Messerschmitt Bf 109 zieht in den Krieg - Fronterfolg trotz Startproblemen

Die berühmte 109 zieht in den Krieg
Feuertaufe der Messerschmitt Bf 109

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Veröffentlicht am 18.01.2025

Hohe Erwartungen begleiteten den Transport der ersten Messerschmitt Bf 109 nach Spanien. Dort sollte der hochmoderne Tiefdecker seine Tauglichkeit unter Einsatzbedingungen bei der Legion Condor beweisen. Um die neuesten Flugzeugentwicklungen zu erproben, richtete die Luftwaffenführung in Tablada bei Sevilla das Versuchskommando 88 ein, zu dem auch die Versuchsjagdstaffel 88 (VJ/88) gehörte. Als geheimes Frachtgut brachte man die Versuchsflugzeuge Bf 109 V3, V4 und V6 samt Ersatzteilen am 5. Dezember 1936 an Land, begleitet von Fachpersonal, das die Jäger zügig montierte. Doch bereits der erste Flug mit der Bf 109 V6 endete desaströs, als der offenbar fliegerisch zu unerfahrene Gefreite Koch die ungewohnte Jagdmaschine gleich nach dem Start überzog und das wertvolle Flugzeug aus gut 20 Metern Höhe abschmierte. Das Missgeschick endete mit Totalschaden und Kochs Heimkehr. Als zweite 109 war die V3 am 14. Dezember flugklar, drei Tage darauf auch die V4.

Bf 109 A, 6-15 der 2. J/88
Sammlung Ringlstetter

Zahlreiche Probleme

Während der Flüge traten zahlreiche Schwierigkeiten auf, von kleinen konstruktiven Mängeln bis hin zu rasch überhitzenden Jumo-210- Motoren, deren Kühler sich als zu klein erwiesen. Bemängelt wurde beispielsweise auch die Kabinenhaube, die insgesamt zu wenig Sicht bot und in den gerundeten Bereichen verzerrte. Hinzu kamen den Erwartungen nicht entsprechende Flugleistungen. Durch den Ausbau von allem, was nicht unbedingt nötig war, darunter das Bomben- magazin und die Funkanlage, stiegen die Flugleistungen etwas an. Die erreichten rund 420 km/h waren auch der starren Luftschraube geschuldet, womit die 109 jedoch immer noch weit schneller war als alle Doppeldecker-Jagdflugzeuge. Am 11. Februar 1937 verunglückte Leutnant Rehahn bei der Landung mit der Bf 109 V3 tödlich. Schuld gewesen war jedoch nicht die 109, sondern Rehahns falsch gepackter Fallschirm samt Wäsche, die er auf einem Überführungsflug mit sich führte. Mitte Februar 1937 trafen die ersten von 15 Serienmaschinen Bf 109 A in Spanien ein. Zu Feindberührungen kam es vorerst nicht, da die deutsche Jagdeinheit in einem ruhigen Frontabschnitt lag, wo kaum Kampfhandlungen stattfanden. Zudem hatten die Erprobungsflieger Weisung, nur Bomber über eigenem Gebiet anzugreifen und Jägerkämpfe wenn möglich zu vermeiden. So beschränkte sich der Einsatz auf Übungs- und Sperrflüge. Zudem lernten die Piloten die Bf 109 nach und nach besser kennen. Von Ersatzteilen machte man dabei reichlich Gebrauch. Ein Grund dafür lag in der Neigung der 109, bei Start und Landung über die linke Fläche auszubrechen. So lag der Bedarf an linken Tragflächen etwa doppelt so hoch wie an rechten. Noch stand der Messerschmitt-Jäger am Anfang seiner Einsatzkarriere und es brauchte noch jede Menge Feinschliff bis zu seiner tatsächlichen Einsatztauglichkeit. Dabei waren die Messerschmitt-Techniker bemüht, die an der Front gemachten Erfahrungen rasch in Verbesserungen umzusetzen und in die Serie einfließen zu lassen.

Erste 109 in der Heimat

Auch in der Heimat stand 1937 der Umstieg auf den neuen Verfolgungsjäger an. Als erste Einheit der Luftwaffe kam die in Jüterborg-Damm stationierte II. Gruppe des Jagdgeschwaders 132 "Richthofen" im Februar 1937 in den Genuss erster Exemplare der ersehnten Jagdmaschine, die ihre Heinkel He 51 ersetzte. Dabei handelte es sich um das Serienmuster Bf 109 B-1, zunächst noch mit starrem Holzpropeller. Für die an offene Doppeldecker mit festem Fahrwerk gewöhnten Flugzeugführer bedeutete die 109 eine enorme Umstellung. Das Fliegen mit den bisher in der Jagdwaffe genutzten He 51 und Arado Ar 68 glich bis auf die wesentlich besseren Flugleistungen im Grunde dem im Ersten Weltkrieg. Auch waren in führenden Positionen noch Piloten aus jener Zeit vertreten, die den neuen Jäger teils misstrauisch betrachteten. Besonders der geschlossenen Kabine standen viele Flugzeugführer skeptisch gegenüber. Die Geschwindigkeit einschätzen, den Gegner beobachten und überhaupt das fliegerische Gefühl, wie sollte das abgeschottet hinter Plexiglasscheiben funktionieren? Eine weitere Neuerung war das einziehbare Fahrgwerk der 109, auf das die Piloten bei der Einweisung besonders eindringlich hingewiesen wurden. Denn eine Bauchlandung mit eingezogenen Rädern führte zu einer mehr oder weniger großen Beschädigung der auf Leichtbau getrimmten Messerschmitt. Doch passierte dieses Missgeschick sogar einem einweisenden älteren Feldwebel, der die schnittige Bf 109 nach einem Vorführflug beim JG 334 unter großem Gelächter der versammelten Flugzeugführer mit eingezogenem Fahrwerk auf die Wiese setzte. Auch mussten sich die Piloten an ein paar Eigenheiten der 109 gewöhnen. Das eng stehende Hauptfahrwerk und die Probleme des kleinen Jägers bei Start und Landung ließen, wie in Spanien, Unfälle nicht ausbleiben. Insgesamt kamen gerade die jüngeren Jagdflieger schnell mit dem neuen Jäger und seinen Eigenarten zurecht. Auch für das Wartungspersonal bedeutete der Wechsel eine komplette Umstellung, die mit einer intensiven Einweisung auf den neuen Typ einherging. Die Öffentlichkeit erfuhr vom neuen Luftwaffe-Jäger im Sommer 1937, als fünf Bf 109 am IV. Züricher Flugmeeting teilnahmen und in mehreren Wettbewerbskategorien als Sieger hervorgingen. Die Schweiz bestellte daraufhin 1938 zehn Bf 109 D, nachdem man auch die He 112 begutachtet hatte.

Bf 109 B-1 der II. Gruppe des JG 132 im Jahr 1937
Sammlung Ringlstetter

Abschuss über Spanien

In Spanien bei der Legion Condor ging im März 1937 die Versuchsjagdstaffel 88 in die 2. Staffel der Jagdgruppe 88 (2.J/88) über. Sie blieb zunächst die einzige Bf-109-Einheit der Jagdgruppe. Staffelkapitän der 2.J/88, auch "Zylinderhut-Staffel" genannt, war Oberleutnant Günther Lützow, der am 6. April mit dem Abschuss eines (laut Lützow) Curtiss-Jägers bei Otxandio im Baskenland den ersten Luftsieg mit der Bf 109 erzielte. Da tatsächlich keine Curtiss (bzw. I-15, siehe Kasten Seite 18) verlorenging, handelte es sich wahrscheinlich um eine tschechische Letov Š-231, deren Pilot von der Bf 109 abgeschossen wurde, ausstieg und in Gefangenschaft geriet. Zum Aufeinandertreffen mit republikanischen Polikarpow I-16 kam es erstmals am Vormittag des 12. Juli 1937, wobei Unteroffizier Guido Höness zwei Aufklärungsbomber Polikarpow R-Z abschoss, jedoch kurz darauf unter den Garben einer I-16 fiel. Am Nachmittag holte Leutnant Rolf Pingel einen SB-Bomber und eine I-16 herunter. Feldwebel Peter Boddem schoss ebenfalls eine I-16 ab. Auf der anderen Seite war Höness’ Bf 109 A der erste Verlust eines Messerschmitt-Jägers. Es dauerte bis August 1937, ehe auch die 1.J/88 (Holzauge-Staffel) mit Bf 109 ausgerüstet war. Erst ab Juli 1938 tauschte die 3.J/88 (Mickey-Mouse-Staffel) ihre He 51 gegen Bf 109. Das Kommando über die 3. Staffel führte seit 24. Mai 1938 Oberleutnant Werner Mölders, der Adolf Galland ablöste. Beide gehörten später zu den fähigsten deutschen Jagdfliegern. Die 4.J/88 behielt ihre He 51, während die 5.J/88 den neuen Sturzkampfbomber Junkers Ju 87 (bald in der Kampfgruppe 88) sowie die Ar 68 als Nachtjäger erprobte.

Sechs Männer posieren vor einer Bf 109 B des JG 132
Sammlung Ringlstetter

Luftherrschaft

Hatten die Jagdflieger der 2.J/88 in ihren Bf 109 alleine schon ein deutliches Zeichen in den oft harten Luftkämpfen gesetzt, gehörte die Jagdgruppe 88 spätestens mit drei einsatzklaren Bf-109-Staffeln zu den schlagkräftigsten Jagdeinheiten während des Spanischen Bürgerkriegs. Die stets im Brennpunkt des Geschehens operierende J/88 flog Begleitschutz- und Jagdeinsätze, aber auch gegen Bodenziele. Für die republikanischen Jagdflieger, die überwiegend I-15 und I-16 flogen, bedeutete die Bf 109 eine böse Überraschung. Zwar zeigten sich beide Sowjet-Maschinen als weitaus manövrierfähiger als der deutsche Jäger. Andererseits schien die schlanke "109" das schnellere Flugzeug zu sein, das die Republikaner anfangs in Unkenntnis des Typs respektvoll als schneller Tiefdecker bezeichneten. Tatsächlich war dieser Vorteil der ersten Bf 109 gegenüber der I-16 Typ 5, von den Nationalisten auch "Rata" (Ratte) genannt, relativ gering. Für die deutschen Jagdflieger stand rasch fest, dass mit üblichen, klassischen Kurvenkämpfen mit der 109 nichts zu gewinnen war. Also galt es, neue Kampftaktiken zu erproben, um die Stärken des schnellen Messerschmitt-Jägers effektiv nutzen zu können. Die bisher übliche starre Kettenformation mit jeweils drei Flugzeugen wich dem Schwarm, bestehend aus zwei Rotten mit je zwei gestaffelt fliegenden Maschinen. Die sogenannte Vierfinger-Formation ermöglichte es den Piloten, sehr beweglich und flexibel zu operieren. Federführend bei deren Entwicklung war Oberleutnant Lützow, der am 15. September 1937 nach Deutschland zurückkehrte. In der Folge feilte besonders Oberleutnant Werner Mölders weiter an der neuen Taktik und perfektionierte sie. Die bald schon für die gesamte deutsche Jagdwaffe übernommene Schwarm-Formation und die daraus resultierenden taktischen Möglichkeiten trugen in hohem Maße dazu bei, dass bereits mit den frühen Bf-109-Varianten die Luftherrschaft über Spanien errungen werden konnte. Doch zeigte der zierliche Messerschmitt-Jäger auch Schwächen, wie das eng stehende, wenig stabile Fahrwerk, die geringe Reichweite sowie die Bewaffnung der A- und B-Variante mit nur zwei 7,92-mm- Maschinengewehren. Denn das durch die hohle Propellernabe schießende Motor-MG der Bf 109 B nervte oft mit Ladehemmung und wurde daher meist ausgebaut. Der Vorteil daran: Die Maschine wurde leichter und damit auch etwas agiler. Wenngleich wiederum schwerer als die Bf 109 B-1, stellten die C- und D-Muster der 109 mit je zwei MG 17 in Rumpf und Flächen eine in Sachen Bewaffnung klare Verbesserung dar. Der ständige Wechsel von Flugzeugführern und Bodenpersonal ermöglichte es einer großen Anzahl an Luftwaffenangehörigen, wertvolle Erfahrungen im scharfen Einsatz zu sammeln. Viele deutsche Jagdflieger legten in Spanien die Grundlage für ihre weitere erfolgreiche militärische Karriere. Unter diesen frühen Experten befanden sich spätere Größen wie Hannes Trautloft, Wilhelm Balthasar, Walter Oesau, Günther Lützow oder Werner Mölders, der im Dezember 1938 mit 14 Abschüssen als erfolgreichsten Jagdflieger der Legion Condor heimkehrte.

Zwei Bf 109 Dora des JG 71 beim Start
Sammlung Ringlstetter

Standardjäger

Die heimische Jagdwaffe war inzwischen stark angewachsen und durchgängig mit Bf 109 ausgestattet, meist Bf 109 D. Die 109 hatte sich etabliert und die Jagdflieger wiesen mit Stolz auf ihr Einsatzgerät, das zu den weltweit modernsten Typen gehörte. Die Verbände befanden sich in fortwährender Umstrukturierung mit neu aufgestellten Einheiten und Umbenennungen. Bereits seit 1934 unterteilte man in leichte und schwere Jagdgruppen, die dann als Zerstörer-Einheiten aus den leichten Jagdverbänden hervorgingen. Deren Einsatzflugzeug wurde ab 1939 der zweimotorige schwere Jäger Messerschmitt Bf 110. Bis dahin flogen die künftigen Zerstörer-Piloten Bf 109. Nach 86 Bf 109 V, A, B und D trafen im Herbst 1938 die ersten Bf 109 E in Spanien ein und auch die Einheiten der Jagdwaffe rüsteten nach und nach auf das neue Modell um. Mit der Emil-Variante schlug Messerschmitt ein weiteres Kapitel in der 109-Entwicklung auf. Der Jäger begeisterte seine Piloten mit der Kraft von 1000 PS und nie dagewesenen Flugleistungen.