Die Abdeckung gehört zu einer sogenannten "Mid-Cabin Emergency Exit Door", einer hier ständig verschlossenen und abgedeckten Notausgangsöffnung, die nur bei Kabinenkonfigurationen mit besonders vielen Sitzen benötigt wird. Weil die Türöffnung serienmäßig im hinteren Rumpf jeder 737 MAX 9 eingebaut ist, wird sie bei Nichtnutzung permanent verschlossen. Dann wird ein Stück Rumpfwand mit einem Fenster eingesetzt, an mehreren Stellen fest mit Spezialbolzen mit dem Türrahmen verschraubt und innen in der Kabine so verkleidet, dass man keine Türposition mehr erkennt.

Diese vom NTSB veröffentlichte Grafik zeigt auf, wie die Abdeckung im Rumpf der Boeing 737 Max 9 befestigt wird.
Explosiver Druckverlust
Am 5. Januar löste sich bei der Boeing 737-9, N704AL, von Alaska Airlines auf dem Flug von Portland nach Ontario mit 171 Passagieren und sechs Besatzungsmitgliedern die Abdeckung der besagten Notausgangsöffnung im Steigflug. Die beiden nächstgelegenen Sitze in der Reihe 26 waren nicht besetzt. Dennoch soll bei dem explosiven Druckverlust in einer Höhe von 4900 Metern einem Kind dessen T-Shirt durch den Luftzug gewaltsam vom Leib gerissen worden sein, außerdem wurden Gegenstände, wie Mobiltelefone, aus der Kabine gerissen. Das Flugzeug konnte zurückkehren und unbeschadet landen. Passagiere wurden nicht verletzt. Allerdings gab es Schäden im Inneren der Kabine. Das besonders empfindliche Leitwerk war durch die abgerissene Rumpfverkleidung glücklicherweise nicht beschädigt worden.
Warnanzeigen seit Antenneneinbau
Das noch fast fabrikneue Flugzeug war kürzlich mit einer Satellitenempfangsanlage nachgerüstet worden. Seitdem soll es mehrfach zu ungeklärten Kabinendruck-Warnanzeigen gekommen sein. Alaska Airlines soll das besagte Flugzeug deshalb bereits von ihren ETOPS-Überwasserstrecken nach Hawaii abgezogen haben und eine größere Wartungsuntersuchung für ausführlichere Kontrollen angesetzt haben, vor der es jedoch schon zum jetzigen Zwischenfall kam.
Nächster Einsatz erst nach Sonderkontrolle
Die US-Behörde für Transportsicherheit, NTSB, hat die Ermittlungen übernommen. Die Luftfahrtbehörde FAA wies alle Betreiber von Boeing 737 MAX 9 per "Emergency Airworthiness Directive" an, die 171 Flugzeuge der gleichen Version erst nach einer vier- bis achtstündigen Dringlichkeitsinspektion wieder einzusetzen. Die gleiche Türbauart für ein zusätzliches Paar Notausgangstüren wird auch bei den Schwesterflugzeugen Boeing 737-900ER, Boeing 737-8200 und Boeing 737-10 verwendet. Dort sind aber meistens aktive Notausgangstüren und keine verschlossenen Abdeckungen eingebaut.
Neuerliches MAX-Problem?
Der Flugzeughersteller Boeing erklärte, man entschuldige sich zutiefst für die Auswirkungen auf Kundenairlines und Passagiere. Man stimme der FAA-Maßnahme zu, eine Sonderkontrolle an baugleichen Flugzeugen durchzuführen. Außerdem unterstützte Boeing das NTSB mit einem technischen Beraterstab bei dessen Untersuchungsarbeit. Man werde in engem Kontakt mit den Aufsichtsbehörden und den Kunden bleiben.
UPDATE vom Dienstag:
Das NTSB untersucht derzeit die sichergestellte Türabdeckung auf verlorene oder nicht korrekt installierte Sicherungsbolzen. Laut NTSB muss sich die Türabdeckung in ihrer Halterung vor dem Verlust nach oben bewegt haben, sodass zwölf Halteplatten nicht mehr korrekt fassten. Ein Hochrutschen der Abdeckung wird normalerweise durch vier fest mit dem Türrahmen verschraubte Sperrbolzen verhindert. Auf der gegenüberliegenden Rumpfseite waren alle Bolzen korrekt montiert.
Die am jetzt betroffenen Flugzeug gemeldete Warnanzeige der Druckregelung, eine Art Wackelkontakt, scheint nicht mit dem aktuellen Türabdeckungsproblem zusammenzuhängen. Auch gab die Firma, die im Auftrag von Alaska Airlines nachträglich die zusätzliche Antennenanlage einbaute an, sie habe keinerlei Arbeiten an den Türabdeckungen vorgenommen.
Unterdessen meldete United Airlines, bei der Überprüfung eigener Boeing 737 MAX 9 fehlende, bzw. nicht korrekt verschraubte, Bolzen an Türabdeckungen entdeckt zu haben. Die Zahl der betroffenen Flugzeuge wurde nicht genannt.