Bei den Belgian Air Force Days in Kleine-Brogel hatte sie am vergangenen Wochenende ihren letzten großen Auftritt – und durfte mit einer kleinen Sonderlackierung stolz ihren jüngsten Flugstunden-Meilenstein zu Schau tragen: Volle 8.000 Stunden hat die F-16 mit der Kennung FA-95 jetzt im Flugbuch stehen, 38 Jahre alt musste sie dafür werden. Doch die Sammelei hat ab sofort ein Ende, denn fliegen wird die FA-95 zukünftig nicht mehr. 8.000 Stunden sind das von Lockheed Martin festgesetzte Lebensdauer-Limit für die Zelle der F-16. Aus diesem Grund wird die einst bei SABCA in Belgien endmontierte Meilenstein-Maschine fortan auf dem Boden bleiben und Mechaniker-Azubis als Lehrmaterial dienen.

Belgiens F-16 nähern sich dem Ende ihrer strukturellen Lebensdauer - ein Grund für die Belgier, sie nicht an die Ukraine weiterzureichen.
Jets "mit Rissen im Rumpf"
Mit ihrem beachtlichen Stundenkonto ist die FA-95 unter Belgiens F-16 jedoch nicht allein. Die nunmehr noch 43 F-16AM/BM (Bock 20), die das Rückgrat der belgischen Luftverteidigung formieren, stehen nach offiziellen Angaben aus Brüssel ebenfalls mehr oder weniger dicht vor der kritischen Marke. Eine immer wieder ins Gespräch gebrachte Abgabe der Flugzeuge an die Ukraine kommt deshalb laut Regierung nicht in Betracht. "Niemand wird die politische Entscheidung treffen, Ausrüstung mit Rissen im Rumpf zu liefern", brachte es Generalleutnant Frédéric Goetynck, Leiter der Abteilung Infrastruktur im belgischen Verteidigungsministerium, auf den Punkt. Die belgischen F-16 seien für die Zwecke der Ukraine nicht mehr geeignet. Colonel Koen Vanheste, Base Commander am Fliegerhorst Kleine-Brogel, betonte, in er Luftfahrt gebe es keinen Raum für Fehler. "Sobald ein Flugzeug seine zertifizierten Flugstunden überschreitet, gilt es nicht mehr als betriebssicher", so Vanheste. Mit zunehmendem Alter wachse überdies auch der Wartungsaufwand für die Maschinen stark an.

44 F-16AM/BM hatte die belgische Luftwaffe bis zum 8. September 2023 im Einsatz. Jetzt sind es noch 43.
Alte F-16 mit Upgrade
Belgien hatte einst 160 F-16A und B im Einsatz, die ab den frühen 80er-Jahren – ähnlich wie in Dänemark, Norwegen und den Niederlanden – den Starfighter F-104 ersetzten. Ende der 90er-Jahre erhielten die Jets das sogenannte Mid Life Update (MLU), in dessen Zuge sie mit neuer Avionik und neuen Systemen ausgestattet wurden. Dieses Update hob die belgischen F-16 technisch auf ein Niveau, das den von der US Air Force geflogenen F-16C Block 50/52 nahekommt. Unter anderem besitzen sie seither ein für den Nachtflug geeignetes Head-up-Display, können präzisionsgelenkte Munition abwerfen und fliegen mit dem nachgerüsteten Feuerleitradar AN/APG-66 von Northrop Grumman.
Ukraine geht (fast) leer aus
In den kommenden Jahren wird Belgien seine F-16 durch 34 Lockheed Martin F-35 ersetzen. Die ersten beiden belgischen Stealth-Fighter befinden sich derzeit in der Endmontage, die Übernahme verzögert sich jedoch bis voraussichtlich Mitte 2024, weil Lockheed Martin mit dem TR3-Upgrade für seinen Bestseller terminlich im Hintertreffen ist. Belgiens Verteidigungsministerin Ludivine Dedonder betonte dementsprechend, dass man die F-16 ungeachtet ihres Alters für Primäraufgaben selbst brauche – und diese Primäraufgaben liegen laut Dedonder in der Luftraumsicherung über den Benelux-Staaten. Ein weiterer Grund, weshalb die Ukraine nicht auf belgische F-16-Spenden zählen kann – wenngleich Brüssel betonte, sich an der Ausbildung ukrainischer Piloten auf F-16 trotzdem beteiligen zu wollen.