Die Ostsee ist ein militärisch viel beflogenes Gebiet. Im internationalen Luftraum über dem Atlantik-Binnenmeer patrouillieren täglich Jets der NATO – und auch Flugzeuge aus Russland. Da bleibt es nicht aus, dass die Maschinen aus Ost und West sich unterwegs begegnen – oder dass eine Seite Abfangjäger schickt, um nachzusehen, wer genau da von der anderen Feldpostnummer vor der eigenen Haustür fliegt. Das ist gängige Praxis, das war schon immer so – es hat außer den direkt Beteiligten nur kaum jemanden interessiert. In Anbetracht der gegenwärtigen Konfliktlage zwischen Ost und West ist das heute etwas anders. Trotzdem gilt: Für solche Zusammentreffen in der Luft gibt es klare Regeln. Nicht nur für die Ostsee, sondern weltweit. Und in den meisten Fällen – nicht immer – werden sie beiderseits auch eingehalten.

Stratofortress im Baltikum
Ein Ostsee-Rendezvous am vergangenen Montag verdient dennoch etwas Aufmerksamkeit. Wobei eine Seite abstreitet, dass es überhaupt stattgefunden hat. Doch der Reihe nach: Am Morgen des 20. März starteten zwei Boeing B-52H der US Air Force vom spanischen Fliegerhorst Morón und nahmen Kurs in Richtung Nordost-Europa. Die Langstreckenbomber sind als Teil einer drei Maschinen umfassenden "Bomber Task Force" seit einigen Wochen in Morón stationiert. Bevor sie, direkt aus ihrer Heimat North Dakota kommend, am 24. Februar dort landeten, nahmen sie mit einem tiefen Überflug an den Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstag Estlands in der estnischen Hauptstadt Tallinn teil. Auch in dieser Woche flogen sie wieder in Estlands Luftraum – und trainierten über der Ostsee unter anderem mit Kampfjets aus Polen.
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Russland schickt Su-35S
Die B-52 ist das größte Kampfflugzeug im Arsenal der USA. Der Übungsflug der Bomber erweckte folgerichtig auch die Aufmerksamkeit der russischen Luftwaffe. Die russische Nachrichtenagentur Tass schreibt, Russland habe eine Suchoi Su-35S als Abfangjäger losgeschickt, da die US-Flugzeuge nahe der russischen Grenze unterwegs waren. "Am 20. März 2023 entdeckten Radargeräte der diensthabenden Luftverteidigungskräfte des westlichen Militärbezirks zwei Luftziele über der Ostsee, die auf die Staatsgrenze der Russischen Föderation zuflogen. Die Ziele wurden als zwei strategische Bomber B-52H der US-Luftwaffe identifiziert", zitiert die Agentur das russische Verteidigungsministerium. Die Abfangmission der Su-35S sei "unter strikter Einhaltung des internationalen Luftrechts" erfolgt. "Nachdem sich die ausländischen Militärflugzeuge wieder von der Staatsgrenze der Russischen Föderation entfernt hatten, kehrte das russische Flugzeug zu seiner Heimatbasis zurück", so das Ministerium weiter.
US Air Force dementiert
Der russische Telegram-Kanal "fighter-bomber" veröffentlichte noch am Montagabend Fotos und ein kurzes Video, die vom Piloten der Su-35 stammen und eine der B-52H zeigen sollen. Russischen Angaben zufolge wurden die Bilder nahe Kaliningrad aufgenommen. Deutlich ist darauf das Kürzel "MT" am Heck der Stratofortress auszumachen – das wiederum für die Minot Air Force Base steht, auf der die derzeit in Europa weilenden B-52 ihre Homebase haben. Die US-Luftwaffe dementiert indessen, dass es am besagten Tag zu einer Begegnung ihrer Bomber mit einem russischen Kampfjet kam. In einer Stellungnahme führt die Air Force aus, die beiden Bomber hätten sich auf einer planmäßigen Langstreckenmission befunden und stets einen Abstand von mindestens 50 Seemeilen (etwa 93 Kilometer) zur russischen Staatsgrenze eingehalten. "Zu keinem Zeitpunkt" seien die B-52 dabei in Kontakt mit russischen Flugzeugen gekommen.