Man kann Wladimir Putin vieles nachsagen, aber immerhin körperlich ist er mit seinen 71 Jahren noch gut beisammen. Zumindest reicht es aus, sicheren Schrittes die Leiter ins Cockpit einer Tupolew Tu-160M hinaufzuklettern. Der russische Präsident besuchte am 21. Februar das Flugzeugwerk Kasan. Dort entstehen – auf sein persönliches Geheiß – seit geraumer Zeit wieder neue Exemplare der legendären "Blackjack", wie die Tu-160 im NATO-Jargon genannt wird. Auch die Modernisierung der Bestandsflotte geht in Kasan über die Bühne. Putin ließ sich vor Ort über die aktuelle Lage informieren – ein Termin, der wegen der anstehenden Präsidentschaftswahl im März medial groß ausgeschlachtet wurde, den der Kreml-Chef aber auch sichtlich genoss.

PR-Termin nach Putins Geschmack: Der Kreml-Chef kurz vor seinem Mitflug in einer Tu-160M in Kasan.
Putins Werksbesuch in Kasan
Das lag vor allem daran, dass Putin nicht nur die "Blackjack"-Endmontage inspizierte und sich von den Verantwortlichen vor Ort über die Fortschritte des Neubau- und Modernisierungsprogramms der Tu-160M unterrichten ließ. Im Anschluss daran ließ sich der Präsident mit einer schwarzen Aurus-Limousine auch direkt auf die Flightline des Werksflugplatzes fahren. Dort wurde er von der Crew der Tu-160M "Ilja Muromez" (Rote 6) in Empfang genommen, die vor dem startbereiten Flugzeug schon auf ihn wartete. Nach kurzer Begrüßung kletterte Putin durch die Einstiegsluke der Tu-160M auf der Unterseite des Vorderrumpfs ins Cockpit des Nuklearbombers – und nahm standesgemäß auf dem Sitz des Kommandanten vorne links Platz.
Der Präsident und die Tu-160
Was dann geschah, dürfte ganz den Geschmack des Staatschefs getroffen haben: Die Besatzung der "Ilja Muromez" nahm Putin mit auf einen 40-minütigen Rundflug in der "Blackjack". Kreml-Reporter Pawel Zarubin, der den hohen Besuch in Kasan für die Nachwelt dokumentierte, überschlug beim Anblick der startenden Tu-160M mit dem Präsidenten an Bord beinahe die Stimme. Sicher wäre er gerne selber mit an Bord gewesen: Mit sehnsuchtsvoll-neidischem Blick verfolgte er den Abflug des weltgrößten Kampfflugzeugs.
Putin indessen ließ sich im Flug in die Eigenheiten des modernisierten Bombers einweisen – und griff unter der Aufsicht des rechts sitzenden Piloten auch selbst ans Steuerhorn. Nach der Landung zeigte er sich – wen wundert's – begeistert von der Maschine. Die Tu-160M sei "in vielerlei Hinsicht ein neues Flugzeug", kommentierte Putin. "Sie ist leichter zu steuern, das kann man mit dem bloßen Auge erkennen, und sie ist sehr zuverlässig."
Putins zweiter "Blackjack"-Flug
Putin muss es wissen, hat er doch tatsächlich den direkten Vergleich: 2005 flog er, im Rahmen einer Luftwaffenübung, schon einmal in einer "alten" Tu-160 mit. Auch die "Ilja Muromez" ist kein neu gebautes Flugzeug, sondern ein Exemplar aus der Bestandsflotte der russischen Luftwaffe, das in Kasan modernisiert wurde. Das Upgrade-Programm sieht den Einbau neuer, zeitgemäßer Avionik vor. Dazu zählen ein Glascockpit mit neuem Flugsteuerungssystem, ein neues Radar sowie eine neue Navigations- und Kommunikations-Suite. Auch die Selbstschutzsysteme wurden erneuert. Außerdem erhält die "Blackjack" neue Waffen sowie das verbesserte Triebwerk NK-32-02 von Kusnezow. Wie die einst speziell für die Tu-160 entwickelte Ursprungsversion des Nachbrenner-Turbofans leistet auch die neue Serie 2 bis zu 245 kN Schub. Allerdings soll sie dabei deutlich weniger Kerosin verbrauchen und die Tu-160 damit über 1.500 Kilometer weiter fliegen lassen als bisher. Erreicht wird dies durch optimierte Verdichter- und Turbinenschaufeln.

Präsident Putin bei der Visite des Tu-160-Hangars in Kasan. Im Hintergrund vier Tu-160M, davon (mutmaßlich) zwei neu gebaute.
Neue und runderneuerte Tu-160M
Russland will alle 16 im Dienst stehenden Tu-160 auf den neuen Standard bringen. Wie viele Maschinen bereits auf diese Weise runderneuert wurden, ist offiziell nicht bekannt. Auf den Fotos von Putins Werksbesuch waren im Auslieferungshangar vier Exemplare zu sehen – zwei davon, darunter auch die "Ilja Muromez", sind modernisierte Maschinen, erkennbar an den rot aufgemalten Taufnamen am Bug. Neu gebaut wurden bislang mutmaßlich drei Tu-160M. Eine davon, benannt nach der Kosmonautin Valentina Tereschkowa, zählt bereits zum Bestand der Luftwaffe, absolviert dort allerdings noch ein Flugtestprogramm. Russlands Regierung hat vorerst zehn neue Tu-160M (früher als Tu-160M2 bezeichnet) bestellt. Der Gesamtbedarf soll aber bei bis zu 50 neuen "Blackjacks" liegen.