüllt werden dürfen. Dem hatte die EASA statt gegeben und dem Hersteller freigestellt, die vorgeschriebene Brandsicherheit in einem realen Test, mittels numerischer Simulation oder durch das Herbeiziehen von passenden Vergleichskonstruktionen nachzuweisen. Dabei geht es um eine Feuerbeständigkeit über fünf Minuten, während derer die Kabine am Boden evakuiert werden kann.

Airbus

Boeing zählt mögliche Gefahren auf

Wie in Zulassungsverfahren üblich, dürfen dazu Kommentare geäußert werden, die öffentlich einsehbar sind. Mildred Troegeler, Director, Global Regulatory Strategy, The Boeing Company, meldete sich für den Airbus-Konkurrenten mit zwei Bedenken bei der EASA zu Wort: Demnach seien Integraltanks grundsätzlich weniger redundant als strukturell getrennte Tankzellen. Dies bedeute im Fall von Bränden, etwa durch Kerosinlachen von außen, eine erkennbar höhere Gefährdung. Auch bei anderen Brandszenarien als sie die Vorschrift 25.865(b) annehme, wie Explosionen, durchbrennende Feuer und die Ausbreitung von Dämpfen, gebe es eine Vielzahl von möglichen Gefahren. Diese Fälle würden durch die geplante Ausnahmeprüfung nicht ausreichend erfasst. Die Zulassung eines Integraltanks im Rumpf sei bei Strukturschäden gefährlich, etwa wenn das Flugzeug nach Fahrwerksversagen über die Landebahn rutsche.

EASA: Kein Änderungsbedarf bei Sondererlaubnis

Die EASA prüfte die Einwände und entschied, ob sie daraufhin ihre geplanten Zulassungsbedingungen noch verändert. Zum Einwand über Explosionen, Treibstofflachen und Verpuffungen sagte die Behörde bereits, es werde dazu ohnehin noch eine detaillierte Vorgabe erlassen, die keine Änderung der ergangenen Erlaubnis erfordere. Auch die strukturelle Festigkeit des Integraltanks werde eingehend auf die Erfüllung der Flugzeug-Konstruktionsstandards nach AC-25-8 geprüft. Die EASA werde dazu geeignete Maßstäbe definieren, die aber ebenfalls keine Änderung ihrer Sonderfreigabe aufgrund des Einwandes erforderten.

Mit 101 Tonnen maximaler Startmasse soll die A321XLR auf eine Reichweite von 8700 Kilometer kommen und dabei 30 Prozent weniger Kerosin verbrauchen als Vorgängermuster. Der Erstflug ist für 2022 vorgesehen, die ersten Auslieferungen ab 2023.